Archiv der Kategorie: V

Verdienst

Ein ernsthafter Schriftsteller hat fast immer mehr Verdienste als Verdienst, ein Bestsellerautor dagegen verdient meist nichts anderes als verkauft zu werden (vgl. Autor, Bestseller, Literatur).

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Verdrängungswettbewerb

Erst 52 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs ist der “Verein zur Wahrung der deutschen Sprache”, neuerdings in “Verein Deutsche Sprache e.V.” (www.vds-ev.de) umbenannt,  gegründet worden. Ein spätes, aber vielleicht noch nicht zu spätes Bremseziehen. Wird doch die deutsche Sprache längst derart mit Anglizismen gespickt, dass sie zu einem abscheulichen Sprachmischmasch verkommt. Einzelne Bereiche der Wissenschaft und manche Wirtschaftsbranchen haben das Deutsche bereits vollständig durch das Englische ersetzt. Hier zeigt sich ein weltweiter V. der großen Sprachen. Dabei ist das Deutsche durch die übertriebene Angst der deutschen Politiker und Publizisten vor dem Vorwurf des Chauvenismus ins Hintertreffen geraten. Und das trotz seines besonderen Gewichts als Kultursprache und seiner größeren Brauchbarkeit als Wissenschaftssprache, vor allem als die Sprache der Philosophie, und trotz seiner weiten Verbreitung als Muttersprache der größten und wirtschaftlich bedeutendsten Volksgruppe auf dem europäischen Kontinent. Dagegen erweist sich das Englische als später Sieger der großen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts, die zu zwei Weltkriegen geführt haben. Allerdings beruht dieser Sieg vor allem auf der weltüberflutenden Medienherrschaft der USA. Anlass genug zu der Warnung: Die Sprache eines Volkes ist das Kondensat seiner Kultur, weil sie sich aus der speziellen Geschichte und Lebenserfahrung der Nation gebildet hat. Deshalb tritt ein Volk, das auf seine Sprache verzichtet, als Kulturvolk ab (vgl. Amerikanisch, Deutsch, Deutscher Michel, Kultur, Kulturexport, Leitkultur, Siegersprache, Sprache).

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Vereinsamung

Je mehr wir vereinsamen, weil wir immer mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen, egal ob vorm Fernseher, Computer oder Smartphone, jedenfalls allein, umso mehr benötigen wir Romane, Spielfilme und Fernsehserien, damit wir unser Leben mit anderem Leben vergleichen können und dabei erkennen, wie man auch ganz anders leben könnte (vgl. Feedback, Fernsehen, Film, Höhlengleichnis, Roman).

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Vergehen

1. Ein Oberbegriff für menschliche Taten, die als schlecht gelten. Weil diese Bewertung aber von Zeit zu Zeit, von Land zu Land und auch für die verschiedenen Gesellschaftsschichten und Berufstätigkeiten differenziert gesehen wird, ist das V. oft eine Quantité negligeable.
2. Der Augenzeuge vom eigenen V. sein zu müssen, das nennt man das Altern (vgl. Alter,  Ehrenmord, Vendetta).

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Vergessen

Es ist uns heute selbstverständlich, dass das V. etwas Negatives ist. Das gilt vor allem für die Schuld, die Völker mit Krieg und Verfolgung auf sich geladen haben. Daraus stammt die öffentlich geforderte und geförderte Erinnerungskultur, auf die man stolz ist. So berechtigt das ist, wird dabei doch übersehen, dass es im krassen Gegensatz dazu in unserer westlichen Kultur auch eine Tradition gibt, die das V. und Vergeben als den Königsweg zu Frieden und Wohlstand empfiehlt. So schon um 700 v. d. Zeitenwende, als der Göttervater Zeus beim Stoppen der Schlächterei am Ende der „Odyssee“, verspricht, „dem Volk die Ermordung der Söhne und Brüder aus dem Gedächtnis zu tilgen“. Noch direkter am Ende des Dreißigjährigen Krieges der Westfälische Frieden von 1648, der „ewige Vergessenheit und Amnestie für alle schuldbehafteten Kriegshandlungen“ vorschrieb (vgl. Erinnerungskultur, Holocaust, Nordirlandkonflikt, Rassismus).

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Verheiratet

Illustration: Jules Stauber, Schwaig

Illustration: Jules Stauber, Schwaig

V. sein heißt, dass sich die Welt auf zwei Personen verengt hat. Das kann ein Duett geworden sein – im besten Fall – , aber auch ein Duell. Ob ein Mann v. ist oder nicht, ist für Frauen stets die wichtigste Frage. Dabei ist das doch bloß die Unterscheidung nach Profi oder Amateur und sagt noch nichts über seine Qualitäten (vgl. Heirat, Ehe, Liebe, Profi, Tyrann, Ver).

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Verkehrte Welt

Hast du Appetit auf Fleisch, riskierst du, BSE zu kriegen, hast du Lust auf Sex, riskierst du, an HIV zu krepieren. Das einzig Gesunde ist, deinen Partner oder deine Partnerin zu essen und dein Haustier zu vögeln. Warum nicht? Alles schon mal dagewesen (vgl. Kannibalismus, Menschlichkeit, Sodomie).

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Verkopft

 

Illustration: Guntram Erbe, Hilpoltstein

Illustration: Guntram Erbe, Hilpoltstein

Ein modernes Verdikt, das Verstandesmenschen herabsetzen soll. Das Schimpfwort wurde geprägt von Leuten, die lieber aus dem Bauch heraus entscheiden als von Rationalität geleitet, und ist auch danach. Die Verstandesmenschen wehren sich gern mit dem Verdikt: zu gefühlig. Weil von Natur aus die Voraussetzungen für den Einsatz von Verstand und Gefühl ungerecht verteilt sind, gibt das weder der einen noch der anderen Seite das Recht zur Überheblichkeit. Sie sind beide im Unrecht. Denn Verstand und Gefühl als Antagonismen zu sehen, reißt den Menschen auseinander (vgl. Bauch, Gefühl, Gehirn, Körperkultur).

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Verlagsbeilage

Die gelegentliche V. in der Tageszeitung ist für den Verlag ein Extrastück vom großen Werbekuchen, für den Zeitungsleser eine Extraportion Altpapier, die er zu entsorgen hat. Was ihm damit versüßt wird, dass er die V. nicht zu lesen braucht. Denn sie besteht bloß aus zwischen die Werbung gestreuten Verlegenheitsartikeln voller Leerformeln, ohne jeden Informations- oder Unterhaltungswert. Eine von sogenannten Fachleuten verbrochene Steigerung des Journalistischen ins Völlig-Belanglose (vgl. Blähungen, Geldgier, Journaille, Werbung).

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Verliebt

V. ist man, wenn die Hormone von der Leine gelassen sind und romantische Vorstellungen die Macht ergriffen haben. Selbst in den Fällen der totalen Abschaltung der Ratio – die jugendliche Variante – ist v. noch kein Schimpfwort, wohl aber ein abwertendes Urteil, andernfalls Camouflage (vgl. Liebe, Ver, Vernunftehe).

 

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