Laufenbergs Läster-Lexikon
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892. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Wenn ich gewusst hätte, dass die Gehälter der Intendanten unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zum Teil bis zu doppelt so hoch sind wie die von Ministern und von Richtern am Bundesverfassungsgericht, ja, dann hätte ich mir natürlich die Brutalität und den Klamauk, die simplen Belehrungen und ständigen Wiederholungen auf dem Bildschirm angeschaut – auf Wunsch sogar mit Begeisterung.
Früher haben wir die Raubtiere ganz selbstverständlich als unsere Feinde angesehen und getötet. Erst als wir verstanden hatten, dass wir Menschen die schlimmsten Raubtiere sind, fanden wir den Begriff Raubtier für alle, die andere Tiere jagen und fressen, unpassend und fingen an, nach schöneren Begriffen zu suchen. So wurden aus den Raubvögeln die Greifvögel, aus anderen Raubtieren wurden Beutegreifer, und aus uns Menschen wurden ̶ Vegetarier.
Dafür kann ich nicht dankbar sein: Die Politik lässt einige meiner Bücher wieder brandaktuell werden. Als ich auf Einladung von Saddam Hussein in den letzten beiden Wochen vor dem Einmarsch der Amerikaner das gefährliche Schaukelspiel der Religionen im Irak kennengelernt habe, entstand „Denk ich an Bagdad in der Nacht.“ Als ich das erste Mal die Karibik erlebte, hieß mein Kreuzfahrtschiff nach dem ukrainischen Nationaldichter „Taras Schewtschenko“ (1814-1861) und fuhr unter sowjetischer Führung und mit sowjetischem Personal, was ich beschrieben habe in „Karibik ohne Kannibalen“. Und als ich auf der Krim so fürsorglich bei einer Familie von Ukrainern aufgenommen war, in der man nur russisch sprach, entstand mein Buch über die Schwierigkeiten dieses Ferienparadieses: „Krim Intim“. Alle übrigens immer noch im Handel.
Schon immer mussten wir Schriftsteller uns dafür einsetzen, unsere Sprache durch Mund-zu-Mund-Beatmung zu retten. Früher vor dem Sprachmord durch offizielle Verlautbarungen, in denen es hieß: „In Anbetracht der Tatsache, dass“ oder „weil alles seine Richtigkeit haben muss“ und „mit vorzüglicher Hochachtung der Endunterzeichnete“. Nachdem wir dieses Behördendeutsch glücklich hinter uns gelassen haben, erleidet unsere Sprache jetzt eine neue Verquasselung durch eine radikalisierte Minorität, die an die Macht drängt mit der Behauptung, gegen Geschlechter-Ungerechtigkeit zu kämpfen.
Denis Diderot soll gesagt haben: „Mir ist es ein Rätsel, warum die Welt es nicht satt bekommt zu lesen, ohne dabei etwas zu lernen.“ Als ob Diderot schon geahnt hätte, dass diese Flut von immer ähnlichen Krimis und Liebesromänchen auf uns zukommt.
Schmachtfetzen sind top. Das Bedürfnis, eine Geschichte erzählt zu bekommen, haben nicht nur die gerade ins Bett gebrachten Kinder. Schon vor Jahrtausenden saßen an den Stadttoren Erzähler, die gegen einen kleinen Obolus den Mund aufmachten und Geschichten erzählten. Und heute können die meisten Menschen sich kein Leben ohne das ständige Geplapper von Funk und Fernsehen vorstellen. Aber woher dieses Bedürfnis „Erzähl mir was“ stammt, ist immer noch unbekannt. Eine neue Theorie erklärt es mit dem Wunsch, durch die Erzählung freigesetzte Emotionen zu spüren. Das hieße: Es kommt niemals auf die Wahrheit einer Geschichte an, nur auf ihre Gefühlsintensität. Ob das nun wahr ist oder nicht, jedenfalls ist es ganz schön erschreckend.
Die wirklich starken Krimis laufen im Geheimen ab. So die Demontage des heutzutage aus zivilen Personen bestehenden Malteserordens. Was Napoleon nur halbwegs geschafft hat, das hat nun der Jesuitenorden, verkörpert durch den Papst, einen Jesuiten, erreicht. Der Jesuitenorden hat sich damit am Malteserorden dafür gerächt, dass Malta ihn vor 250 Jahren verboten hatte. Papst Franziskus hat jetzt den Orden der Malteser total entmachtet, indem er ihn völlig seiner Aufsicht unterstellt hat. Das lässt schon wieder eines meiner Bücher brandaktuell werden: „Favoritin zweier Herren“. Darin sind die Entstehung des souveränen Militärordens der Johanniter und Malteser sowie 800 Jahre voller Kämpfe zur Verteidigung des Abendlandes gegen den Islam auf der Basis umfangreicher Recherchen dargestellt. Haarsträubende Tatsachen in einem großen historischen Roman um eine erstaunlich kluge Mätresse des Großmeisters neben lauter historischem Personal. Historie lesbar und unterhaltsam gemacht.
https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/favoritin-zweier-herren/
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891. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Russlands Eroberungskrieg in der Ukraine ist nicht zuletzt auch der persönliche Wettkampf zweier Meister ihres Fachs, die gegensätzlicher kaum sein könnten, repräsentieren sie doch die beiden wichtigsten Strategiefelder: Putin, der Magier der Geheimdienstarbeit, gegen Selenskyj, den Artisten der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Schule entwickelt sich bei uns von einer Lehr-Institution zur Leer-Institution, weil immer weniger Menschen bereit sind, als Lehrer zu arbeiten, und immer mehr Kinder der Schule einfach fernbleiben. Dabei wächst der Berg der mehr oder weniger wissenschaftlichen Pädagogik-Literatur so, wie die Kultur-Bürokratie in Bund und Ländern wächst. Und kein Mensch kommt auf die Idee, die alten „Erfolgsrezepte“ Antiautoritär und Laissez-faire endlich in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken.
Die beiden mächtigen Institutionen der Manipulation des Massenbewusstseins, Kirche und Fernsehen, sind sich ähnlicher als gedacht. War es vor wenigen Jahren der Bischof von Limburg, so war es jetzt die Intendantin von Radio Berlin-Brandenburg, die sich viel zu wichtig nahm, weil von den Bürgern bzw. Opfern zu gut bezahlt und dabei nicht einmal von einer Wahl abhängig.
Schon absurd: Als die ersten Maschinen aufkamen, die menschliche Tätigkeiten viel schneller und gleichmäßiger ausführten, gab es Ängste und Aufstände, weil man befürchtete, die Maschinen würden die Arbeiter ganz überflüssig machen. Dagegen half nur der Hinweis, dass man doch viele Arbeiter brauche, um diese Maschinen herzustellen. Jetzt suchen die deutschen Maschinenbauer verzweifelt nach Arbeitern, ohne die sie ihre weltweit begehrten Maschinen nicht bauen und ausführen können.
So sieht Leseförderung in Deutschland aus. Beispielsweise die bayerischen Gymnasiasten müssen in den letzten beiden Schuljahren fünf Bücher lesen, die von ihren Lehrern aus einer Liste mit 170 Titeln ausgewählt wurden. Das ist erschreckend wenig literarische Bildung, aber weil es ein Muss ist, garantiert erfolgreich darin, den Schülern für ihr weiteres Leben das Bücherlesen abzugewöhnen.
Welche Bedeutung hat das Buch in den Großstädten Deutschlands? Klar, dass man zuerst an Mainz und Gutenberg denkt, genau wie an Leipzig und Frankfurt am Main, die beiden Standorte der Deutschen Nationalbibliothek sowie der beiden großen Buchmessen. Mit Buchverlagen am reichsten bestückt sind in dieser Reihenfolge Berlin, München und Hamburg, doch schon auf Platz 7 folgt Leipzig. Das Spezialfach Buchwissenschaft bieten Universitäten an in Mainz, Münster, Erlangen, München und Leipzig. Doch in Leipzig soll dieser klassische Lehrstuhl jetzt nicht mehr mit einem Buchwissenschaftler besetzt werden. Kaum zu glauben, aber wahr: Leipzig verabschiedet sich vom Medium Buch zugunsten des heute modischen mediokren Medien-Allerleis.
Ich bin eingeladen, mein neues Buch „Goethe und Tschechow – Kühler Kopf und warmes Herz“ in der Hauptstadt vorzustellen, und zwar in der ältesten Buchhandlung Berlins, der Nicolaischen Buchhandlung. Das wird auch ein Video werden. Wer dabei sein möchte, ich freue mich auf Euch. Öffentliche Lesung, Eintritt frei, am Mittwoch, dem 7. 9. 2022, pünktlich 19.30 Uhr, Rheinstraße 65, direkt am Breslauer Platz. In einem kleinen 10-Minuten-Film habe ich über dieses Buch im Interview gesagt: https://www.velbrueck.de/Video-Podcast/ oder
https://www.youtube.com/watch?v=rO1_IiqInX0
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890. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Der neueste Trend: Den Tieren, und nicht nur denen, sondern auch der Natur allgemein soll endlich eine eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen werden, die von der Verfassung geschützt wird. Was so ungewöhnlich gar nicht sei, heißt es, haben doch auch Konzerne und Stiftungen eine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass sie klagen und sich vor Gericht verteidigen können. Das klingt nach social fiction, dabei ist es kein Blick in die Zukunft, eher ein Blick zurück in unsere Vergangenheit. Gab es doch noch vor wenigen hundert Jahren Strafprozesse gegen Tiere. Die Kuh, von deren Horn der Bauer einen tödlichen Stoß erhalten hatte, weil er nicht aufgepasst hatte, wurde damals ganz selbstverständlich als Täterin gesehen, die für ihre strafwürdige Tat zum Tode verurteilt wurde.
Erst Anfang August 2022 konnte die Presse melden, dass die zuletzt schwer demente Trude Unruh, ehemals Mitgründerin des Seniorenschutzbundes „Graue Panther“ und sehr aktive Bundestagsabgeordnete, Ende November des Jahres 2021 im Alter von 96 Jahren gestorben ist. Mit dieser fast unglaublichen Verspätung der Meldung gibt die engagierte Seniorenvertreterin quasi aus dem Jenseits einen Hinweis darauf, dass bei uns in Sachen Lebensabend wesentliche gesetzliche Regelungen und die dazu passenden Einrichtungen fehlen. Denn ein alter Mensch ist mehr als bloß ein maroder Körper, der bis zuletzt mit dem Nötigsten versorgt und dann schnell entsorgt werden muss.
Überraschung? Zum ersten Mal, so lese ich, haben in England mehr nichtweiße Schulabgänger einen Studienplatz an einer der Elitehochschulen bekommen als weiße. Die Spitze bildeten dabei die Chinesen. Das hört sich gut an, doch spielt dabei eine Hauptrolle, dass die altehrwürdigen Institutionen vor allem viel Geld brauchen und mehr nichtweiße Familien bereit und in der Lage sind, pro Jahr zwischen 28.000 und 39.000 Pfund an Studiengebühr zu zahlen als weiße. Zudem ist diese Hochschätzung von Bildung schon ein typisches Hinterherhängen, ist höhere Bildung doch längst nicht mehr der Königsweg zu einem erfolgreichen Leben, wie jeder Blick auf die heute in den Medien gefeierte Prominenz zeigt.
Wenn wir Deutschen gefragt werden, welches Unheil wir am meisten fürchten, nennen wir Krieg, Geldentwertung, Vertreibung, Krankheit, Altersarmut und dergleichen. Kein Mensch kommt darauf, dass uns die größte Gefahr von der Künstlichen Intelligenz (KI) droht. Denn wir denken nur an Industrieroboter – weltweit inzwischen rund drei Millionen – und an Haushaltshilfen – rund 30 Millionen weltweit bereits im Einsatz. Und wir erwarten eine Verbesserung der Verkehrssicherheit durch das autonom fahrende Auto, weil es uns von den vielen menschlichen Versagern befreit. Dabei übersehen wir aber, dass die KI ganz anders arbeitet als unsere menschliche Intelligenz. Und weil die KI in der Lage ist, sich selbst immer mehr beizubringen, ist der Roboter uns Menschen schnell überlegen. Dann herrscht eine Intelligenz ohne all die traditionelle Rücksicht auf Sitte, Moral und Recht, weil solche Abwägungen für jeden Zweifelsfall nicht ins Programm aufgenommen werden konnten. Und wir Menschen werden zu Quasi-Maschinen, total gleichgemacht, indem uns jede persönliche Eigenart ausgetrieben wurde. In einigen Staaten wird daran schon erfolgreich gearbeitet. Das ist die „schöne neue Welt“, die uns erwartet.
Die dämliche Genderei bringt uns zurück zur Sprachlosigkeit. In der Bauordnung NRW soll eine gegenderte Formulierung stehen, die den Gender-Unsinn besonders verdeutlicht: „Treten bei einem Bauvorhaben mehrere Personen als Bauherrin oder als Bauherr auf, so kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass ihr gegenüber eine Vertreterin oder ein Vertreter bestellt wird, der oder die die der Bauherrin oder dem Bauherrn nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen hat.“ Da hilft wohl nur noch eine Handvoll Emojis.
Unübertrefflich überzeugend, wie die Universität Oldenburg ihr dringendes Fachkraft-Defizit präsentiert hat. Auf Twitter schrieb sie: „Unsere Germanistik sucht eine(n) neue(n) Kolleg*in! Professur für Grammatik der deutschen Sprache. Wer kommt unsere Sprachwissenschaft in Oldenburg verstärken?“ Ich habe mich nicht gemeldet, weil ich nicht als überqualifiziert abgetan werden mag, bin also nicht der neue Kolleg geworden.
China ist brandaktuell. Jetzt schrieb mir eine Leserin aus Liechtenstein zu meinem China-Buch „Odysseus’ Dilemma“, das es auch als ebook mit dem Titel „Mensch in Menschenmassen“ gibt: „Ich habe noch nicht herausgefunden, was des Odysseus’ Dilemma ist, bin ja erst beim 2. Drittel des Buches angelangt. Ich muss aber gestehen: Niemals hätte ich erwartet, dass dieses Buch mich derart begeistert.“ https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/odysseus-dilemma-mensch-in-menschenmassen/
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889. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Was soll ich davon halten, dass mein Bundeskanzler den gehorsam versammelten Mikrofonen versichert, niemand werde in diesen schwierigen Zeiten alleingelassen? Und das, damit es jedes seiner Landeskinder versteht, auch noch in englischer Sprache: „You’ll never walk alone.“ Nun ja, das hat auch schon Frank Sinatra gesungen, und der war ein schlimmerer Finger, beruhige ich mich. Aber dann lese ich in Wikipedia, das sei eine Fußballhymne, sogar die berühmteste Hymne der Fußballgeschichte. Das heißt, ich muss Fußballer werden, natürlich nur passiver.
Freiheit, die ich meine: Aus Bad Wildbad wird gemeldet, dass in den dortigen Bädern für Nacktbadende nun zeitweise das Tragen von Badebekleidung erlaubt ist. In Freiburg im Breisgau hat man jetzt beschlossen, die Diskriminierung des weiblichen sekundären Geschlechtsmerkmals, des Busens, zu beenden und das Baden oben ohne für alle Geschlechter in allen Frei- und Hallenbädern der Stadt zuzulassen.
Wie zurechtkommen mit der Hitzewelle? Der eine rät: Von 10 bis 10 alle Türen und Fenster geschlossen halten! Der andere rät: Von 10 bis 10 alle Türen und Fenster aufreißen! Recht haben sie – beide. Ich habe es ausprobiert.
Russland macht Eroberungen, zuerst die Krim, jetzt die Südost-Ukraine. Und man weiß nicht, ob man das als Erfolge bezeichnen kann. Jetzt erfährt man, dass seit Ausbruch des Ukrainekrieges die Zahl der Juden, die aus Russland nach Israel auswandern, dramatisch gewachsen ist, und fragt sich, ob es da Zusammenhänge gibt.
Heute überziehen uns Kriege nicht mehr bloß mit konventionellen und immer weiter entwickelten technischen Waffensystemen; daneben tobt heute der Cyberkrieg, eine Folge der totalen internationalen elektronischen Vernetzung. Kriege sind aber in erster Linie Wirtschaftskriege. Ihre Schlachtfelder sind internationale Vereinbarungen, ihre Erfolge und Katastrophen zeigen sich in Börsenkursen und Statistiken. Aber schon bei den Kriegen der alten Römer gegen die Griechen ging es auch um die kulturelle Vormachtstellung, und die wurde vor allem deutlich im Kampf um die Sprache. Das hat sich bis zum Zweiten Weltkrieg fortgesetzt, der ein Kampf um die Vorherrschaft des Englischen war, dessen Erfolge wir heute im Anglizismen- und Gender-Wahnsinn zu ertragen haben. Der neueste Sprachenkrieg findet gleich nebenan statt: Die Ukraine hat seit 2019 ein Sprachgesetz zur Stärkung des Ukrainischen, das in öffentlichen Einrichtungen als einzige Sprache verwendet werden soll; in Film, TV und Hörfunk soll es eine bestimmte Ukrainisch-Quote geben. Seit Mitte 2022 werden Verstöße geahndet. Allerdings haben manche der Amtspersonen, die für die Meldung und Verfolgung von Verstößen gegen das Sprachgesetz zuständig sind, Schwierigkeiten mit der Meldung in ukrainischer Sprache, weil sie nur Russisch gewohnt sind.
Der 17. Juli war der Internationale Emoji-Tag, an dem festgestellt wurde, welche Emojis auf Internet-Platformen am häufigsten erscheinen. Die weltweit beliebtesten von diesen Bildchen, die das sagen sollen, was die Leute sprachlich nicht ausdrücken können, sind aktuell das „Gesicht hält Tränen zurück“ neben „Herzhände“ und „Schmelzendes Gesicht“, so lese ich etwas irritiert. Ich glaube, da bleibe ich doch lieber bei meiner Mutter-pardon-Vater-Sprache Deutsch.
In der Zeitung sehe ich: Malta hat eine große Werbekampagne gestartet. Mit Recht. Hat der kleinste EU-Staat doch viel mehr zu bieten als Strandleben und Englisch-Unterricht. Da wird man leicht zum Malta-Fan, wie ich, und kommt immer wieder. Zuletzt habe ich sogar mein Weihnachtsessen im Gartenrestaurant einnehmen können, die leichte Jacke über die Stuhllehne gehängt. Aus meinen wiederholten Malta-Erkundungen sind meine drei Malta-Romane entstanden: Lese-Erlebnisse, die jeden Reiseführer ergänzen, von bleibender Aktualität:
https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/favoritin-zweier-herren/
https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/sarkophag/
https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/hypogaeum-triumph-der-venus-von-malta/
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888. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Das Zauberwort Nachhaltigkeit hat sich erledigt. Denn jetzt hat die Europäische Union den modisch gewordenen, obwohl sprachlich ungenauen und damit inhaltlich unbestimmten Begriff Nachhaltigkeit durch die Heiligsprechung von Erdgas und Atomstrom als nachhaltige Energien zur Absurdität geführt. Ist doch der Verbrauch von Erdgas eine endgültige Vernichtung von Ressourcen und die Atomenergie ohne Endlagerlösung für die Atomabfälle sowie mit ihrer über viele Jahrtausende anhaltenden Vergiftung der Umwelt bei Unfällen die gefährlichste, teuerste und ineffizienteste Energieform, die sich denken lässt, also das genaue Gegenteil von dem, was man sich unter Nachhaltigkeit vorstellt.
Weil der Begriff Entnazifizierung auf einmal wieder so beliebt ist: Ein von Georg Scheu im Jahre 1916 in Alzey durch eine Kreuzung von Silvaner und Riesling kreierter neuer Wein hieß ursprünglich Sämling 88. Die Nazis haben ihn dann zu Ehren eines ihrer weinseligen Bonzen in Dr.-Wagner-Rebe umgetauft. So kam es, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und des Dritten Reichs u. a. auch ein Wein entnazifiziert werden musste. Er bekam endlich den Namen, den er verdient hat: Scheurebe.
Neuestes vom Verbraucherschutzministerium: Die Krematorien dürfen demnächst für die Asche der Verstorbenen nur noch Urnen benutzen, die den tränenfesten, mindestens acht Punkt großen Aufdruck tragen: Kann Spuren von diversen anderen Geschlechtern enthalten. Heftiger Widerstand dagegen war in der Ethik-Kommission der Bundesregierung zu überwinden gewesen, wobei sich die Riege der Historiker durchgesetzt haben soll.
Immer wieder dieses Erstaunen in der Presse über die Entwicklung auf dem Automarkt. Die Vorlieben der Deutschen beim Autokauf haben sich geändert. Die traditionell größte Gruppe „Kompaktklasse, Kleinwagen und Mittelklasse“ schrumpft, die Geländewagen werden immer mehr gekauft. Aber darüber kann sich nur wundern, wer noch nicht mitleidvoll beobachtet hat, mit welcher Mühsal die immer größer und korpulenter werdenden Menschen sich beim Ein-und Aussteigen mit ihren immer flacher werdenden Autochen abquälen.
Auffällig ist, dass immer mehr Garten-Restaurants ihre Öffnungszeiten verkürzen, je sommerlicher es wird. Die einen machen nun mittags nicht mehr auf, die anderen bleiben ab dem Spätnachmittag geschlossen. Personalmangel, so heißt es. Mir scheint, dass immer mehr Wirte immer versierter werden im Spielen auf der Klaviatur der staatlichen Ausgleichszahlungen für angebliche Verluste durch Corona.
Das provisorische, gebrochene Deutsch, das im engen Kontakt von jugendlichen Deutschen mit Migranten zu deren Alltagssprache geworden ist, wird gern als ein neuer deutscher Dialekt bezeichnet und hat inzwischen einen allseits anerkannten Namen: Kiezdeutsch (Hastu Handy bei? Yallah, lassma gehen! Ich bin Breslauer Platz). Es folgt damit dem vor langer Zeit neugebildeten Dialekt, dem Ruhrgebietsdeutsch, auch einfach Ruhrdeutsch genannt (rumbandusen für herumtollen, knaatschich für weinerlich, wullachen für hart arbeiten).
Erst nach langem Hin und Her hat die Stadt Mannheim sich entschlossen, vom April bis Oktober 2023 eine Bundesgartenschau zu veranstalten. Damit hat sie schon 1975 gute Erfahrungen gemacht. Doch jetzt gibt es vereinzelt Lieferschwierigkeiten, die zu Unsicherheiten bei Fertigstellungsterminen führen. Es geht ja nicht nur um pünktlich blühende Blümchen. Das habe ich zum Anlass genommen, mich mal wieder von meinem Mannheim-Roman (überall im Buchhandel zu bekommen) fesseln zu lassen, der verrät, wie die Mannheimer zurechtgekommen sind mit den beiden größten Ereignissen der Stadtgeschichte, die in ganz Europa für Aufregung gesorgt haben. Hat mich begeistert. Deshalb hier für alle, die sich mal was Besonderes leisten wollen: https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/hotel-pfaelzer-hof/
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887. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Das Affenpocken-Virus ist der neue Schrecken. Aber nur keine Angst, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kümmert sich darum. Gemeinsam mit 30 Wissenschaftlern hat sie die Suche nach einem Namen für diese neue Viruserkrankung gestartet. Ziel ist, eine Bezeichnung zu finden, die weder diskriminierend noch stigmatisierend ist. Denn die Affenpocken stammen vermutlich nicht aus Afrika. Und es gilt, die Affen, unsere nächsten Verwandten, nicht zu beleidigen. Einen Preis für den besten Vorschlag hat die WHO nicht ausgelobt. Kein Wunder, dass noch keine Namensvorschläge bekannt gegeben wurden.
Gender-Eiferer und Gender-Eiferinnen, die alles, was auf –er endet, für frauenfeindlich und deshalb korrigierbedürftig halten, müssen sich immer neue Sprachhopser und Sprachhopserinnen einfallen lassen, um ihren selbstgebackenen Gesetzen zu entsprechen. Das neueste Gehopse ist, dass alle Gender-Korrekturen durch Genderin-Korrekturen zu ergänzen sind. Ideal für Seitenfüller und Seitenfüllerinnen, die gegen Zeilenhonorar schreiben.
Die 1871 in den USA gegründete National Riffle Association (NRA) hat erreicht, dass es dort inzwischen weit mehr Schusswaffen als Köpfe gibt, weil sich jeder damit zu schützen versucht, dass er Schusswaffen kauft und das Schießen lernt, um sich gegen seine Mitmenschen verteidigen zu können, die das tägliche Leben immer gefährlicher machen, weil fast alle Schusswaffen haben und schießen können. Über diesen offensichtlichen Wahnsinn kann man außerhalb der USA nur den Kopf schütteln. Dabei übersieht man, dass die weltweite militärische Aufrüstung ein genaues Spiegelbild dieses Wahnsinns in größerem Maßstab bietet. Fast alle Staaten erhöhen ihre Rüstungsausgaben, um sich gegen die anderen Staaten, die stark aufrüsten, zur Wehr setzen zu können. Das schwedische Institut SIPRI meldet mal wieder einen neuen Rekord. Danach haben sich im vergangenen Jahr in dieser Reihenfolge die höchsten Militärausgaben geleistet: USA, China, Indien, Britannien, Russland, Frankreich und Deutschland.
Denker, die sich grundlegende Gedanken über ihre Gesellschaft machen, griffen früher gern auf das Bild des Schiffes zurück, das voller Narren ist und auch von Narren geführt wird. Die Metapher Schiff für die eigene Gesellschaft bot sich an, weil es sich dabei um ein nach außen abgeschlossenes Gebilde handelt, das Wind und Wellen ausgesetzt und stets vom Untergang bedroht ist. Heute bevorzugt man für seine Gesellschaft den Vergleich mit dem, was man früher Irrenanstalt nannte, weil dieses autarke Gebilde von Leuten geführt wird, die sich von den irren Insassen zu unterscheiden glauben und deshalb als befähigt angesehen werden, mit den ebenso irren Führern der anderen Irrenanstalten drumherum klarzukommen.
Das Satire-Magazin „Der Postillon“ hat sich jetzt für die Verdeutschung von Fremdwörtern ausgesprochen, um die Verständigung zu erleichtern. Die vorgeschlagenen Begriffe könnten Hits werden. So soll Vintage besser Edelrümpel genannt werden, der One-Night-Stand wird zum Sonderbeischlaf, Hedgefonds werden zu Strauchfirmen, wobei die Gedankenverbindung zu Strauchdieben besonders überzeugend wirkt, und Grunge soll als Pfuhlmusik verdeutscht werden. Allerdings dürfte die Verjetztlichungsstrahle für den Live-Stream etwas gewöhnungsbedürftig sein.
Okay, ich mach mal Pause, um den Moment zu genießen. – Sind wir Menschen doch im unendlichen Weltall noch weniger als Pünktchen auf einem Krümel Erde, und jedes Leben ist bloß ein blitzlanger Moment. Da ist es wohl angebracht, sich nur noch dem Genuss des Augenblicks hinzugeben. Alles andere ist doch purer Nonsens.
Schaue ich mir einfach noch einmal den 10-Minuten-Film an, mit dem ich auf die kritischen Fragen des Dittrich-Verlags zu meinem neuen Buch über Goethe und Tschechow geantwortet habe. Was dem Verlag gefallen hat. Noch nicht gesehen? Bitte sehr, hier ist der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=rO1_IiqInX0
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886. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Die Kölner Stadtverwaltung will den Kölner Dom aus ihrem Logo entfernen. Angeblich hat eine Marktanalyse ergeben, dass das Bild des Doms das Signet als nicht mehr zeitgemäß erscheinen lässt. Na sowas! Dass der Dom aber auch nicht bereit ist, sich mal ein bisschen der Mode anzupassen. Jetzt wurde sogar eine Petition zu dem Problem gestartet: www.openpetition.eu
Das Pferd heißt auf griechisch Alogos, weil es nicht spricht. Das hat es zum besten Freund des Menschen werden lassen.
Schluss mit Bücherverbrennungen! In den USA ist es modisch, Veröffentlichungen wegen irgendwelcher Inhalte, die radikal konservative Kreise stört, auf Listen verbotener Bücher zu setzen. Die so verfemten Werke werden dann überall Exemplar für Exemplar aus Schulbibliotheken und anderen Büchersammlungen entfernt und entsorgt. Das passierte sogar schon Büchern von Nobelpreisträgern sowie den Faschismus kritisierende Comics. Bisher konnten derartige Übertreibungen nur mit Kopfschütteln beantwortet werden. Jetzt geht der Verlag Random House einen entschiedenen Schritt weiter. Unglaublich, aber wahr, der Verlag hat eine Sonderausgabe des Romans „A Handmaid’s Tale“ von Margaret Atwood herausgebracht, die aus feuerfestem Material besteht.
Jeder versteht dich, wenn du bei deinen Planungen das Flugzeug und das Fahrzeug erwähnst. Klare Begriffe. Aber wenn du dann sagst: Natürlich nehme ich das Schwimmzeug, gerät alles durcheinander.
Frankreich hat eine Untersuchung über die weite Verbreitung der englischen Sprache in den europäischen Institutionen anfertigen lassen. Veranlasst durch die Tatsache, dass es seit dem Brexit überhaupt kein englischsprachiges Land mehr in der EU gibt, weil Englisch lediglich auf den Inseln Irland und Malta gesprochen wird, dort jeweils nur als zweite Amtssprache neben Irisch und Maltesisch. In dem jetzt vorliegenden Bericht heißt es: „Wenn es Frankreich nicht tut, geht kein anderes Land in Europa der Frage nach den Sprachen nach.“ Eine berechtigte Ohrfeige für die deutschen Politiker. Die gründliche Bestandsaufnahme der Verwendung der Sprachen in den europäischen Institutionen Kommission, Rat, Parlament und Gerichtshof ergab, die Dominanz des Englischen sei noch stärker als erwartet. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Europäische Union sprachlich von ihrem Volk distanziert. – Was heißt hier Gefahr? Das ist doch längst wahr!
Letzten Donnerstag bin ich mal wieder Tilman Riemenschneider begegnet. Wir kamen in ein so intensives Gespräch, wie ich das nicht erwartet hatte. Nicht diese sonst übliche künstliche Distanziertheit des Berühmten. Nein, keinerlei Abstand. Das war im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg. Da stellte Riemenschneider mir seine Gruppe Jesus und die zwölf Apostel vor, den sogenannten Zwölfbotenaltar. Was für Gesichter! Messerscharfe Charaktere. Und dazu der üppige Faltenwurf der Gewänder. Diese in plötzlicher Erstarrung festgehaltenen Zufallsbewegungen. Wobei mir allerdings auffiel, genau besehen, dass da und dort sich Knudelchen aufgeworfen hatten, wie sie bei einem hängenden Stoff überhaupt nicht möglich sind. Da habe ich mich gefragt: Wo hatten die ehrwürdigen Herren sich nur herumgewälzt? Oder ist ein wenig Manieriertheit in der Schnitzkunst das Kennzeichen des Übergangs von der Spätgotik zur Renaissance?
Der Dittrich-Verlag, bei dem gerade mein neuestes Buch „Goethe und Tschechow – Kühler Kopf und warmes Herz“ erschienen ist, hatte die Produktion eines gefilmten Interviews über Inhalt und Absicht dieser Veröffentlichung vorgeschlagen. Habe ich gerne gemacht. Jetzt als 10-Minuten-Film auf der Homepage des Dittrich-Verlags https://www.velbrueck.de/Video-Podcast/ zu finden und auch bei Youtube unter https://www.youtube.com/watch?v=rO1_IiqInX0
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885. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Das Recht entwickelt sich mit uns. 1990 kam endlich der § 90a ins BGB, nach dem Tiere keine Sachen mehr sind. Allerdings sollen auf Tiere die Rechtsvorschriften, die für Sachen gelten, entsprechend angewandt werden. Also nur ein halber Schritt vorwärts. Immerhin ist das die Korrektur einer früheren, zu groß ausgefallenen Korrektur, als Tiere von Straftätern zu Sachen wurden. Denn im Mittelalter waren die Tiere noch so persönlich und viel zu persönlich aufgefasst worden, dass man einen Strafprozess gegen das Rind führte, das den Bauern mit einem Hornstoß getötet hatte.
Öfters stößt man auf die Zeitungsmeldung, eine Führungsposition, die ein Mann wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung Untergebener verlor, sei jetzt mit einer Frau besetzt worden. Da fragt man sich: Ist das vielleicht weniger konfliktanfällig, weil Männer sich nicht beschweren, falls sie von einer Frau sexuell belästigt werden?
Es wird immer schwieriger, Realität und Fiktion zu trennen. Kaum haben 13 Männer eines Kegelclubs aus Münster ihre Landung auf Mallorca gefeiert, mit viel Bier und Lärm auf dem Hotel-Balkon am Ballermann, da werden sie in Untersuchungshaft genommen, weil neben ihrem Hotel ein Lokal ausgebrannt ist. Wie sollen die Münsteraner jetzt beweisen, dass sie nicht schuld an dem Brand sind? Weil bekannt ist, dass den Behörden der Insel die wüste Ballermann-Sauferei längst ein Dorn im Auge ist, erhebt sich prompt die Stimme des Volkes: Da muss jetzt Wilsberg ran!
Es gibt eine starke neue Tendenz in der Rechtswissenschaft: Die Natur als solche und einzelne Naturphänomene sollen als selbständige Rechtspersönlichkeiten anerkannt werden. Das betrifft den Regenwald so gut wie die Nordsee. Ein rechtliches Subjekt hat eine stärkere Stellung in juristischen Auseinandersetzungen als ein bloßes Objekt. Vor allem ein Existenzrecht, weil damit die so selbstverständliche Nutzung und Zerstörung unzulässig wird. Dazu gibt es in manchen Ländern schon Gesetze. Der Ganges und der Yamuna-Fluss in Indien sowie große Flüsse in Bangladesch und in Neuseeland sind neuerdings juristische Personen, auch schon einzelne Gletscher im Himalaja.
Was verrät der Sprachgebrauch über die Mentalität der Mitmenschen? Im vorigen Jahr wurde in einer Big-Data-Exploration der Wortgebrauch in jeweils fünftausend amerikanisch- und spanischsprachigen Büchern zu der Frage untersucht, in welchem Verhältnis rationale Begriffe zu emotionalen Begriffen stehen. Untersucht wurde, wie oft vernunftbetonte Wörter wie „urteilen“ oder „schließen“ und ähnliche verwendet wurden und wie oft irrationale wie „fühlen“ und „glauben“ und ähnliche. Das Ergebnis der Untersuchung ist aufrüttelnd: Von 1850 – 1880 waren die gefühlsbezogenen Wörter auf dem Rückzug, dann aber waren sie wieder im Steigen, und seit 2010 geht ihre Kurve sogar steil nach oben. Das überrascht nicht; denn wo immer mehr Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen werden, wird alles zur Herzenssache. Manche erklären sich diese Tendenz auch damit, dass überall im Westen die Wirkung der Aufklärung nachgelassen hat.
Die persönliche Freiheit wurde uns Schritt für Schritt durch moderne Techniken geraubt. Das begann mit der Taschenuhr, die man zu einem begehrten Statussymbol aufwertete, um uns mit der Bindung an die Uhrzeit besser einsetzbar zu machen. Die erste Steigerung war dann die Armbanduhr, die immer schöner und immer teurer wurde und ohne die deshalb bald niemand mehr auftreten wollte, Männlein wie Weiblein. Dann kam die Kreditkarte, die uns zum leichtfertigeren Geldausgeben und zur Verschuldung führt, um uns in den Griff zu kriegen. Im Moment erleben wir die nächste Steigerung der Versklavung mit dem Smartphone, uns nicht nur als begehrenswert aufgeschwätzt, sondern von Banken, Arbeitgebern und Händlern sogar aufgezwungen. Damit ausgestattet sind wir nicht nur pünktlich zur Stelle, es ist auch immer nachprüfbar, wo wir sind und mit wem wir zu tun hatten. Und irgendwann werden wir scharf darauf sein, einen schicken Chip implantiert zu bekommen, mit dem man uns nicht nur total überwacht, sondern wie Tanzbären am Nasenring führt.
Kann man nicht oft genug betonen: Unsere nächsten Verwandten im Tierreich, die Schimpansen, stimmen zu 98,5 % im Erbgut mit uns Menschen überein. Forscher sehen den kleinen restlichen Unterschied zwischen uns in der gesprochenen Sprache und widmen dem ihre ganze Aufmerksamkeit. Jetzt haben sie an der Elfenbeinküste 900 Stunden Lautäußerungen von wild lebenden Schimpansen aufgenommen und dabei fast 400 Lautkombinationen festgestellt. Unsere Verwandten im Busch haben also eine Sprache, mit der sie sich verständigen. So kann ich bei meiner Behauptung bleiben: Was uns Menschen von der Tierwelt unterscheidet, ist nach bisheriger Kenntnis allein das stärker ausgeprägte Ich-Bewusstsein. So in meinem eBook dargestellt: https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/ich-ist-top-selbstbewusst-ueberlegen-und-sozial-aus-egoismus/.
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884. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Jetzt hat doch tatsächlich bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, nur noch gut die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Dabei war in der Journaille eifrig mit dem Argument Wind gemacht worden, es gehe um ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Wind, der die Leute an die Wahlurne pusten müsste. Doch hielt fast jeder zweite Wahlberechtigte das für überflüssig, weil er wusste, dass die großen Problemfelder Frieden, Klima, Wohlstand die einen wie die anderen Politiker zu ganz ähnlichen Maßnahmen zwingen, zumal die großen Linien der Politik von der Europäischen Union und der Bundesregierung vorgegeben werden.
Immer mehr Menschen haben Übergewicht. Obwohl die Festsetzung eines Normalgewichts ein Unsinn ist, weil die Natur keine Normen kennt, sind die vorsichtig zu genießenden Statistiken aussagekräftig. So die Feststellung, dass in den USA und allen europäischen Ländern viel mehr Männer Übergewicht haben als Frauen, mit der einzigen Ausnahme Türkei, wo es umgekehrt ist. Wird damit das dort herrschende völlig andere Frauenbild sichtbar?
Nur Selbstbeweihräucherung? Die Parteiprogramme zur aktuellen NRW-Landtagswahl seien genauso unverständlich wie bei der letzten NRW-Landtagswahl vor fünf Jahren, heißt es in einer Analyse der Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart. Sie fanden darin Bandwurmsätze, sperrige Neuschöpfungen wie Krankenhausinvestitionskostenförderung und Bürger*innenmedien-Kompetenzprojekte sowie hochstilisierten Krampf wie Hyperscaler, Cashcamp, Flowback und Purpose-Unternehmer*innentum. Die Hohenheimer haben seit 2009 mehr als 700 Wahlprogramme analysiert und dabei festgestellt, dass die Wahlprogramme nach wie vor nicht dem erklärten Zweck dienten, gelesen und verstanden zu werden.
Fiducia, Laetitia, Disciplina usw. Weil ich für mich selbst immer wieder Namen von Frachtern übersetzen muss, die auf dem Rhein vor meinem Fenster vorbeiziehen, weiß ich endlich, wozu ich neun Jahre lang Latein gelernt habe. Umso mehr freue ich mich auf die Sonderausstellung zum Thema „Latein. Tot oder lebendig?“, die jetzt im westfälischen Lichtenau eröffnet wurde, um die imponierende Geschichte des Lateinischen von der Antike bis heute darzustellen. Habe „extemplo“ auf meinem Globus die beste Fahrtstrecke in die Antike ausgesucht.
Zeitverschiebungen. Es gab eine Zeit, und das war die bisher längste Zeit, da konnte man nur kriechen, gehen und laufen. Darauf folgte die Zeit, da bewegte man sich auf dem Rücken von Eseln, Pferden, Kamelen und Elefanten. Danach kam die Zeit, da fuhr man mit der von Pferden gezogenen Karre oder Kutsche und Bahn. Ihr folgte die Zeit, in der fast jeder sich der eigenen motorisierten Kabine auf Rädern bediente, die vor der Tür stand. Deren Ende erleben wir gerade. Danach wird die Zeit kommen, da sich jeder Einzelne ohne Bindung an Straßen und Schienen durch die Luft bewegt wie ein Vogel.
Jetzt sind wir doch tatsächlich auf dem Weg zurück ins 12. Jahrhundert. Damals kamen bei uns die Familiennamen auf, weil man in seinem Ort die vielen Menschen, die denselben Rufnamen trugen, zu unterscheiden suchte. Man hätte sie einfach durchnummerieren können als Maria die Sechsundzwanzigste und Johannes der Vierundachtzigste. Doch man zog es vor, sie nach dem Beruf oder Aussehen oder der Wohnung und dergleichen zu definieren. So kam es zu Josef der Schmied, Anna die Kleine und Peter am Bach. Das wurde schnell abgeschliffen zu den heute gängigen Namen Josef Schmidt, Anna Klein und Peter Bach. Doch heute propagieren Leute, auch im Fernsehen, die ausschließliche Verwendung des Vornamens und halten sich damit für besonders erleuchtet und freundlich. Erst wer einmal versucht hat, einen neuen Bekannten, von dem er nur den Vornamen kennt, zu kontaktieren und vergeblich ins Telefonbuch oder bei Google reingeschaut hat, versteht, dass diese kumpelhafte Freundlichkeit ein Irrweg ist. Das bloße Du mit dem Vornamen schafft nur Distanz und zeigt damit Desinteresse.
Ja, es ist jetzt da, mein Buch über die beiden Dichter Goethe und Tschechow. Also eine Stimme mehr in dem tausendfachen Lobgesang auf die beiden Großschriftsteller? Nein, so leicht kommen die beiden bei mir nicht weg. Die eine der zwei Erzählungen in diesem Buch heißt: „Goethe versus Vulpius, Vulpius, Vulpius und Vulpius“, und die andere Erzählung heißt: „Tschechow zu Gast beim Doppelmörder“. Diese Titel verraten doch schon, dass es hier um zwei Lebensbilder geht, die einmal ganz anders daherkommen, dramatischer und dabei auch entlarvender. Siehe http://www.netzine.de/library/.
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883. Ausgabe
Passiertes! – Passierte es?
Jetzt wird Deutschland vorgeworfen, zuviel Sympathie für Russland zu haben. Wobei übersehen wird, dass etwa ein Drittel Deutschlands mit rund einem Fünftel seiner Bevölkerung vierzig Jahre lang unter sowjetischer Oberaufsicht stand und auf Brüderlichkeit mit Russland getrimmt wurde. Aus diesem Teil Deutschlands und dieser Erziehung kam auch die langjährige Bundeskanzlerin. Und bei den Sozialdemokraten hat ein Hang zum Sozialismus Tradition. So was kann doch nicht ohne Nachwirkung sein.
Ich lese, dass international die Investitionen in die Entwicklung neuer Waffensysteme so hoch sind, wie niemals zuvor, vor allem in USA, China, Indien, Russland und Britannien. Umso erstaunlicher ist, dass sich der Ukraine-Krieg insofern ungewöhnlich zeigt, als er einmal nicht in erster Linie dazu veranstaltet wird, den interessierten Machthabern in aller Welt die neuesten Waffenentwicklungen im Realitätstest vorzuführen, eher dazu, ausgemusterte Waffensysteme loszuwerden, also als eine Art Ausverkauf: Alles muss raus!
Die russische Invasion in der Ukraine hat ein Vorbild. 1979 marschierten die Russen in Afghanistan ein. Doch nach zehn Jahren sehr verlustreicher Kämpfe mussten sie sich 1989 zurückziehen. Damals hat sich gezeigt, dass die zahlenmäßige Überlegenheit an Soldaten und Kriegsmaterial nichts bedeutet. Denn Heimatverteidiger zählen gegenüber nur gezwungen kämpfenden Invasoren mindestens zehnfach.
Der Ukraine-Krieg wird auch auf der Sprachebene immer einfallsreicher und brutaler geführt. In der Ukraine bezeichnet man die bisher als Brudervolk geltenden Russen nun als „Okkupanten“, genau wie man einst die deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg nannte. Auch werden die Russen oft „Orks“ genannt, wie die unmenschlichen und plündernden Kreaturen in Tolkins Roman „Herr der Ringe“. Zudem haben manche Medien in der Ukraine begonnen, die Namen Putin und Russland nur noch mit kleinen Anfangsbuchstaben zu schreiben.
Aus Moskau wird gemeldet, dass es dort zu einer massenhaften Abkehr von den Russisch-Sprachkursen für Ausländer an der Universität gekommen sei. Abgemeldet hätten sich vor allem aus praktischen Gründen an der Sprache Interessierte wie österreichische Skilehrer, arabische Boutiquenbesitzer, ägyptische Hotelbetreiber und italienische Event-Manager. Doch die an russischer Literatur Interessierten blieben der Sprache und den Kursen treu. Klar, die Literatur steht über dem problematischen Alltag.
Mit den Begriffen Soziale Medien oder Soziale Netze für die Internetfirmen Facebook, Telegram, Twitter und dergleichen haben wir dem Adjektiv sozial den positiven Wert genommen, den es früher hatte, beispielsweise im sozialen Wohnungsbau. Ein neues Gesetz der EU versucht es nun mit einem neutralen Sammelbegriff für diese Internet-Konzerne: Digitale Dienste. Doch bleibe ich lieber bei der einzig passenden Bezeichnung. Digitale Plattformen. Denn platter als bei Facebook und Co. geht’s nicht.
Wird mir auf einmal direkt sympathisch: Die Regionalausgabe BILD Hamburg kritisierte jetzt, dass man im Hamburger Rathaus auf viele Hubs stoße. Das sei mal ein Logistik-Hub, mal ein Wissenschafts-Hub oder ein Kreativ-Hub. Gemeint sei immer ein Zentrum oder Knotenpunkt. Aber es werde ein englisches Wort statt dieser verständlichen deutschen Wörter benutzt, weil sich dort „Menschen wichtig machen oder zumindest banale Begriffe mit vermeintlicher Wichtigkeit aufladen wollen.“
Die Statistiker melden neue Zahlen für das Jahr 2021. Danach ist die Zahl der Eheschließungen in Deutschland stark zurückgegangen, die der Geburten aber stark gestiegen. Bei den Geburten überrascht besonders, dass so viele dritte Kinder auf die Welt kamen. Das bestätigt mich mit meinem 2021 erschienenen Buch „Der Dritte“. Ist schon was Besonderes, das dritte Kind – und dieses Buch:
https://www.netzine.de/library/walter-laufenberg/der-dritte-seine-praenatale-biografie-et-cetera-pp/ Und da ist er auch schon: Der Dritte betritt sein Arbeitszimmer.
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