728. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Der französische Versicherungskonzern Axa teilt mit, er werde sich aus der traditionellen Finanzierung der Tabakindustrie zurückziehen. Es geht um Beteiligungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Ein riskanter Weg. Ist doch für einen Versicherer der Gewinn leichter kalkulierbar, wenn er direkt in den Krankmacher Nikotin investiert, als wenn er in den Umweg über die Reduzierung von Nikotingenuss als eine lebensverlängernde Maßnahme investiert, weil die vielleicht im Endeffekt sehr viel mehr Geld kostet.

 

Von künstlicher Intelligenz können wir noch lernen. Microsoft hatte seinem sprechenden Programm namens Tay zu einem weniger künstlichen Sprechen verhelfen wollen. Dazu sollte es dem Volk aufs Maul schauen, wie Martin Luther das genannt hatte. Also öffnete man die Tür zu Twitter. Doch musste man schon nach sechzehn Stunden diese Tür energisch zuschmeißen, weil zuviel sexistisches und rassistisches Geschwafel ins Programm gekommen war. Erkenntnis: Beim Sprechen geht es nicht nur um das Wie, sondern vor allem um das Was.

 

Ein Unsinn, von Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft zu reden. Unsere Nachbarn in Österreich haben bei der Wahl ihres neuen Bundespräsidenten mit einem Nahezu-fifty-fifty-Votum gezeigt, um was es den Menschen im modernen Europa wirklich geht: Um den globalen Schutz der Umwelt bei gleichzeitigem Erhalt des erreichten Lebensstandards in Ordnung und Sicherheit. Der Wunsch ist: Beides zusammen. Das Übel ist: Was die Politiker bieten, ist nur immer was Halbes.

 

Die Allianz für Fortschritt und Aufbruch darf sich nicht mehr mit dem Kürzel ALFA schmücken, wie jetzt ein Verein vor Gericht durchgesetzt hat. Mich hatte schon beim ersten Blick auf ein Plakat dieser neuen Partei gestört, dass sie den zweiten Schritt vor dem ersten tun will. Muss man doch erst aufbrechen, ehe man fortschreiten kann. Was an Karl Kraus erinnert, der gesagt hat, dass nur richtiges Denken zu richtigem Handeln führen kann. Mein Vorschlag: Die Reihenfolge umkehren, dann sieht das Kürzel so aus: ALAF. Finde ich als Rheinländer fast noch schöner.

 

Das Auswärtige Amt meldet ein steigendes Interesse im Ausland an der deutschen Sprache. Weltweit sei die Zahl der Deutschlernenden seit 2010 um eine halbe Million auf 15,4 Millionen gestiegen. Vor allem in Polen, in China, Indien und Brasilien. Wenn ich in Facebook lese, frage ich mich, wann man endlich bei uns anfängt, Deutsch zu lernen.

 

Beim Eurovision-Liedwettbewerb hat Deutschland ein Püppchen ein Lied auf Englisch trällern lassen und – verdient – den letzten Platz belegt. Dass Englisch keine Garantie für Erfolg ist, haben schon viele Firmen erfahren. Das hätte man also wissen müssen. Vielleicht sollten wir beim nächsten Mal einen Sänger als Puppe in der Puppe singen lassen oder gleich als Peking-Ente, aber natürlich auf Deutsch: „Kein schöner Land in dieser Zeit …“ Der lebt doch noch, oder?

 

Jetzt soll Libyen westliche Hilfe zukommen, natürlich unter Beachtung des Unterschieds von Waffenruhe und Waffenhandel: Von dem einen Begriff kann man nicht oft genug reden, von dem anderen nicht hartnäckig genug schweigen.

 

Konkurrenten im Clinch. Die Ladenkette DM rabattiert nur mit voller Kontrolle über die Käufer per Payback, der Konkurrent Rossmann dagegen mit neutralen 10%-Gutscheinen. Als Konsument weiß ich: Ein Gutschein scheint nicht nur gut zu sein, er ist sogar besser. Da wundert mich nicht, dass man an der Kasse des DM-Ladens ohne Zögern die Gutscheine des Rossmann-Ladens akzeptiert – damit dem Konkurrenten schon wieder einen Kunden wegnimmt und gleichzeitig auch noch die Kosten für die Produktion und Verteilung von eigenen Gutscheinen spart.

 

Lese beim Frühstückskaffee, den ich mir mit meiner Alaska-Kaffeemaschine zu 9,95 Euro bereitet habe, dass das hessische Landeskriminalamt zur Aufklärung einer Mordserie eine AG Alaska gegründet hat. Da kann ich nur hoffen, dass die so zuverlässig arbeitet, wie meine Kaffeemaschine, die alle paar Monate wieder wie auf Anfang gesetzt wirkt, wenn ich ihr zwei Durchgänge mit Essig verpasst habe. Zur Verwunderung meiner Frau, die in den letzten Jahren schon zweimal eine Nachfolgerin gekauft hat. Beide Maschinen sind noch originalverpackt. Könnte ich glatt der Alaska-AG spenden.

Hin und wieder gönne ich mir das Vergnügen, in einem meiner Bücher zu lesen. Gestern war der Roman „Die Frauen des Malers“ dran, die Lebensgeschichte des Malergenies Pieter Bruegel der Ältere, die ich vor zehn Jahren geschrieben habe. Vor allem die Seiten über das Zustandekommen seiner berühmtesten Bilder wollte ich noch einmal lesen. Mein Trick dabei: Ich habe mir gleichzeitig nebenan auf dem Tisch bei Google unter „Bilder“ die beschriebenen Gemälde auf den Monitor geholt. So konnte ich ein privates Gesamtkunstwerk genießen.

 

 

 

 

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