Was unterscheidet Männermodemagazine von Waffenmagazinen? Nichts, sie haben beide nur die eine Aufgabe: einschüchtern. Ob es nun die Schießprügel sind, die so erschreckend aussehen, oder ob es die Männer sind, für die der Herr sie angeblich wachsen ließ. Der Effekt ist derselbe. Nur mit zitternder Feder wage ich zu berichten, was ich gesehen habe: Männer, sage ich Ihnen, Männer, einer wie der andere. Sozusagen prototypische Männlichkeit in Großserie, geliefert auf dem besten Kunstdruckpapier der Männermodemagazine.
Diese wuchtigen Kinnladen, diese herrisch-wilden Nasen, entschlossen-geschlossenen Münder, die hintergründig tiefliegenden Augen. Und dann der heldenhafte Liebreiz der Nasolabialfalte im Streiflicht. Oder das Schattenfeld unter dem streng-arischen Backenknochen. Überhaupt, diese gewaltigen Wangen. Warum wirken die so wahnsinnig? – Klar, weil sie in ihrem perfekten Feinschliff die Dreieinigkeit von Mann, Frau und Kind manifestieren, im männlichen Faltenwurf, in weiblicher Unbehaartheit und in der makellosen Glätte eines Kleinkinderpopos. Jetzt weiß ich endlich, was after shave meint.
Doch mit so trivialen Dingen umgibt sich der Mann-o-Mann von heute nicht. Daß er der Typ der Zeit ist, zeigt er vor allem durch seinen Zeitmesser. Rolex-Submariner, garantiert wasserdicht bis 300 Meter. Okay, okay, noch tiefer kann ein Mann ja gar nicht sinken, der was auf sich hält. Oder darf’s vielleicht eine Piaget sein? Oder eine Wempe? Oder eine Bulgari oder, oder, oder? Und die Uhren, für die er kein Handgelenk mehr frei hat, packt er einfach in einen Koffer von Louis Vuitton. In seinem Initialenkoffer trägt der Dreieinigkeitsmann außer Armbanduhren auch noch die Duft- und Pflegelinie von Gainsboro mit sich herum. Oder Lagerfeld-Parfums. Aber keine Pampers, von wegen Kleinkinderpopoglätte der Wangen. Mit im Koffer hat der Mann die abonnierte Welt oder Welt am Sonntag. Und ein großer Zottelhund an der Leine versucht vergeblich, ihn von seinem Standpunkt fortzubewegen. Auf seinem Standpunkt steht der Mann. Natürlich in italienischen Schuhen. Wenn er nicht gerade aus einem deutschen Astralauto steigt oder mit seiner Segelyacht losturnt.
Die Herren auf den ganzseitigen Fotos haben klangvolle Namen. Sie heißen Redaeli oder Gucci oder einfach Boss, auch Windsor oder Bagutta oder Kenzo. So steh’s drunter und drüber. Manche auch haben Namen, die weniger nach Motorsport klingen, mehr nach Kollege in einer gemischt-nationalen Baukolonne: Ralph Lauren, Toni Gard, Gianfranco Ferre, Claude Montana, Brian Scott oder Franco Ziche … Das sind Männer, sage ich Ihnen, männer geh’s nicht mehr. Einer wie der andere eine Neuauflage von Rock Hudson. Einfach großartig. Nur daß jeder so böse dreinschaut, so trostlos verdrossen, das Mannsbild, so total fertig mit jedweder Lebensfreude. Als ob sie alle Aids hätten.
Nun, ich weiß, daß manche Berufe sehr stressig sind. Und auch sehr desillusionierend. Aber bei meinen Bemühungen, den Gesichtern dieser Problematiker ihre Profession abzugucken, bin ich jämmerlich gescheitert. Natürlich weiß ich, daß diese freudlosen Männer nicht zu einer gemischt-nationalen Baukolonne gehören, dafür sind sie viel zu ambitiös in ihrem Outfit. Soviel Markttransparenz im Blick habe ich schon. Aber was sind diese todunglücklichen Typen denn für Leute? Sind sie vielleicht Wissenschaftler, die schwer an der Verantwortung für ihre Genmanipulationen zu tragen haben? Nein, dafür wirken sie zu unterbelichtet. Ich hoffe, die internationalen Spitzenfo-tografen, die sie aufgenommen haben, nehmen auch das richtig auf. Vielleicht sind sie Manager, von Termin zu Termin gehetzt? Nein, auch das nicht, dafür sind sie einfach zu schön. Weiß doch jeder, daß Arbeit häßlich macht. Sind sie eventuell Offiziere in Zivil, Fregattenkapitäne und Oberstleutnants verkleidet? Davon will ich nichts hören, damit mir nicht das Vertrauen in unsere schimmernde Wehr zerstört wird durch die hoffnungslose Verlorenheit in den Gesichtern dieser Männer. Ich werde es wohl nicht ergründen, was für Männer das sind. Ich nehme sie halt so, wie sie sind, als Männer wie du und ich – nur anders. Aber als braver Bürger kann ich nur hoffen, daß so was Gefährliches wie diese Männer auf ewig und allezeit in den Magazinen bleibt – bei den Schießprügeln.