Die Helden sind müde

(Les Héros Sont Fatigués, F/BRD 1955, 115 Min., Regie : Yves Ciampi, Drehbuch : Yves Ciampi, Jean-Charles Tacchella, Jaques-Laurent Bost, nach der gleichnamigen Erzählung von Christine Garnier)

Ein ehemaliger französischer Jagdflieger, inzwischen als Pilot einer Rostlaube für Schmuggler in Afrika tätig, erleidet eine Bruchlandung im Busch. Dabei kann er gerade nur noch sein Leben und eine kleine Tasche voller Rohdiamanten retten. Im nächsten Dorf, zu dem er sich durchschlägt, versucht er, einen der Diamanten zu verkaufen. Dabei gerät er gleich in ein Netz von widersprüchlichen Interessen der schwarz-weiß gemischten und feierfreudigen Dorfgemeinschaft, die das typische Bild des Übergangs von der traditionellen zur westlichen Lebensweise zeigt. Der Wirt der einzigen Absteige, in der er untergebracht ist, entpuppt sich als Schwarzenhasser. Seine südamerikanische und attraktive, aber total frustrierte Frau beginnt gleich eine Affäre mit dem Neuankömmling. Ein reicher Geschäftsmann zeigt sich am Kauf von Diamanten interessiert, will den einzelnen Stein, den der Fremde ihm zeigt, prüfen lassen und sich dann entscheiden.

Doch irgendwer hat dem Mann einen Tipp gegeben, der im Auftrag des Schmuggelunternehmens nach den verschwundenen Diamanten fahndet und überraschend auftaucht. Zufällig ebenfalls ein ehemaliger Jagdflieger, aber ein deutscher, wie sich bald herausstellt. Und schon stehen sich die früheren Luftkriegsgegner in einem unerbittlichen Kampf gegenüber, bei dem mal der eine, mal der andere die besseren Chancen hat, den Gegner zu erledigen. Bis sie endlich erkennen, dass sie beide zu elenden Hunden verkommen sind. Was sie zusammenschweißt. Schon erscheint ihnen eine neue Zukunft möglich, wenn sie sich zusammentun, die Diamanten nicht zurückgeben und statt dessen mit eigenem Fluggerät ein eigenes Unternehmen aufziehen. Doch da stoppt sie einer, der sich bisher als völlig apathisch gezeigt hatte, der aber ebenfalls in den Diamanten den Ausweg aus seiner Chancenlosigkeit sieht.

Der Titel des Films ist so irreführend, wie er schön klingt. Denn die beiden ehemaligen Kriegshelden erweisen sich als durchaus nicht müde. Sie sind aktiv und unternehmungslustig und risikofreudig, dabei beeindruckend wendig in ihren Reaktionen und schnell entschlossen. Müde macht sie nicht einmal der unmäßig genossene Whisky, der sie offenbar als besonders harte Männer charakterisieren soll. Die beiden Jagdflieger führen dem Zuschauer einen faszinierenden Luftkampf zu Fuß vor, wie sie sich ständig umkreisen, um in die richtige Schussposition zu kommen und dabei doch dem anderen nicht den Blattschuss zu ermöglichen. Das ist beste Kino-Unterhaltung, wenn auch mit einigen etwas plumpen Anleihen bei dem Erfolgsfilm „Casablanca“. Die Bemerkung des ebenfalls aus der Bahn geratenen Klavierspielers, die beiden ehemaligen Helden beendeten jetzt den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, das sei aber auch an der Zeit, hebt das Geschehen wenigstens im Scherz auf eine höhere Ebene.

Die eigentliche Aussage der Erzählung und damit auch des Films bleibt unausgesprochen, weil sie zu platt und zu belehrend wäre. Sie muß auch nicht expressis verbis gebracht werden, ist sie doch längst in den Kanon der anerkannten Volksweisheiten aufgenommen: Unrecht Gut gedeihet nicht. Ein  Spruch, der obwohl in der Praxis viel zu oft widerlegt, hier nicht einmal in Frage gestellt wird. Was nur bestätigt: Das Kino ist zwar oft das schönere, nicht aber das wahre Leben.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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