Die Fälscher

(Die Fälscher, Österreich/Deutschland 2007; 95 Minuten, Drehbuch und Regie: Stefan Ruzowitzky)

Ein Film über die „Operation Bernhard“, die größte Geldfälscheraktion aller Zeiten, der auf historischen Tatsachen basiert. So fängt er an: Ein abgerissen wirkender Mann beim Einchecken in einem für ihn zu vornehmen Hotel in Monte Carlo. Als er zu einer Anzahlung aufgefordert wird, nimmt er ganze Bündel von Dollarnoten aus seinem Köfferchen. Damit ist er akzeptiert. Der Mann lässt sich anschließend frisieren und neu einkleiden, deponiert seine vielen Geldbündel in einem Bankfach und lernt am Roulettetisch in Monte Carlo eine attraktive junge Frau kennen.

Dieses so selbstverständlich wirkende Aufwärts wird mit hartem Schnitt beendet durch die Rückblende ins Jahr 1936, als in Berlin der Jude Salomon Sorowitsch, genannt Sally, verhaftet wird, wobei er – mehr bewundernd als spöttisch – als der König der Geldfälscher bezeichnet wird. Unverkennbar, das ist unser Mann vom Filmanfang. Im Konzentrationslager Sachsenhausen wird er zum Kopf einer großen Geldfälschertruppe aus jüdischen Druckfachleuten, die der ehemalige Kripobeamte Herzog zusammenstellt, der ihn in Berlin verhaftet hatte und inzwischen zum SS-Oberst aufgestiegen ist. Die Gruppe soll technisch optimal ausgestattet mit der perfekten und massenhaften Herstellung von falschen britischen Pfundnoten dazu verhelfen, die britische Währung zu ruinieren. Anschließend sollen auch Dollarnoten hergestellt werden. Dafür werden die Männer im KZ als besonders wichtige Truppe separiert und auf mancherlei Weise privilegiert.

Der SS-Mann Herzog kommt immer mehr unter Druck. Er muss Ergebnisse liefern. Entsprechend setzt er die Fälscher unter Druck, die er mit dem Tod bedroht, wenn sie nicht innerhalb kürzester Frist perfekte Ergebnisse bringen. Ihr Anführer, Sally, ist dazu bereit, weil er darin die einzige Chance sieht zu überleben. Die Truppe ist mit ihm einig, bis auf den jungen und nicht ersetzbaren Spezialisten Adolf Burger, der sich ihnen als ein Kommunist zu erkennen gibt, der einen Aufstand planen will und es ablehnt, das Nazi-Regime durch perfekt gefälschtes Geld zu unterstützen. Mit permanenter heimlicher Sabotage verhindert Burger es, dass die Dollarnoten rechtzeitig fertig werden. Der Kopf der Fälschertruppe, Sally, erkennt das, kann es Burger nicht ausreden, schützt ihn aber vor Entdeckung durch den SS-Oberst und leistet schließlich selbst die letzte Perfektion, die Burger verhindert hatte.

Kriegsende. Plötzlich verschwindet die SS-Mannschaft, wobei es Sally gelingt, dem SS-Oberst Herzog, für den er vorher noch gefälschte Schweizer Pässe herstellen musste, den persönlichen Dollarvorrat und die Pistole abzunehmen. Aber er erschießt ihn nicht. Ganovenehre. Trotzdem ist Sally unser Mann und der Sympathieträger dieses Films, und der Saboteur Adolf Burger ist sein negativer Gegenspieler.

Dann endet der Film so: Der wieder zivilisierte und jetzt reiche Sally hat sein Bankfach leer gemacht und sitzt wieder im Spielcasino von Monte Carlo am Roulettetisch, wo er sein Geld wahllos setzt. Wo alle nur nach mehr Geld gieren, verschleudert unser Mann es zum maßlosen Erstaunen der anderen Spieler mit vollen Händen, als sei es ihm eine Last. Ganz und gar der Überlegene spendet er den letzten großen Chip großzügig dem Personal. Mit der Schönen, der sein Reichtum so imponiert hatte, macht er in der Nacht – von seinem Riesenverlust unbeeindruckt – ein Tänzchen am einsamen Strand.

Damit wird Sally, dem König der Geldfälscher, nachträglich ein Heiligenschein aufgesetzt, der das Bild verfälscht. Er war als Berufsverbrecher gezeigt worden, der keine weitergehenden Ideale kannte als die idealen Fälschungen. Der auch ganz selbstverständlich an seiner Ganovenehre festhielt, keinen Kumpan zu verraten. Das war so weit getrieben worden, dass er sogar den SS-Oberst als einen Ganoven erkannt und akzeptiert hatte und ihn frei laufen ließ, als er dessen Pistole in der Hand hatte. Deshalb ist der Ganove als weltabgewandter und überlegener Geldverächter, wie er in den Schlusseinstellungen des Films gezeigt wird, nicht glaubhaft.

Offensichtlich hatte der Filmemacher Ruzowitzky das Bedürfnis, der zu positiv agierenden Figur des Kommunisten Adolf Burger mit der am Ende veredelten Figur des jüdischen Fälschers Sally ein noch stärker positives Gegengewicht gegenüberzustellen. Wäre dem Film doch ohne die plötzliche Veredelung des Juden Sally der amerikanische Markt verschlossen geblieben, weil dann die Quintessenz des Films gewesen wäre: Der Kommunist war der einzig anständige, weil er im Kampf gegen die Nazis bereit war, sich und die übrige Fälschertruppe seiner Ideologie zu opfern und deshalb seine Sabotageakte trotz aller Drohungen weiter ausführte. Tatsächlich hat er mit seiner Verzögerungstaktik ja auch erreicht, dass die Nazis den Angriff auf die amerikanische Währung nicht mehr durchführen konnten. Und auch noch ein anderer Gesichtspunkt, im Film nicht weiter ausgeführt, spricht für den Kommunisten Burger: Jeder in der Truppe wusste, dass er sofort erschossen würde, nachdem die Aktion Massenfälschung erfolgreich durchgeführt sein würde, weil es keine Zeugen dafür geben dürfte. Insofern war das Nicht-Fertig-Werden eine Überlebenstechnik, die erfolgreich war.

Das ist der Moment, da man sich klarmachen muss, woher die historischen Tatsachen stammen, auf denen der Film basiert. Die sämtlichen Materialien, Maschinen, Zwischenergebnisse und Produkte dieser größten Fälschungsaktion der Geschichte, die unter dem Decknamen „Operation Bernhard“ veranstaltet wurde, ruhen nach wie vor in der unergründlichen Tiefe des Toplitzsees im Salzkammergut, in den sie im allerletzten Moment vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen wohlverpackt versenkt wurden. Bisher hat der besonders tiefe und durch ein Gewirr abgestorbener Bäume für Taucher fast unzugängliche See nur einige Bündel Geldnoten herausgegeben.

Und der einzige Überlebende der Fälschertruppe, den der Filmemacher noch sprechen konnte, war der Kommunist Adolf Burger. Der deshalb auch der einzige ist, der mit seinem echten Namen im Film genannt wird. Vor allem auf den Erinnerungen des Adolf Burger, von ihm selbst zu einem Buch über die Fälschungsaktion verarbeitet und im Jahre 2004 unter dem Titel „Des Teufels Werkstatt“ veröffentlicht, fußt der Film.

Erst nach schwierigem Anlauf und der überraschenden Auszeichnung in Los Angeles im Jahre 2008 mit einem Oscar wurde der Film ein Erfolgsfilm, der – Sally sei Dank! – bei weitem das meiste Geld in den USA einspielte.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

Dieser Beitrag wurde unter Filmbesprechungen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.