Troja

Troy, USA 2004, 150 Minuten, Regie: Wolfgang Petersen, Drehbuch: David Benioff sehr frei nach der Ilias des Homer)
Hollywoodschinken bleiben sich offenbar immer gleich, sogar wenn der Regisseur ein Deutscher ist. Man könnte ihnen die Banderole Semper Idem aufkleben. Mit dem Verfallsdatum 1. April 2004.

Es geht um den großen Krieg der Griechen gegen das auf kleinasiatischem Gebiet liegende Troja, ausgelöst durch Helena, die junge Frau des Spartanerkönigs Menelaos, die den Prinzen Paris, Sohn des Trojanerkönigs Priamos, bei Verhandlungen in Sparta kennenlernt und mit ihm nach Troja durchbrennt. Der gehörnte Ehemann schließt sich dem gewaltigen Heer Agamemnons an, des Herrschers über ganz Griechenland. Der war ohnehin scharf auf die Schätze Trojas und nimmt diese Entführung zum Anlaß, mit der größten Flotte und dem gewaltigsten Heer des Altertums gegen Troja zu ziehen. Doch halten die unüberwindbaren Mauern der Stadt zehn Jahre lang Stand. Erst die Idee des listenreichen Odysseus, einen Abzug vorzutäuschen und ein riesiges Holzpferd, vollgepackt mit Bewaffneten, als Geschenk an die Götter am Strand zurückzulassen, entscheidet den Krieg. Denn die Trojaner holen trotz Warnungen das stattliche Denkmal in ihre Stadt und sich damit den Tod. Soweit die von Homer erzählte Geschichte dieses Ereignisses aus der Zeit um 1200 v.u.Z.

Die Texte zur geschichtlichen Situation, die dem Film vorangestellt wurden, sind zu kurz und zu schnell weg, zumal sie schlecht zu lesen sind auf dem Hintergrund der Kartenskizze. Ohnehin setzt ein typischer Blockbusterfilm die Gewichte anders. Zwar wird die See vor Troja computeranimiert mit Galeeren so vollgepackt, dass beinahe kein Wasser mehr zu sehen ist, und auch die Mauern Trojas sind beeindruckend. Kein Wunder, wurde doch hauptsächlich auf Malta gedreht. Doch mit Troja assoziiert man gemeinhin Odysseus, der im Film aber nur nebenbei ins Bild kommt. Und dass seine Kriegslist erst nach zehnjähriger, entnervender  Belagerung den Ausschlag gab, wird unterschlagen. Die eindringliche Warnung der Kassandra fehlt. Dasselbe gilt von der Iphigenie und von den Amazonen. Doch der Film hat ja ohnedies Überlänge.

Statt dessen werden drei Frauen in den Vordergrund gerückt: Die nur nach amerikanischen Vorstellungen schöne Helena, ein belanglos aussehendes geiles Flittchen, daneben die Ehefrau des Trojanerprinzen Hector, ein braves und hilflos verzweifeltes Muttchen, und eine Schwester der beiden Prinzen, die sich dem jungfräulichen Dienst des Stadtgottes geweiht hatte und prompt dem brutalen Charme des Achilles verfällt und in seinem Bett landet. Insgesamt also ein Frauenbild nach der Faustformel: Mit den Weibern ist außer zum Bumsen und zur Aufzucht des Nachwuchses nichts anzufangen.

Achilles, verkörpert von dem blonden, langmähnigen Brad Pitt, ist eine glatte Fehlbesetzung, weil der Zuschauer ihn mit Jung-Siegfried verwechselt. Auch die anderen Angreifer wirken mehr wie große, zerzauste Germanen statt wie kleine, dunkelhaarige Griechen. Wenn dieser Achilles mit der Bodybuilderfigur und dem Stupsnäschengesicht dann noch Sätze schönster Küchenphilosophie von sich gibt, wird die Sache völlig lächerlich. Das ist Blockbuster-Machart: Die Figuren werden nicht mit dem Schnitzmesser modelliert, sondern mit der Axt. So vor allem die miesen Typen Agamemnon und Menelaos, typische Schurken à la Stalin.  Zum Glück werden wenigstens der Trojanerkönig Priamos und sein älterer Sohn Hector als positive Figuren deutlich. Im Unterschied zu dem jüngeren Trojanerprinzen, diesem feigen Milchzähnchen Paris.

Dass die Personen des Films immer wieder sagen, es gehe ihnen allein um das Überleben des Namens, ist unglaubhaft. Diese offene Ichverherrlichung ist dem Drehbuchautor aus einem anderen Kulturkreis ins Manuskript geraten, nämlich aus dem jüdischen. Dagegen ist anzunehmen, dass im griechisch-trojanischen Kulturraum das Ichinteresse schon damals genauso hinter vorgeschobenen Edelmotiven versteckt wurde, wie es noch heute bei uns üblich ist

Der Film ist wenig informativ, aber durch die Massenszenen und einzelne Zweikämpfe attraktiv, weil Brutalität und Blut in üppiger Dosierung geboten werden. Womit der Kassenerfolg garantiert war. Wer sich nicht als dummer Allesfresser verarschen lassen will, sollte sich die zweieinhalb Stunden Erdulden dieses Films lieber sparen.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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