Immer wieder diese Zeitungsberichte, dass man in den USA nach zehn oder fünfzehn Jahren die Unschuld eines in der Todeszelle sitzenden Häftlings festgestellt hat, und zwar durch eine DNA-Analyse. Inzwischen sind dort schon mehr als 300 Häftlinge durch diesen modernen Unschuldsbeweis freigekommen. In wie vielen Fällen Unschuldige die Todesstrafe erlitten hatten, wissen die Zeitungen nicht zu sagen.
Markenpiraterie, so schimpfen die Hersteller von überteuerten Luxusartikeln, wenn in Fernost, vor allem in China, ihre Waren kopiert und mit nur leicht entstelltem Markennamen spottbillig angeboten werden. Da drängt sich einem die Frage auf, ob ein Markenschutz überhaupt berechtigt ist bei Produkten wie Hemden, Höschen und Handtaschen, die sich so leicht kopieren lassen und mit denen die Kundschaft auch noch zufrieden ist. Das ist natürlich was anderes bei technischen Luxusgeräten. Einen kopierten Mercedes hat mir in Fernost noch niemand angeboten.
Um beim Thema zu bleiben: In Deutschland zahlt man Politikern, die über Land ziehen, um für sich und ihre Partei Werbung zu machen, für einen Vortrag viele Tausender – es dürfen auch mal 25 Tausender sein – , während man ernsthaften Schriftstellern, die Kunst schaffen und sich damit um die Deutung des Lebens und der Zeit bemühen, immer noch 300 bis 500 Euro für eine Lesung mit Gespräch zahlt. Wird Zeit, dass man uns aus Fernost billigere Kopien unserer Politiker schickt.
Wetter ist mal Sonnenschein, mal Regen, mal Hagel, Nebel, Schnee, Eis oder Sturmböen. Züge fallen aus bei Schnee und Eis, Flugzeuge sind nichts bei Schnee und Eis sowie Sturmböen, Autos sind nur bei Sonnenschein angenehm, zumindest, solange man nicht geblendet wird, Binnenschiffe stört nicht einmal die Sonne. Ganz klar, welches Verkehrsmittel man hätte fördern sollen statt die Autoindustrie so zu pampern, dass der Wohlstand des ganzen Landes von ihr abhängig wird. Deutschland ist voller Wasserstraßen, nur ist das noch keinem Politiker aufgefallen, dabei war der Wasserweg jahrhundertelang eine Selbstverständlichkeit.
Immer noch fahnde ich nach dem Dummkopf, der als erster das Schlüsselloch unter der Türklinke angebracht hat, wo man es in gebückter Haltung suchen muss. Ich möchte wissen, wie er es erreicht hat, dass dieser falschen Entscheidung weltweit gehorcht wird, als sei das ein Naturgesetz. Könnte das oberhalb des Griffes angebrachte Schloss doch in der Mitte der Türhöhe sitzen und damit die Tür viel effektiver gegen Einbruch schützen.
In Heidelberg hatte vor Jahren ein Witzbold in Riesenlettern an eine Mauer geschrieben: „Was sagen Sie als Nichtbetroffener zum Thema Intelligenz?“ – Ich habe es mir bis heute versagt, dazu etwas zu sagen. Rücksichtsvoll wie ich bin, lasse ich den vielen Mitmenschen den Vortritt, die direkt angesprochen sind.
Da kann der Volksmund noch so oft sagen, und der Schlager kann es noch so laut besingen: Keine Rose ohne Dornen. Meine Brockhaus-Enzyklopädie besteht darauf: Keine Rose hat Dornen, denn Rosen haben bloß Stacheln, nämlich diese spitzigen Auswüchse der Oberhaut, die sich – anders als Dornen – leicht wegbrechen lassen. Trotzdem greife ich zur Vorsicht lieber nach Vergießmeinnischt, da kann man nichts falsch machen.
Für Thailand-Touristen ist die Richtung klar: Es geht nach Norden. Die Straße, meist schnurgerade angelegt, sieht aus, als hätte Napoleon sie gebaut, zeigt jedoch jeweils am Anfang und Ende der Geraden statt des Kirchturms ein Riesengerüst, das ein gigantisches Werbebild trägt. Dieser Ersatz wirkt durchaus noch napoleonisch, aber dass auf der Straße Linksverkehr herrscht, wie in England, das hätte Napoleon ganz sicher nicht zugelassen.
Für den, der auf der Straße von Bangkok in Richtung Norden fährt, bietet sich nicht viel Abwechslung. Dabei führt diese Straße nach China. Und je näher man der Grenzregion kommt, umso deutlicher wird: Der große Nachbar strahlt nach Süden aus. Die Häuser neben der Straße tragen immer öfter Parabolantennen. Kassiber in Schüsselgestalt. Und die Straße ahnt noch nicht, dass sie allmählich durch den Verkehr auf höherer Ebene überflüssig gemacht wird.
Die Gesellschaft Thailands driftet nur in ihrem äußeren Erscheinungsbild deutlich auseinander: Die ältere Generation, meist schrecklich verarbeitet aussehend, hat von zweihundertfünfzig Jahren Aufklärung im fernen Europa nichts mitbekommen und lebt deshalb immer noch mit den Königsbildern und den Geisterhäuschen und den Tempeln, Tempeln, Tempeln. Die junge Generation tut es ihr brav nach, ist dabei aber schick aufgemacht, hat nicht nur Jeans und Coca-Cola, sondern auch Strähnchenfrisuren und iPad oder Tablet und fährt auf dem Moped an den zweihundertfünfzig Jahren Aufklärung vorbei in ein amerikanisches Morgen hinein, den Kopf gut geschützt in einem Integralhelm.