768. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Ein Hoch auf die Fremdenfreundlichkeit, aber die Natur kann für das menschliche Zusammenleben ein verdammt schlechtes Vorbild sein. Beispielsweise gibt es für die im perfekten Sozialverband lebenden Ameisen keinen schlimmeren Feind als eine andere Ameisenart. Und die so putzig wirkenden roten Eichhörnchen haben keine Chance, neben den eingewanderten und robusteren grauen Eichhörnchen zu überleben.

 

Wenn du der Deutschen Post schreibst, dass du für zwei Wochen darauf verzichtest, jeden Tag die Post gebracht zu bekommen, sie stattdessen nach den zwei Wochen alle Sendungen auf einmal ausliefern kann, bedankt sich die Deutsche Post für die Arbeitsersparnis mit einem Schreiben, in dem sie dir mitteilt, dass sie deinem Konto den Betrag von 9,90 Euro – nein, nicht gutschreibt, sondern als Belastung hinzufügt.

 

Jetzt haben auch Adidas, Bayer und Volkswagen Englisch zur Firmensprache erklärt. Ein deutscher Konzern nach dem anderen gibt dem angeblichen Druck der Globalisierung nach, ohne einen Gedanken daran, dass man damit generell auf Heimspiele verzichtet und den angelsächsischen Muttersprachlern immer unterlegen sein wird. Im eigenen Haus erreichen unsere Unternehmen damit, dass demnächst die Leute das Sagen haben, die mit den besseren Englischkenntnissen brillieren können, nicht aber die mit den besseren Produktideen oder Strategien. Diesen Irrweg sind unsere Wissenschaftler schon gegangen, als sie die formenreiche Wissenschaftssprache Deutsch gegen das abgeschliffenere Englisch eingetauscht haben. Mit dem Ergebnis, dass in den wissenschaftlichen Medien nicht mehr die bessere Sachkenntnis triumphiert, sondern die bessere Sprachkenntnis der Englisch-Muttersprachler. Nicht auszudenken, was uns blüht, wenn auf dem Gebiet der belletristischen Literatur in Zukunft nicht mehr zählt, was gesagt wird, sondern wie es in gutem Englisch gesagt wird, damit es den Weltmarkt erobern kann.

 

Die bundesdeutsche Finanzverwaltung ist ein TuneUp der Wirtschaft. Indem sie bei allen Selbständigen und Freiberuflern besonders rigoros Steuern absahnt, die Großunternehmen aber nahezu steuerfrei davonkommen lässt, setzt sie die passenden Anreize zum Großwerden.

 

Als ich acht Jahre alt war, hielt ich die Acht für die wichtigste Zahl. Was mir durch die acht Scheiben in den Sprossenfenstern und durch die acht Stufen der Treppe bestätigt wurde. Und meine Mutter sagte immer: „Gib acht!“ Jetzt aber weiß ich: Die Zwei ist Trumpf. Das bestätigen mir Begriffe wie Doppeldecker, Katamaran, Tandem, Zwillinge, Twintowers, Zweisitzer, Zweisamkeit, Paarlauf, Ehe, Zweirad, Zwitter, Bisexualität, Paarhufer, Doppelflinte, Bihänder, Zwielicht, Gespaltensein, Duell, Duett, Paarung, Doppelzüngigkeit, Zweitjob, Doppelkinn, Doppelverdiener, Doppelsinn, Doublette, Double, Zwieback, Nebenmann, Nebenfrau, Zwietracht, Bikini, Dialog und Busen. Gibt es da noch Zwei-fel?

 

Sprachen haben ihre Lücken. Beispielsweise gibt es im Italienischen kein Wort für die Kniekehle, im Spanischen kein Wort für zu spät und im Arabischen kein Wort für bitte. Im Deutschen fehlt das Pendant zu dem Wörtchen satt, das für genügend gegessen steht. Es gibt kein Wort für genügend getrunken. Nur beim Alkoholkonsum ist man voll oder blau oder dicke duhn und so weiter. Das Fehlen des Wortes kann man auf zweierlei Weise deuten. Negativ: Die Deutschen kennen beim Trinken kein Ende. Positiv: Die Deutschen haben verstanden, dass das Trinken wichtiger ist zum Überleben als das Essen, weshalb man niemals damit aufhören sollte.

 

Sprachen haben auch Stolpersteine. So die Jahresangaben im Deutschen. Nicht nur diese Irritation mit dem 18. Jahrhundert, bei dem man sich schnell klarmachen muss, dass es um irgendwas mit siebzehnhundert geht. Verwirrend auch, etwa das Jahr 1984 zu schreiben, weil man sich die falsche Reihenfolge der Ziffern vorspricht: Erst 9, dann 10, danach 100, dann 4 und schließlich 80. Wenn man das so schreiben würde, wie man es spricht, hätte man das Zahlenmonstrum: 910100480.

 

Kommunikation ist ein menschliches Urbedürfnis, das wir heute kaum noch genießen können, weil wir unter der ständigen Dusche von Presse, Funk, Fernsehen, Internet und Werbung immer wie im Regen stehen. Da hat der Tratsch so wenig eine Chance wie das Plaudern, das Geschichtenerzählen und der gute Rat. Und die da so mutig auf die Trittbretter der diversen Foren springen, sind leider meistens nicht ernst zu nehmen, weil sie bei diesem ungelenken Sprung wie Analphabeten wirken. Sie hätten sich besser ihr Herumstottern gespart und nur nonverbal kommuniziert, am besten mit Bildern, Filmen, Smileys und Emojis. Das stört weniger.

 

Genug von dem politischen Jamaika-Gerede? Das geht mir genauso. Ich habe die Insel Jamaika aber auch besucht und beschrieben, nämlich in: „Karibik ohne Kannibalen – Ein tropisches Inselparadies gestern und heute auf Kreuzfahrt erlebt“, Verlag@edition-karo.de, Berlin 2017, 15 Euro, auch als E-Book erhältlich. Macht Euch ein paar schöne Stunden!

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