Idee

(für Ersteinsteiger)

Walter Laufenberg, April 2012, Foto: Bernhard von Baden

Ein Magazin – ein Autor – eine Intention: Die kritisch-nachdenkliche Durchleuchtung unserer Gegenwart. Die „Denke“ als eine Alternative zum Bildchengeflimmer und Informationsstroh des Internet.

Die Besonderheit des Internet, dass Tag für Tag viele Tausende neu in diese Welt einsteigen, verlangt von einem Online-Magazin eine neuartige Struktur. Für eine Zeitschrift ungewöhnlich: Das „Laufenberg NETzine“ enthält permanente Teile für Ersteinsteiger, daneben für Gelegenheitsbesucher Texte, die häufig ausgetauscht oder in unregelmäßigen Abständen ergänzt werden, und für die in mehr als 100 Ländern der Erde permanent wachsende Zahl der ständigen Leser zweiwöchentlich Wechselndes. Für jede Art Nutzer das ihm entsprechende Angebot.

Hier gibt es das offene Wort. Und dazu: Spaß bei der Lektüre, Vergnügen an der Formulierung – und kein Horoskop. Statt dessen Anregungen zum Weiterdenken.

Zugegeben, selbst zu denken ist nicht in. Theodor Adorno hat einmal den erschreckenden Satz formuliert: „Manche Menschen müssen sich schämen, wenn sie ‚Ich‘ sagen.“ Das ist – vordergründig gesehen – nichts als die Überheblichkeit des Berufsdenkers. Aber warum nicht dem Philosophen ein Schnippchen schlagen und das Verdikt zum Rezept umfunktionieren: Man nehme Vorgefundenes aller Art, verrühre und passiere es und backe daraus bei selbständigem Durchdenken auf kleiner Flamme sein Ich.

Das „Laufenberg NETzine“ steht als Ein-Mann-Magazin in der Tradition der aufsässig-freimütigen DEUTSCHEN CHRONIK, die der vielgeliebte und vielgehasste Aalener Dichter, Journalist und Musiker Christian Friedrich Daniel Schubart im Jahre 1774 gegründet hatte. Ein früher Repräsentant aufklärerischen Denkens und eine tragische Gestalt deutscher Kulturgeschichte. Seine Heimatstadt Aalen am Fuße der Schwäbischen Alb hat ihm ein Denkmal gesetzt, doch das an ihm begangene schwere Verbrechen ist immer noch ungesühnt: Schubart.

Wir Heutigen leben in einer zu niegekanntem Wohlstand gekommenen Gesellschaft, in dem Land mit den weltweit meisten Zeitschriften – und doch kulturell in dünner Luft. Statt geistiger Klimmzüge gibt es immer mehr Lärm und seichte Unterhaltung, gibt es Ablenkung jeder Art. Die Aufklärung gilt als überwunden. Was einmal Reizwort und Programm war, ist längst nur noch eine Reminiszenz.

Damit die Aufklärung aber nicht ganz den Nostalgikern überlassen bleibt, startet jetzt, genau 222 Jahre nach Schubarts Deutscher Chronik,  dieses Internet-Magazin, „Das Laufenberg NETzine“. Sozusagen Restlichtaufhellung. Ein Antippen der Tendenzen des Tages. Aus dem Bewusstsein heraus, dass im Salzwasser endet, wer nicht gegen den Strom schwimmt. Hier geht es nicht um Weltbewegendes, vielmehr ums Nachdenklichwerden. Hier geht es ums Deutlichmachen, und das in satirischer Manier. Wobei die Grenze zwischen Realsatire und anderer Satire absichtsvoll verwischt wird. Als ein frivoler Denkanstoß.

Literarische Satire und Realsatire, sie stehen in Konkurrenz. Und sie ergänzen sich. Und das nicht erst seit heute. Schon immer ist es eine erschreckende Einseitigkeit, dass nur gefragt wird: Was darf Satire? Doch nie wird gefragt: Was darf Realsatire? Dem Bürger blieb und bleibt bei vielem, was die da oben und was die nebenan tun, nur der Seufzer: Das darf doch nicht wahr sein. Das aber heißt, dass man resigniert – und das darf nun wirklich nicht wahr sein!

Walter Laufenberg