892. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Wenn ich gewusst hätte, dass die Gehälter der Intendanten unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zum Teil bis zu doppelt so hoch sind wie die von Ministern und von Richtern am Bundesverfassungsgericht, ja, dann hätte ich mir natürlich die Brutalität und den Klamauk, die simplen Belehrungen und ständigen Wiederholungen auf dem Bildschirm angeschaut – auf Wunsch sogar mit Begeisterung.

 

Früher haben wir die Raubtiere ganz selbstverständlich als unsere Feinde angesehen und getötet. Erst als wir verstanden hatten, dass wir Menschen die schlimmsten Raubtiere sind, fanden wir den Begriff Raubtier für alle, die andere Tiere jagen und fressen, unpassend und fingen an, nach schöneren Begriffen zu suchen. So wurden aus den Raubvögeln die Greifvögel, aus anderen Raubtieren wurden Beutegreifer, und aus uns Menschen wurden  ̶  Vegetarier.

 

Dafür kann ich nicht dankbar sein: Die Politik lässt einige meiner Bücher wieder brandaktuell werden. Als ich auf Einladung von Saddam Hussein in den letzten beiden Wochen vor dem Einmarsch der Amerikaner das gefährliche Schaukelspiel der Religionen im Irak kennengelernt habe, entstand „Denk ich an Bagdad in der Nacht.“ Als ich das erste Mal die Karibik erlebte, hieß mein Kreuzfahrtschiff nach dem ukrainischen Nationaldichter „Taras Schewtschenko“ (1814-1861) und fuhr unter sowjetischer Führung und mit sowjetischem Personal, was ich beschrieben habe in „Karibik ohne Kannibalen“. Und als ich auf der Krim so fürsorglich bei einer Familie von Ukrainern aufgenommen war, in der man nur russisch sprach, entstand mein Buch über die Schwierigkeiten dieses Ferienparadieses: „Krim Intim“. Alle übrigens immer noch im Handel.

 

Schon immer mussten wir Schriftsteller uns dafür einsetzen, unsere Sprache durch Mund-zu-Mund-Beatmung zu retten. Früher vor dem Sprachmord durch offizielle Verlautbarungen, in denen es hieß: „In Anbetracht der Tatsache, dass“ oder „weil alles seine Richtigkeit haben muss“ und „mit vorzüglicher Hochachtung der Endunterzeichnete“. Nachdem wir dieses Behördendeutsch glücklich hinter uns gelassen haben, erleidet unsere Sprache jetzt eine neue Verquasselung durch eine radikalisierte Minorität, die an die Macht drängt mit der Behauptung, gegen Geschlechter-Ungerechtigkeit zu kämpfen.

 

Denis Diderot soll gesagt haben: „Mir ist es ein Rätsel, warum die Welt es nicht satt bekommt zu lesen, ohne dabei etwas zu lernen.“ Als ob Diderot schon geahnt hätte, dass diese Flut von immer ähnlichen Krimis und Liebesromänchen auf uns zukommt.

 

Schmachtfetzen sind top. Das Bedürfnis, eine Geschichte erzählt zu bekommen, haben nicht nur die gerade ins Bett gebrachten Kinder. Schon vor Jahrtausenden saßen an den Stadttoren Erzähler, die gegen einen kleinen Obolus den Mund aufmachten und Geschichten erzählten. Und heute können die meisten Menschen sich kein Leben ohne das ständige Geplapper von Funk und Fernsehen vorstellen. Aber woher dieses Bedürfnis „Erzähl mir was“ stammt, ist immer noch unbekannt. Eine neue Theorie erklärt es mit dem Wunsch, durch die Erzählung freigesetzte Emotionen zu spüren. Das hieße: Es kommt niemals auf die Wahrheit einer Geschichte an, nur auf ihre Gefühlsintensität. Ob das nun wahr ist oder nicht, jedenfalls ist es ganz schön erschreckend.

 

Die wirklich starken Krimis laufen im Geheimen ab. So die Demontage des heutzutage aus zivilen Personen bestehenden Malteserordens. Was Napoleon nur halbwegs geschafft hat, das hat nun der Jesuitenorden, verkörpert durch den Papst, einen Jesuiten, erreicht. Der Jesuitenorden hat sich damit am Malteserorden dafür gerächt, dass Malta ihn vor 250 Jahren verboten hatte. Papst Franziskus hat jetzt den Orden der Malteser total entmachtet, indem er ihn völlig seiner Aufsicht unterstellt hat. Das lässt schon wieder eines meiner Bücher brandaktuell werden: „Favoritin zweier Herren“. Darin sind die Entstehung des souveränen Militärordens der Johanniter und Malteser sowie 800 Jahre voller Kämpfe zur Verteidigung des Abendlandes gegen den Islam auf der Basis umfangreicher Recherchen dargestellt. Haarsträubende Tatsachen in einem großen historischen Roman um eine erstaunlich kluge Mätresse des Großmeisters neben lauter historischem Personal. Historie lesbar und unterhaltsam gemacht. 

https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/favoritin-zweier-herren/

 

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.