Doctor Dolittle

(Doctor Dolittle, GB 1967, 151 Min., Regie: Richard Fleischer, Drehbuch: Lesslie Bricusse nach dem Buch von Hugh Lofting: Doktor Dolittle und seine Tiere)

Ein freundlich-fleißiger Humanmediziner in Südengland um die Mitte des 19. Jahrhunderts, der mit seinen Patienten nicht zurechtkommt, dafür aber ein so intensives Verhältnis zu Tieren aller Art entwickelt, daß er sogar ihre Sprachen lernt. So mausert er sich zum erfolgreichen Tierarzt. Schon bald wird er als Genie bewundert, aber von einem Gericht als Geistesgestörter in eine Heilanstalt eingewiesen. Mit Hilfe der Tiere wird er befreit, so daß er sich auf die weltweite Suche nach der rosafarbenen Riesenschnecke machen kann, wobei er allerlei Kurioses erlebt und überlebt.

Ein amüsanter Film, der geschickt auf die Vorurteile vieler Menschen spekuliert, die mit ihren Mitmenschen nicht klarkommen und deshalb passionierte Tierfreunde werden. Die damit zusammenhängenden, weitergehenden  Vorurteile der Vegetarier werden allerdings nur mit Einschränkungen bedient. Insgesamt ein Appell zu mehr Achtung für Tiere und mehr Rücksicht auf sie. Ein schönes Märchen, mit einem Sinn, den man gutheißen kann, mit einer Unmenge von Tieren in possierlichen Situationen, dazu noch der immer gern gesehene Zusammenstoß mit der Welt der Ordnung und der Triumph über diese als Happy-End.

So weit so gut. Doch schmeckt das Ganze so aufdringlich nach einem zweiten Aufguß auf einen ausgelutschten Teebeutel. Und der heißt „My Fair Lady“. Nicht nur der Hauptdarsteller ist derselbe, es geht auch wieder ums Sprechenlernen, diesmal nicht in der Hochsprache, sondern in einigen hundert Tiersprachen. Genau wie das Vorbild eine Literaturverfilmung. Der Film basiert auf einem 1920 erschienenen Erfolgsbuch von Hugh Lofting (1886-1947). Und sogar die Lieder der vier Vokalisten klingen durchweg fairladylike, doch wie in der falschen Tonart oder Geschwindigkeit abgenudelt. Erfolge lassen sich halt nicht einfach kopieren. Die Art der Lieder in „My Fair Lady“ war nicht nur frech, sie war auch neu und deshalb begeisternd.

Dagegen ist das, was in dem Remake „Doctor Dolittle“ an Gesang geboten wird, nur schwer zu ertragen. Ein „Doctor Dolittle“ ohne Gedudel wäre ein Genuß. Denn da gibt es leider keinen einzigen Glücksgriff mit einer gefälligen, einprägsamen Melodie. Alles bleibt ein bloßer Sprechgesang mit zwar gutgemeintem, aber espritlosem Inhalt, dafür mit um so mehr Wiederholungen. Fazit: Ganz ohne den nervenden Singsang wäre das ein wunderschöner Ausstattungsfilm anderer Art. Mal nicht Antike oder Rokoko oder Mantel und Degen, sondern Tiere, Tiere, Tiere. So aber ist es die Kinoversion eines drittklassigen Musicals beziehungsweise einer viertklassigen Operette.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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