691. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Ein 90-jähriger Menschenfreund, der Obdachlosen Essen gebracht hat, ist ins Gefängnis geworfen worden. Wegen Störung der öffentlichen Ordnung. So passiert im Folterstaat USA. Da hilft wohl nur noch Beten.

In Europa war der Staat Preußen 1740 der Vorläufer in der Abschaffung der Folter. Die Alliierten haben den Staat Preußen 1947 für aufgelöst erklärt. Dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, wurde erst viel später erkennbar (vgl. Abu Ghuraib, Bush, Guantanamo).

Pegida! – Nein, das ist kein Aufruf zum Demonstrieren. Weil man dabei Gefahr läuft, mit Rechtsextremen in dieselbe Ecke gestellt zu werden. Doch zeigt Pegida, dass unsere Politiker den mündigen Bürger nicht ernst nehmen. Der neueste Beleg: Sie setzen dreist die Ablehnung der Islamisierung mit Fremdenfeindlichkeit gleich. Das ist falsch und infam. Ist doch klar: Jede Fremdenfeindlichkeit ist vorgestrig und erschreckend dumm und schon deshalb abzulehnen. Etwas Anderes aber ist es, wenn ideologiemüde Bürger, die den Nazismus und den Kommunismus überlebt haben und es gut finden, dass wir uns allmählich auch von der jahrhundertelangen Kirchenhörigkeit emanzipiert haben, jetzt beunruhigt sind, weil die nächste Glaubensgewissheit bei uns unübersehbar an Bedeutung gewinnt, in der Politik, in den Medien und sogar schon in der Rechtsprechung.

Ein erschreckendes Erlebnis des Bundesgesundheitsministers. Als er sich kürzlich einmal testhalber ins Wartezimmer eines Arztes gesetzt hatte, sah er, wie die Wartenden eifrig in den Illustrierten wühlten und bei jedem Umblättern den Finger an der Lippe anfeuchteten. Deshalb arbeitet er jetzt an einer Gesetzesvorlage, die es generell verbietet, Zeitschriften in den Wartezimmern von Ärzten auszulegen. Ärzte-Organisationen rüsten sich allerdings schon dafür, dieses Zeitschriftenverbot zu verhindern, weil sie es für geschäftsschädigend halten.

Eine Sensationsmeldung. Die Europäische Zentralbank, Aufseherin über die 120 größten Banken in den achtzehn Euro-Ländern Europas mit Sitz in Frankfurt am Main, wollte als generelle Kontaktsprache das Englische benutzen, obwohl England nicht zur Eurozone gehört. Was ja keine Sensationsmeldung mehr ist. Viele Banken haben dieses Ansinnen aber abgelehnt und bleiben bei ihrer Landesssprache. Sogar etliche deutsche Banken, ebenfalls mit Sitz in Frankfurt am Main, haben sich dafür entschieden, auf Deutsch von Haus zu Haus zu korrespondieren. Das erst ist sie, die Sensationsmeldung – leider.

Wie viele Gotteshäuser aller Art habe ich schon besichtigt. Das Schönste an ihnen waren meistens die Fenster. So bunt und oft so voller Geschichten, die sie erzählten. Tolle Fenster. Dumm nur, dass man sie nicht öffnen kann, um rauszuschauen und einmal einen frischen Wind durchs Gemäuer wehen zu lassen.

Martina Navratilova, die beispiellos erfolgreiche Tennisspielerin, hat ihre Freundin Julia Lemigova geheiratet, lese ich in der Zeitung. Okay, das ist inzwischen nichts Besonderes mehr. Doch vermisse ich ein klares Wort über den Unsinn, dass wir immer noch bei der Unterscheidung zwischen Frau und Mann bleiben, egal ob es um Sportwettbewerbe geht oder um Eheschließung oder Vorstandsposten. Weiß man doch längst, dass jeder Mensch nur mehr oder weniger Frau oder Mann ist. Es fehlt eine klare Trennungslinie. Selbst die Frauen mit den schönsten Busen und die Männer mit den prächtigsten Bärten gehören immer ein wenig auch zu dem anderen Geschlecht.

Eine neue Art von Traueranzeige als Untertitel im Wirtschaftsteil der FAZ gefunden: „Der Wirtschaft geht es zu gut, um 1800 Insolvenzverwalter zu ernähren. Viele kleine Verwalter straucheln.“ Nun ja, mögen sie ruhen in Frieden!

Falls Dir Weihnachtslektüre fehlt, weil das bestellte Buch durch den Streik bei Amazon nicht rechtzeitig verschickt wurde, es gibt zum Glück ja eBooks. Das ist der deutlich billigere Instant-Genuss, der durch Streiks nicht verhindert sondern gefördert wird, und die Streikenden merken nicht, dass sie sich den Ast unterm Hintern absägen. Von mir gibt es im Moment bei Amazon diese drei eBooks: Meinen amerikakritischen Bericht aus dem Irak „Denk ich an Bagdad in der Nacht“, das Stimmungsbild des altberliner Zille-Milieus „Muttermilchräuber“ und den Valletta-Thriller „Sarkophag“.

Und nun heißt es: Fröhliche Feiertage oder besinnliche Feiertage oder gesegnete Weihnachten und einen guten Start ins Neue Jahr! – Ich wünsche jedem das Seine. Schade nur, dass wir wissen: Die ganze schöne Wünscherei bewirkt nichts, – außer dass man sich als lieber Mitmensch in Erinnerung bringt.

 

 

 

 

 

 

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