633. Ausgabe

Mit dem größeren Messer rangehen? Während man bei uns nur über die Beschneidung diskutiert, das heißt über die Kürzung der Vorhaut, spricht man in Korea schon von den messbaren Vorteilen der Kastration. Wissenschaftler haben dort die Überreste von 81 Eunuchen aus der Zeit der Chosun-Dynastie untersucht und festgestellt, dass die kastrierten Männer vierzehn bis neunzehn Jahre länger gelebt haben als ihre kompletten Zeitgenossen. Also: Lass dich kürzen, das verlängert das Leben! – Allerdings ein lustloses.

Mehr Frauen auf die Chefetagen! Gleichstellungsbeauftragte an die Front! Quotenregelung her! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Alles schön und gut, aber man sollte sich einmal klarmachen, woher die bei uns immer noch festzustellende Schlechterstellung der Frau kommt. Nicht erst vom Apostel Paulus und von den Päpsten. Die in allen drei Buchreligionen anzutreffende Überbewertung des Mannes hat ihre Wurzeln schon im Judentum. Nach der Menstruation musste die jüdische Frau zur rituellen Waschung in fließendes Wasser steigen, weil sie als unrein galt. Ebenso nach der Geburt eines Kindes. War das ein Knabe, galt die Mutter vierzig Tage lang als unrein, nach der Geburt eines Mädchens aber doppelt so lange. Das Problem ist also: Wie kommen wir endlich von den religiösen Vorurteilen los?

Jetzt wurde in einem Bericht der Bundesregierung festgestellt, dass in Deutschland 10 % der Bevölkerung mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens besitzen, während die untere Hälfte der Haushalte nur über ein Prozent des Nettovermögens verfügt. Daneben steht der Staat, der immer ärmer wird. Dem Auseinanderklaffen der Schere kann man aber auch Gutes abgewinnen: Weil nur die Schuldner durch Inflation gewinnen, die Superreichen aber keine Schulden haben, ist der wachsende Reichtum der Vermögenden das einzig wirksame Mittel gegen eine Inflation. Denn der Staat hätte gern mehr Inflation, genau wie der sogenannte Kleine Mann. Nur der Reiche ist absolut dagegen.

Die Autoindustrie klagt über unsere Unlust, ein neues Auto zu kaufen. Ja, wenn die Konzernbosse mit den vergoldeten Ä. uns endlich Autos bieten würden, die im Stau abheben können und die man in der Stadt nach dem Aussteigen zusammenfalten kann … Doch stattdessen Überproduktion an Fahrzeugen, die nur Probleme schaffen und mit keiner noch so kleinen Idee zu ihrer Überwindung beitragen.

Erschreckend: Die großformatige Werbung für Designerklamotten und für den zugehörigen Klimbim von der Handtasche bis zu den Schuhen zeigt auf teurem Kunstdruckpapier immer Gesichter von jungen Frauen und Männern, die so auffallend belanglos sind, so dumm, wie die Texte dazu. Womit es für alle, die was im Kopf haben, eigentlich schon unmöglich gemacht wird, sich mit diesem Label-Kram zu zeigen.

Reif für die Insel? Ja, also in meine Brockhaus-Enzyklopädie von 1989 geschaut. Das kluge Buch definiert den Sehnsuchtsbegriff Insel als ein rings von Wasser umgebenes Landstück, das nicht ein Kontinent ist. Aber was so eindeutig klingt, erweist sich dann doch als irreführend: Grönland wird als größte Insel der Welt aufgeführt, Madagaskar als viertgrößte. An siebter Stelle folgt Honshu, die Hauptinsel Japans. Und an neunter Stelle steht Großbritannien. Nein, liebe Brockhäusler, mein Inselparadies habe ich mir anders vorgestellt.

In Brüssel wird gebaut, gebaut, gebaut. Richtig so. Da sind ja allein 700 Lobbyisten der Banken tätig, und die lässt man nicht draußen auf der Parkbank sitzen.

Die Stadt Zweibrücken hatte ihre beste Zeit unter dem Herzog Christian IV. von Zweibrücken (1735-1775). Der Mann hatte nicht nur was für schöne Gebäude übrig, er wusste auch, wie man ihren Bau finanziert. Weil sich nur für die Hälfte der von ihm geplanten Prachtbauten der neuen Residenz-Vorstadt Bauherren finden ließen, hat er eine ungewöhnliche Lotterie zur Finanzierung der restlichen Häuser veranstaltet. Per Dekret und mit der Verpflichtung für all seine Beamten, für die Zünfte und für die Gemeinden, die teuren Lose zu kaufen. Aber es gab kein Geld zu gewinnen. Von den Einnahmen der Lotterie wurden die geplanten Häuser gebaut, die dann als Hauptgewinne ausgelost wurden. Nachahmenswert?

Ein alternatives Leben. Ich brauche die tägliche Zeitungslektüre, um zu erfahren, wofür sich die meisten Mitmenschen begeistert. Für welchen Sport, welche Musik, welche Bücher, welche Filme, welche Klamotten, welche Veranstaltungen, welche Reisen … Dann weiß ich, was ich zu tun habe.

Wieder einmal haben Meinungsforscher sich wichtig gemacht mit den Fragen, welchen Dialekt man am liebsten hat und welchen man nicht leiden kann. Ein Nonsens und eine Unverschämtheit. Dachte ich doch, ich hätte dazu alles Wichtige gesagt unter dem Stichwort „Dialekt“ in „Laufenbergs Läster-Lexikon“ (im Netzine zu finden).

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