685. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Das Inzestverbot abmildern oder nicht? Dabei geht es mal wieder darum, einen neuen Nebenkriegsschauplatz aufzumachen, nachdem der Mindestlohnkrampf und das Kopftuch uns nicht mehr aufregen, die Fußballweltmeisterschaft überstanden ist und das Mautgemauschel nicht richtig in Fahrt kommt. Im Vordergrund immer neue Diskussionen entfachen, damit das Volk die wirklich wichtigen Entwicklungen nicht bemerkt, beispielsweise wie ihm klammheimlich die sämtlichen Fußlahmen Europas auf die Schultern gehievt werden, wie wir unserer Ersparnisse beraubt werden, wie die großen Religionsgesellschaften, obwohl längst durchschaut, sich immer mehr Gewicht verschaffen, wie Afrika ausblutet und Tag für Tag mehr Menschen zu Flüchtlingen werden.

Pilotenstreik und Lokführerstreik. Dabei werden eindeutig weit mehr Schäden bei den am pünktlichen Reisen gehinderten Kunden angerichtet als bei dem Arbeitgeber, der mit dem Streik zu irgendwelchen Zugeständnissen gezwungen werden soll. Wenn der Gesetzgeber, also Parlament und Regierung, es sträflicherweise schon versäumt hat, alle Piloten und Lokführer zu Beamten zu machen, die dann nicht streiken dürfen, sollte der Gesetzgeber jetzt wenigstens das Streikrecht so eingrenzen, dass es die Arbeitgeber der Streikenden trifft, nicht aber Dritte, die keine Möglichkeit haben, den Streikenden entgegenzukommen. Schade, dass wir den Herrschaften in Berlin nicht die Dienstwagen und Regierungsflüge nehmen können, damit sie selbst einmal erleben, wie elend wehrlos man sich als Geisel fühlt.

Schluss mit dem Bargeldverkehr? Wer das propagiert, ist erschreckend dumm oder gefährlich gerissen. Ist doch klar, dass die Karten nur dazu dienen, mehr Informationen über uns zu sammeln und uns gleichzeitig zu Mehrausgaben zu verführen. Als ich während des Bankenkrachs auf Island war, zahlte man dort voller Stolz nur mit Karte. Ein halbes Dutzend davon in der Brieftasche. Aber allgemeines Stöhnen, weil alle Ersparnisse verloren waren. Als ich meinen Freunden riet, die Karten zuhause zu lassen und nur noch bar zu zahlen, um aus der Klemme zu kommen, wurde ich als vorgestrig belächelt. Allerdings nur, bis Rundfunksprecher diesen Ratschlag übernommen hatten und ihre Hörer zur Kartenabstinenz aufforderten.

Das erste große Fernbusunternehmen gibt dem Konkurrenzdruck nach und stellt Mitte Oktober den Betrieb ein. Dabei trägt das Unternehmen doch den modisch schicken Namen City2City. Dieser Rückzug ist, finde ich, ein gutes Zeichen: Der Anglizismenwahn macht sich in Deutschland nicht bezahlt.

Habe gehört, dass die deutschen Krankenkassen den Frauen die Kosten einer Brustverkleinerung erstatten, nicht aber die Kosten einer Brustvergrößerung. Bei diesen Lustbremsern bleibe ich nicht länger ein Mitglied.

Das Werbefernsehen kann ganz schön aufregend sein. Habe gestern einen Koch gesehen, der sich in der Küche mit seinem Sodbrennen abquält. Verrückt so was. Hatte ich doch schon vorige Woche gesehen, wie sein freundlicher Kollege ihm gesagt und gezeigt hat, was er dagegen einnehmen soll. Und jetzt sehe ich ihn doch tatsächlich schon wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht. Da verstehe ich die Welt nicht mehr.

Wenn ich im Vorspann zu einem Film die stolze Aufzählung von Fördereinrichtungen sehe, die den folgenden Streifen mit öffentlichen Geldern finanziert haben, kann ich mich beruhigt zurücklehnen, weil ich weiß: Das wird ein gemütlicher Abend mit einem absolut belanglosen, bloß unterhaltsamen Film. Dass darin mal eine osteuropäische Landschaft gezeigt wird oder ein Behinderter oder ein traurig dreinblickender Hund, das stört dabei überhaupt nicht und wird durch ein wenig Homosexualitätsbebilderung voll ausgeglichen.

Der Bundesgerichtshof hat die in Deutschland tätigen Kreditinstitute dazu verurteilt, die Bearbeitungsgebühren für Kredite, die sie rechtswidrig eingenommen haben, an die Kreditnehmer zurück zu zahlen. Das sind insgesamt dreizehn Milliarden Euro. Doch viele Institute verweigern sogar noch vier Monate nach dem Urteil den Gehorsam. Da frage ich mich: Was für einen Bundesgerichtshof haben wir? Auch die Banken in Frage zu stellen, erübrigt sich ja.

Was heute der IS für den Islam bedeutet, das bedeutete vor neunhundert Jahren und noch lange danach der Kreuzzug für das Christentum: Der sich so todesverachtend wie rücksichtslos zeigende gewaltsame Ausbruch der Gewissheit, das Richtige zu glauben. Das macht mein Buch über die Entstehung und Entwicklung der Kreuzzugsidee, das ich vor einigen Jahren unter dem Titel „Favoritin zweier Herren“ herausgebracht habe, auf einmal höchst aktuell – und lässt nachdenklich werden.

 

 

 

 

 

 

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