932. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

 

Bei aller Begeisterung für die geistige Leistung der Alten Griechen, ich muss den Griechen von heute auch mal einen Fehler ankreiden dürfen. Den machen sie beispielsweise mit der Bezeichnung álogo für Pferd, auf Deutsch: Das Wortlose. Wenn das Pferd auch nicht mit uns flüstern kann, ist den Griechen doch entgangen, dass es durch verschieden geartetes Brummen seine Zustimmung oder sogar Zuneigung ausdrückt. Und die gesamte umfangreiche Körpersprache des Pferdes, vor allem mit Augen, Ohren, Nüstern, Maul und Schwanz, wurde übersehen. Ist das Pferd doch schon fast eine Plaudertasche.

 

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung  (IAB) in Nürnberg konnte bisher zwar nicht dafür sorgen, dass Ausbildung und Bedarf in Zukunftsberufen zusammenpassen, aber es brachte jetzt immerhin eine putzige Meldung: Die Deutschen haben im Jahr 2023 so wenig gearbeitet wie nie seit dem Corona-Jahr 2020. Der höchste Krankenstand, die wenigsten Überstunden und die meiste Teilzeit. Allerdings kann ein Blick auf ganze drei Jahre wahrhaftig nichts Generelles verraten und keine Tendenz zeigen, zumal wenn man nur die unselbständig Beschäftigten im Auge hat und alle Selbständigen, Freiberufler, Hausfrauen sowie Schwarzarbeiter außen vor lässt. Aber die angestellten Nürnberger Forscher zeigen mir, dass man selbst für unbrauchbare Fleißarbeiten mehr bekommt als bloß ein Fleißkärtchen, nämlich sein garantiertes Gehalt.

 

Weil viele Zeitgenossen den Duden so ernst nehmen wie die Bibel oder die Straßenverkehrsordnung, sei hier einmal daran erinnert, dass es eine Alternative zum Duden gibt: „Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache“ (DWDS), herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Aber auch der Duden hat für stärker an der Sprache Interessierte etwas Besonderes, nämlich das „Duden-Bedeutungswörterbuch“. Darin wird u. a. der Versuch unternommen, den allgemeinen Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache zu dokumentieren. Ein 140.000-Einträge-Abenteuer. 

 

Auch auf diesen Reichtum darf man stolz sein: Wegen der im Deutschen möglichen zahllosen Kombinationen von Wortbestandteilen kann kein Mensch sagen, wie viele Wörter unser Wortschatz insgesamt umfasst. Jedenfalls gehört dadurch die deutsche Sprache neben Arabisch und Englisch zu den Sprachen mit den größten Wortschätzen. Wenn wir auch als Muttersprachler je nach Vorbildung nur 12.000 bis 16.000 Wörter aktiv einsetzen, so haben wir doch rund 50.000 Wörter, die wir zumindest verstehen, als passiven Wortschatz im Hintergrund. Das ist Sprachpotenz. Was ist dagegen all das armselige Denglisch-Gehaspel unserer Wissenschaftler, Manager und Politiker.

 

Korrekt gegendert? „Wenn ein/eine Patientenanwalt/Patientenanwältin oder eine zahnärztliche Patientenschlichtungsstelle vom/von der Geschädigten oder Schädiger/Schädigerin oder von einem/einer ihrer bevollmächtigten Vertreter/Vertreterinnen schriftlich um Vermittlung ersucht wird, so ist der Fortlauf der Verjährungsfrist von dem Tag an, an welchem dieses Ersuchen beim/bei der Patientenanwalt/Patientenanwältin oder bei der zahnärztlichen Patientenschlichtungsstelle einlangt, gehemmt.“ Das ist ein wortwörtliches Zitat aus § 41 des österreichischen Zahnärztegesetzes (ZÄG). Nach den Maßstäben der Genderverrückten sogar noch unvollständig, denn bei den Begriffen Patientenanwalt und Patientenschlichtungsstelle fehlen jeweils die Patientinnen. So was Uncharmantes!

 

Eine besondere literarische Spezialität ist der Staatkanzlei-Roman. Weil er seine Leser Seite für Seite klüger werden lässt, und zwar durch den so erstaunten wie belustigten Blick hinter die Kulissen der schönfärberischen Politik. Den Staatskanzlei-Roman des geteilten Berlins habe ich in den 80er Jahren schreiben können, als mich der Berliner Regierungschef Richard von Weizsäcker als seinen Werbe- und Public-Relations-Direktor in die Regierungszentrale geholt hatte. Ich habe einfach alles wahrheitsgemäß geschildert. So wurde das eine zum Lachen oder zum Wüten (Geschmackssache) rücksichtslose Demaskierung der Politiker. Nach dem Fall der Mauer ein Stück deutscher Geschichte von bleibender Bedeutung. Als gedrucktes Buch schon lange vergriffen, aber zum Glück als eBook zum Minipreis zu beziehen:
https://www.netzine.de/book/so-schoen-war-die-insel/?grid_referrer=4078

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