Ein Hauch von Nerz

(That Touch of Mink, USA 1962, 95 Minuten, Regie: Delbert Mann)

Die Frage ist: Olle Klamotte oder nicht?
Ein schwerreicher Unternehmer, Typ Moneymaker, mit Idealfigur und einnehmendem Aussehen, genannt Philip, wird durch Zufall mit einer hübschen jungen Frau ohne Mann und ohne Stellung konfrontiert, Typ Dummerchen, namens Cathy. Sie beeindruckt ihn, weil sie sich von verfänglichen Situationen weder in Panik bringen noch dazu verleiten läßt, sie einfach schamlos auszunutzen. Er lädt sie ein, mit ihm auf eine weltweite Geschäftsreise zu gehen, überhäuft sie mit Luxus, über den sie staunt, der ihr aber offensichtlich nichts bedeutet, und kommt doch nicht mit ihr zusammen. Ihr unabsichtlich widerspenstiges Verhalten macht den Mann, der zunächst nur seinen Spaß an ihrer Gutmütigkeit hatte, schließlich zu ihrem Liebhaber, der für sie die verrücktesten Abenteuer besteht.

Bei genauerem Hinsehen kann man einiges an Typisierung erkennen. Philip hat einen tüchtigen Helfer, der alles für ihn möglich macht. Der sich aber auch als Mephisto versucht und damit scheitert, weil er das „Gute“ schafft, wo er das „Böse“ beabsichtigt hat. Denn er bringt Cathy zu seinem Chef, damit sie ihm die Leviten liest, erreicht aber das Gegenteil: Sie staunt so über den Unternehmer, wie der über sie. Cathy wohnt mit einer Freundin zusammen, die ihr bei Tag und bei Nacht und per Telefon sogar auf Distanz die platte Lebensweisheit und gesicherte Erfahrung eines Sancho Pansa einbleut. Und sie hat ja immer so recht. Vor diesem Hintergrund wird Philip sowohl zum abenteuerlustigen Don Quichotte als auch zum lebenslustigen Faust, und Cathy wird sowohl zu seiner Dulcinea als auch zu seinem Gretchen.

Und der aufmerksame Betrachter wird nachdenklich. Wird hier einfach nur die Jagd nach dem großen Geld lächerlich gemacht, indem man die Überlegenheit der Naivität feiert? Und sollen uns sowohl die Heimtücke eines Mephisto als auch die Vorurteile eines Sancho Pansa ausgeredet werden? – Ganz wie man es sehen will. Jedenfalls wird der Begriff olle Klamotte bestätigt. Es sind alte, ja, uralte Verhaltensweisen des Menschen, die einem hier vor Augen geführt werden. Also Grundmuster der Weltliteratur im modernen Gewand. Das ist für Hollywood eine erstaunliche Leistung.

Ebenso erstaunlich sind übrigens die geschliffenen Dialoge, die zeigen: Da waren noch Könner am Werk. Nicht wundern darf man sich dagegen über die aseptische Einstellung zum Sex. Kein Mann überschreitet zusammen mit einer Frau die Schwelle eines Schlafzimmers. Das wird vom Regisseur so ängstlich beachtet, als sähe er dort den Drudenfuß. Das sind die frühen sechziger Jahre. Daß in dieser Zeit die Nebenhandlung mit der Verhöhnung des Psychotherapeuten gut ankam, ist verständlich. Das Unwesen der Psychobastler wurde in den USA gerade aktuell. Dagegen mußten die Hinweise auf Homosexualität sehr versteckt gebracht werden, weil das Thema noch tabuisiert war. Also ein Blick in die Zeit vor der Liberalisierung und vor dem darauf folgenden erneuten Schweigegebot der Political Correctness.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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