Prinz Rupi: Das liebestolle Krokodil

 

(Prinz Rupi: Das liebestolle Krokodil. Eine Groteske. Belle Époque Verlag, Dettenhausen 2022, broschiert, 76 Seiten mit zahlreichen farbigen KI-Bildern, 14,- Euro, ISBN 978-3-96357-400-9)

Eine Pioniertat

Wenn so ein rundum versierter Verlagsmensch wie Ruprecht Frieling, also ein sogenannter alter Fuhrmann, ein Büchlein auf den Markt bringt, das als putzige Groteske daherkommt, dann ist das ein Ereignis, das Aufmerksamkeit verdient. Immerhin hat der Autor 1983 schon einmal den deutschen Buchmarkt total umgekrempelt, als er unter dem Namen Frieling und Partner einen Selbstkostenverlag gegründet hat. Hat er damit doch einigen tausend Menschen dazu verholfen, als gedrucktes Buch in perfekter Form das festzuhalten, was ihnen eminent wichtig erschien. Damit hat er viel Kurioses, sogar Banales zum Buch werden lassen, hat aber auch zahlreichen Autoren, die was zu sagen hatten, aus den Startlöchern geholfen. Dabei musste Frieling sich gegen die kompakten Animositäten der etablierten Verlage und Autoren durchsetzen. Sein feines Gespür für ein in der Gesellschaft bestehendes starkes Bedürfnis hat ihn damals zum erfolgreichen Verleger und zum Pionier eines neuen Verlagstyps werden lassen.

 

Das ist bekannt und für Ruprecht Frieling selbst längst Geschichte. Den Selbstkostenverlag hat er 2002 verkauft, um seine Gesundheit zu schützen und um die Hände frei zu bekommen für Neues. Dieses Neue ist die sogenannte Künstliche Intelligenz, kurz KI. Das Taschenbuch, das Frieling jetzt unter seinem Künstlernamen Prinz Rupi auf den Markt gebracht hat, tritt als der erste mittels KI geschriebene und auch illustrierte Erzähltext auf dem deutschsprachigen Buchmarkt auf.

 

Das ist wahrhaftig eine Wendemarke der Geschichte: Denn damit hat unsere menschliche Kreativität eine Konkurrenz bekommen, die durch die unheimliche Fähigkeit der von Algorithmen gesteuerten Computer, immer weiter zu lernen und ihre Fähigkeiten selbsttätig zu steigern, uns Menschen eines nicht mehr allzu weit entfernten Tages uneinholbar überlegen sein wird. Dadurch werden die eifrigen Schreiber von Liebesromanen und Krimis und ähnlichem Lesefutter schon bald arbeitslos werden. Der Wettbewerb zwischen U-Literatur und E-Literatur wird dann zwischen den neuen Kombattanten Computer und Sprachkünstler ausgefochten.

 

Die hier erzählte KI-Geschichte ist einfach wiederzugeben: In einer Berliner Tierarztpraxis sorgt ein Krokodil, das hereingezerrt wird, weil es aus Liebeskummer nicht mehr frisst, für ein heilloses Chaos, weil es zu irrsinnigen Zusammenstößen mit dem Klinikpersonal und den Besuchern mit deren kranken Tieren kommt. Ein künstlich erzeugter Text, der auf einer groben Handlungsvorlage und einigen Angaben zu Typen beruht, sich selbständig entwickelt hat und mit nur geringfügiger Glättung zu einer verständlichen Story wurde. Zum Schmunzeln und zum Sich-Wundern. Das macht Zweidrittel des Buches aus.

 

Doch das restliche Drittel ist der Clou. Es bietet als Nachwort die Aufklärung, die einem bisher gefehlt hat, und ist allein deshalb schon den Kaufpreis des Büchleins wert. In einer kurz gefassten und klaren Sprache schildert Frieling, wie er mit KI gearbeitet hat, auf der Textebene und auf der Bildebene. Er nennt Programme, die er dazu eingesetzt hat, deckt auf, von wie viel KI wir im Alltag bereits verwöhnt und auch bevormundet werden, und verrät, was er an Möglichkeiten der KI sieht. Frieling entlässt seine Leser mit dem Hinweis, dass noch niemand sagen kann, wohin diese neue Entwicklung der Kreativität führen wird. Deshalb stellt man dieses so lustig auftretende Buch nach der Lektüre doch mit einiger Nachdenklichkeit ins Regal, ein bisschen herausstehend – zur Wiedervorlage demnächst.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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