706. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Mehr wissen heißt mehr Verständnis aufbringen können. Leider fehlt es bei unseren Europapolitikern an Wissen. So müssen sie über die tieferen Gründe für das griechische Desaster in den Leserbriefspalten aufgeklärt werden, wo man liest:  Erstens leben die Griechen in der Tradition einer Sklavenhaltergesellschaft, in der es für einen Mann verpönt war, selbst zu arbeiten. Man fand und findet es richtig, nur Geschäfte zu machen, aber andere für sich arbeiten zu lassen. Zweitens kennt die orthodoxe Version des Christentums, der die Griechen überwiegend angehören, nicht die Verpflichtung auf die Caritas, die in den anderen westlichen Ländern zu sozialem Verhalten bis hin zur Sozialbindung des Eigentums geführt hat. Ohne diese soziale Grundhaltung muss man es als rechtens empfinden, dass der Eigennutz der Reichen vor dem Gemeinwohl rangiert. Drittens haben schon die alten Römer ihre Erfahrung damit gemacht, dass die Griechen ihre Zahlungsverpflichtungen so trickreich verschleppen, dass sie letztlich nie zahlen. Das führte zu dem geflügelten Wort: Solvere ad calendas graecas. Was hieß: Zahlung erfolgt am griechischen Zahltag, also niemals.

 

Professor Muttermilch. Jetzt richtet die Universität Zürich (UZH) den weltweit ersten Lehrstuhl für die Erforschung der Wirkungen der Muttermilch ein. Höchste Zeit. Denn die Wissenschaft weiß noch kaum Genaueres über die vielen positiven Wirkungen der Muttermilch sowohl für die Mütter selbst wie auch für die Kinder. Und längst gibt es neben den Säuglingen weitere Konsumenten. Manche Spitzensportler und Bodybuilder nutzen die Angebote von oft dubiosen Muttermilchbörsen im Internet zum Körperaufbau und um sich gegen mancherlei Krankheiten zu immunisieren. In dem Zusammenhang möchte ich auf meinen Berlin-Krimi „Muttermilchräuber“ hinweisen, der als spottbilliges eBook im Netz steht.

 

Je mehr Menschen Bücher schreiben und veröffentlichen, umso mehr werden Literaturpreise mit ihrem Anspruch, das Beste auszuzeichnen, zweifelhaft. Ist doch inzwischen kein Mensch mehr in der Lage, sich wirklich einen Überblick über die Gegenwartsliteratur zu verschaffen. So werden für Autoren Seilschaften und Journalisten immer wichtiger – und die Äußerungen der Leser.

 

In der großen Papiertonne hinter dem Mehrfamilienhaus, in dem ich in Mannheim wohne, finde ich vier absolut ungebrauchte Bücher, nämlich von dem Engländer Julian Barnes, dem Franzosen Patrick Modiano, dem Israeli Amos Oz und dem Russen Anton Čechov. Damit wird mir klar, dass ich den Wohnsitz wechseln muss. Wo die Latte so hoch liegt, dass schon Weltliteratur nur Altpapier ist, bin ich wohl fehl am Platze.

 

Die Stadt Mannheim liegt sehr schön am Rhein und hat ihr Strandbad am Rheinufer jetzt für rund 600.000 Euro saniert und modernisiert. Der Besucher des Strandbads fühlt sich allerdings auf den Arm genommen, wenn er das Schild anstaunt: Baden verboten. Es verrät ihm ja niemand, dass das nur der simple Versuch eines Haftungsausschlusses der Stadt ist.

 

Sehe einen Lieferwagen, auf dem steht: Wein- und Getränkefachmarkt. Ein anderer LKW trägt die Aufschrift: Stahl und Metallwaren. Sowas entlockt mir genauso einen Seufzer wie die Zeitungsrubrik: Kunst und Kultur. Einfach einen untergeordneten Begriff neben einen übergeordneten Begriff zu setzen, die beiden mit dem Wörtchen und verbunden, das ist einer der beliebtesten sprachlichen Fehler der Deutschen. Für das einst bewunderte Volk der Dichter und Denker ein Unding. Ich finde es an der Zeit, dass die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung dagegen vorgeht.

 

Wir sollten mit der Zeit gehen und endlich die Bezeichnung der Ehe, die sich offensichtlich fundamental verändert hat, den modernen Verhältnissen anpassen. Dafür bieten sich die drei Artikel der-die-das an, über die unsere Sprache verfügt. Mein Vorschlag, der alle Erläuterungen zur jeweiligen Eheform überflüssig macht, weil für jeden sofort verständlich: Zwei Männer ehelich verbunden – der Ehe. Zwei Frauen ehelich verbunden – die Ehe. Ein Mann und eine Frau ehelich verbunden – das Ehe, weil nur diese dritte Konstellation zum Produkt führt: das Kind.

 

Nach dem Regen kamen sie auf den asphaltierten Radweg, die Schnecken, auf ihre Weise eifrig bemüht, von der Wiese auf der einen Seite zu der Wiese auf der anderen Seite zu kommen. Ich wollte sie fragen: Wozu das? Habe mich aber mit einem Kopfschütteln begnügt und versucht, um sie herum zu fahren. Doch die eine Schnecke, die meinen Weg nicht kreuzte, sondern offensichtlich dasselbe Ziel hatte wie ich, die ließ mich an der Ratio der Natur zweifeln, ja, fast verzweifeln.

 

Das Finanzamt Mannheim-Stadt hat mir zusammen mit einer dicken Forderung schriftlich gegeben, dass beim NETZINE, das ja kostenlos aufgerufen werden kann, kein konkreter Zusammenhang mit meiner schriftstellerischen Tätigkeit erkennbar sei. Da kann ich meine NETZINE-Leser nur bitten: Zeigen Sie dem Finanzamt mit Ihren Buchbestellungen, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt.

 

 

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