Hohe Zeit – Der Roman eines Reiseleiters

Book Cover: Hohe Zeit - Der Roman eines Reiseleiters
Editionen:Hardcover: € 23,50 EUR
ISBN: 978-3-939321-76-7
Seiten: 501
Veröffentlicht:
Verlag: Salon Literatur Verlag
Genres:
Auszug:

Die Leseprobe:
Kapitel 61
(Plötzlich hatte ich zwei Hotelzimmer, eins in Lovran und eins in Opatija, weil das Unternehmen den Reiseleiter von Opatija abgezogen hatte. Die neue Gruppe dort war so klein, dass sie von mir mitbetreut werden sollte)
Doch schon bald musste ich als zweigeteilter Reiseleiter feststellen: Meine beiden Hotelzimmer bedeuten auch Bedrängnis, nicht nur die neue Große Freiheit. Zu der Erkenntnis brachten mich die beiden sehr hübschen Mädchen aus Münster, die zur Opatija-Gruppe gehörten. Sie sahen aus wie Zwillinge. Die gleichen Kindergesichtchen, langen hellblonden Haare und neckischen kleinen Brüstchen. Doch waren sie nur Freundinnen. Beide gerade erst 19 Jahre geworden und offenbar entschlossen, das bestandene Abitur und den Übertritt von der Klosterschule ins Leben auf der ersten Ferienreise ohne Eltern ausgiebig zu feiern.

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Ich hatte mit den beiden in Lovran einen schönen Abend in einem der letzten noch offenen Lokale erlebt. Bei Rotwein und Raznjizi war es sehr spät geworden, ehe die Frage aufkam: „Wie kommen wir jetzt ins Bett?“ Ihr Reiseleiter wusste darauf nicht gleich eine Antwort. Da rückte die eine noch enger an ihn heran, um ihn mit eifrigem Wimpernklimpern zu fragen:
„Du hast doch gesagt, du hast hier ein Zimmer mit Doppelbett, das du eigentlich nicht brauchst. Dann können wir doch da schlafen, oder?“
„Und wo sollte ich dann bleiben?“
„Du hast doch noch ein Zimmer in Opatija.“
„Aber der letzte Bus ist längst weg.“
„Eben, – deswegen können wir ja nicht mehr zurück zu unserem Hotelzimmer in Opatija und müssen hierbleiben.“
Die Logik dieser weiblichen Argumentation ist umwerfend, musste ich einsehen. Der mit den mehreren Zimmern muss denen helfen, die keins haben, koste es, was es wolle. Dabei verspürte ich aber nicht die geringste Lust, mitten in der Nacht die anderthalb Stunden Fußweg nach Opatija zu machen, und das allein. Meinen Vorschlag, zusammen mit ihnen zum dortigen Hotel zu gehen, lehnten sie einfach ab. Das sei unzumutbar, meinten sie. Wobei sie es mir überließen, mich zu fragen, was ihnen eine untragbare Zumutung schien: Der lange Weg oder meine Begleitung. Die Sache schien mir, je intensiver ich nach einer Lösung suchte, immer verzwickter zu werden. Dabei kam ich mir plötzlich schon alt vor, mit meinen 36 Jahren eindeutig zu alt für die Neunzehnjährigen. Warum habe ich mich überhaupt mit diesen Kindern eingelassen? Statt zweimal neunzehn wäre mir achtunddreißig lieber. Auch viel passender. Mit einer 38-Jährigen könnte man zu einer vernünftigen Einigung kommen. Aber mit den Kindern hier? Doch ich muss das Problem regeln, ich bin ja ihr Reiseleiter. In meinem Zimmer im „Hotel Primorka“, überlegte ich, steht doch nicht nur das breite Ehebett, sondern auch noch eine Couch. Ja, das ist der Weg aus der Zwickmühle.
In jugendbewegter Hilfsbereitschaft bot ich meinen beiden jungen Begleiterinnen an, ihnen in dieser Notsituation mein Doppelbett zu überlassen, während ich mich mit der Couch behelfen würde. Das fanden die beiden Mädchen einerseits sehr freundlich und nett von mir, andererseits aber zu gefährlich. Sie zierten sich, das sei doch nicht möglich. Das kam so überzeugend, dass ich ihnen hoch und heilig versicherte, sie absolut in Ruhe zu lassen. „Ich bin doch kein Wüstling“, beteuerte ich, „ich bin euer Reiseleiter und deshalb für euch verantwortlich. Ich habe darüber zu wachen, dass euch nichts passiert. In meinem Zimmer könnt ihr euch deshalb voll und ganz sicher fühlen. Verlasst euch darauf, dass ich …“
„Also, denn, gehen wir schlafen“, wurde ich von der einen in meinen Beteuerungen abrupt unterbrochen. „Ja, es wird Zeit“, bekräftigte die andere das.
So gingen wir zum Hotel „Primorka“, auf einmal wieder wunderbar einig. Und wir gingen zu dritt auf mein Zimmer, zogen uns im Dunkeln aus und krochen unter das Bettzeug. Der freundliche Reiseleiter lag auf der Couch unter den zwei kratzigen Zusatzdecken aus dem Schrank. Nicht nur deswegen hätte ich mich viel lieber zu den beiden Mädchen gelegt. Um wieder die innige Nähe zu spüren, wie auf dem Weg zum Hotel, als die Mädchen sich rechts und links an meinen Arm gehängt hatten, immer wieder furchtsam an mich gedrückt, wenn der Wind in den Büschen raschelte.
Aber jetzt zu ihnen ins Bett schleichen und … nein, das geht nicht! Ich habe ihnen versprochen, sie in Ruhe zu lassen. Ein Mann, ein Wort. Ich muss es mir versagen, die prekäre Situation, in die ich die Mädchen gebracht habe, auszunutzen. Das wäre, ja, das wäre doch fast so was wie ein Schurkenstreich. Zu so was muss ich mir zu schade sein. Reif werden, rein bleiben. Und die sind ja auch noch so jung. Und so zutraulich, wie sie sind. Deshalb sollen sie nicht gerade bei mir ihre erste Enttäuschung erleben. Mit solch hehren Gedanken schlief ich auf der Couch ein. Der reichlich genossene Rotwein half mir recht gut über die unbequeme Lage unter den kratzigen Decken hinweg.
Als ich am nächsten Morgen wach wurde, war es längst hell. Das erste, das ich sah, war: Die Beinahe-Zwillinge liefen im Zimmer umher und machten sich für den neuen Tag fertig. Und mich damit erst recht. Denn ich musste feststellen, dass sie recht putzige Babydolls an hatten. Die müssen sie also bei sich gehabt haben, durchfuhr mich ein schlimmer Gedanke. Schon eingepackt, als wir uns zum Baden und zum anschließenden gemütlichen Abend bei Wein und Gegrilltem verabredet hatten. In ihren Badebeuteln versteckt hatten sie ihr Nachtzeug und auch die Zahnbürsten, die sie jetzt in der Hand haben, ihre Zahncremetube und das Dings zum Hochbiegen der Wimpern. Alles dabei für den Fall der Fälle. Und diese Girls haben mir vorgemacht, nicht zu wissen, wo sie schlafen sollten.
Das machte den geprellten Reiseleiter sofort putzmunter. Ich sprang auf und präsentierte mich ihnen bei meiner Morgentoilette als ein Adonis in der Unterhose. In meiner Neid erregenden Sonnenbräune. Doch kriegte ich nur einen recht mürrischen Morgengruß zu hören. Zweifach und doch damit nicht besser. Sie müssten sich beeilen, zum Bus zu kommen, damit sie noch ein Frühstück bekämen, taten sie mich kurz ab, als ich ihnen vorschlug, auch diesen neuen Morgen gemeinsam zu zelebrieren.
So sehr mich ihre ablehnende Haltung ärgerte, ich konnte doch voller Stolz feststellen, dass ich ein Rückgrat hatte. Ja, und ob. Nämlich in doppeltem Sinne. Die Kreuzschmerzen schob ich auf die schrecklich durchgelegene Couch. „Ich hoffe, ihr beiden habt besser geschlafen“, gab ich mich halbwegs verbindlich. Doch die beiden Mädchen sagten nur kurz:
„Danke für die edle Hilfsbereitschaft.“
„Ja, danke.“
Damit waren sie auch schon auf und davon. Und ihr Reiseleiter stand da und schüttelte den Kopf. Über die Mädchen? Über sich selbst? Schließlich hatte ich meine Last damit, eine neue Erkenntnis in meinem Kopf in der richtigen Ecke abzulegen.

Kapitel 62
Nie, ganz sicher nie mehr werde ich so blöd sein, mich selbst beim Wort zu nehmen. Niemals mehr. Das nahm der Reiseleiter, der sich schon zu alt vorgekommen war für die jungen Dinger, sich nun fest vor. Mich nicht noch einmal so dumm anstellen. Endlich gescheit reagieren in Sachen Frau. Und überhaupt. Die Überlegenheit des erfahrenen Mannes zeigen. Das mir fest vorgenommen: immer überlegen. Und doch war ich schon zwei Tage später wieder der Dumme. Diesmal wurde ich auch noch von allen ausgelacht.
In Lovran sonnten sich die Leute meiner Gruppe gleich unterhalb der benachbarten Villa „Liana“ auf den Betonplatten zwischen den Klippen, von denen man ins Wasser steigen konnte. Faul in der Sonne liegend genossen sie die Oktoberwärme und das rhythmische Klatschen der Wellen. Ich mit dabei. Doch mich juckten meine Mückenstiche. Sechs Stiche zählte ich auf meinem Bauch, gleich über dem Gummi der Badehose.
„Verfluchtes Mückenzeug“, schimpfte ich lauthals, „euch hat der Teufel persönlich geschaffen!“ Das hätte ich besser gelassen. Es hätte mir einiges an Verlegenheit erspart. Denn mit meinem Schimpfen machte ich eine ältere Fahrtteilnehmerin, die zufällig neben mir auf ihrem Badetuch lag, auf meine Stiche aufmerksam. Die stemmte sich nun halb hoch, schielte zu meinen Stichen hinüber und prustete dann heftig lachend los:
„Das da? Das sind keine Mückenstiche. Mann, so schön in einer Reihe, so stechen die Mücken nicht.“
„Wie, was? Wenn das keine Mückenstiche sind, was soll das dann sein?“
Die Frau kriegte kaum noch Luft vor Lachen, bis sie ihren Reiseleiter endlich aufklärte: „So schön in einer Reihe, das schafft nur einer – ein Floh.“
„So ein Quatsch, ich und einen Floh haben.“
Doch versicherte die Frau mir, nun ernsthaft geworden: „Das kenne ich ganz genau. Das weiß ich aus meiner Zeit im Flüchtlingslager.“
„Ein Floh, ein Floh, unser Reiseleiter hat die Flöhe!“ So ging es unter den Sonnenbadenden sofort von Mund zu Mund. Was ein großes Gelächter gab.
Wie leicht du doch deiner Gruppe eine Freude machen kannst, du Dummkopf, knurrte ich mich selbst an. Na, wenn schon. Wie sagt man doch daheim: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Aber als ich sah, wie meine Leute prompt ihre Badetücher von meinem wegzogen und ein bisschen zur Seite rutschten, machte mir die Sache keinen Spaß mehr.
„Diese Bisse sind ganz frisch“, diagnostizierte die Kennerin nach einer genaueren Inspektion des immerhin schön flachen Reiseleiterbauchs den Schaden. „Das ist ein einzelner Floh, der sich auf einer Linie weiterbewegt hat. Deshalb die Stiche so hintereinander. Und der Floh muss noch in den Kleidern stecken. Oder in der Badehose.“
„Dann geh’ ich ins Wasser“, sprang ich auf.
„Das nützt nichts“, hielt mich die Flohkennerin zurück. „Das überlebt der Floh spielend. In so einem Fall gibt es nur eins: Man muss den Peiniger finden und ihn töten.“
„Danke. Wird gemacht“, damit nahm ich mein Badetuch und verließ den Strand. Den Peiniger würde ich schon finden, da war ich sehr zuversichtlich. Doch standen einer solchen Suchaktion noch meine Reiseleiterpflichten im Wege. Es war höchste Zeit für mich, das Büro des staatlichen Reiseveranstalters Kvarner-Express in Opatija aufzusuchen, wo ich die nächste Ausflugsfahrt festmachen musste. „Also erst einmal wieder hinein in meine Kledage und in den überfüllten Linienbus“, gab ich mir eine Dienstanweisung.
Und wie ich dann – nicht zum ersten Mal – so eingezwängt zwischen Unmengen schwitzender Einheimischer stand, wurde mir schlagartig klar, wieso es gar nicht so abwegig war, zu behaupten, der Reiseleiter habe einen Floh. Was sich in dem Bus zusammendrängte, das war das einfache Volk, das waren die armen Leute, die sich kein eigenes Auto leisten konnten oder ihrem Esel nicht so einen weiten Weg zumuten wollten. Das ist hier anders als bei uns, wo man die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, obwohl man einen Wagen hat, überlegte ich. Was mir aber nichts nützte. Meine Bemühungen, möglichst nicht auf Tuchfühlung zu kommen mit den anderen, die um mich herum standen, blieben vergeblich. Mein Floh könnte sich auf Verwandtenbesuch freuen, überlegte ich. Vielleicht holt er die ganze Familie nach. Oder aber er könnte umsteigen auf einen oder eine, die ihm besser schmeckt. Ja, es gab noch eine Hoffnung.
Es war bereits Abend, als der sich immer wieder mal am Bauch juckende Reiseleiter nach der Verabredung der nächsten Ausflugsfahrt endlich in seinem Hotelzimmer in Opatija allein war. Endlich mit meinem Floh allein, sagte ich mir. Wenn der Floh noch da war. Immerhin habe ich ihm einen ungemütlichen Spätnachmittag bereitet mit meinem ständigen Jucken hier und da und schließlich schon überall, trumpfte ich auf. Jetzt also die Zimmertür verriegeln und das Fenster schließen. So ein Quatsch. Als ob der Floh mir dann nicht mehr entfliehen könnte. Und alle Lampen an: Die beiden Nachttischlämpchen, die sehr helle Deckenleuchte und die überm Waschbecken auch noch. Und dann mitten in dem großen Zimmer stehend, Stück für Stück meine Sachen ausziehen und dabei alles genauestens untersuchen.
Das Hemd, schlecht etwas zu sehen auf dem Karo, aber vermutlich frei. Habe ich ja immer lose im Wind flattern lassen, also weg damit. In die Zimmerecke geworfen. Die Hose, noch schlechter zu untersuchen, aber zu weit weg von der Haut, also wohl ebenfalls flohfrei. Weg damit. Das Unterhemd – auf dem Weiß könnte ich den blinden Passagier nicht übersehen – aber erstaunlicherweise alles in Ordnung. Also ebenfalls weg. Blieb die Unterhose. Ich las: „Rein Mako Feinripp“, als ich sie hin und her drehte, um sie genauestens zu untersuchen. Dann plötzlich sah ich ihn, meinen Feind. Er war nicht größer als ein kleiner dunkler Punkt.
Schnell zustoßend wie ein Raubvogel nahm ich ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, hielt ihn triumphierend in der erhobenen Rechten und drückte die Fingerkuppen mit aller Kraft zusammen. Als ich dann die Finger auseinander tat, um den getöteten Feind zu betrachten, sah ich nur noch etwas Dunkles wegspringen. Da half kein Fluchen, nur noch Suchen. Splitternackt, wie ich nun war, kroch ich auf dem Parkettboden meines Zimmers umher und fahndete nach dem kleinen dunklen Punkt, der mir entsprungen war. Eine Verfolgung wie zu Zeiten der Urururmenschen, kam es mir in den Sinn. Die nackte Gier auf allen Vieren hinter der nackten Gewalt her, die wohl auf sechs Beinen auf der Flucht ist. Ein verdammt ungleicher Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner. Groß gegen Klein, lahm gegen spritzig. Vier gegen Sechs.
Und das Unwahrscheinliche geschah: Meine sehr guten Augen wurden dem Floh zum Verhängnis. Denn plötzlich sah ich ihn auf dem hellen Parkett vor mir, den dunklen Punkt. Wir beide hockten uns gegenüber wie Sumo-Kämpfer. Der eine wie überlebensgroß, der andere wie minimalisiert, so belauerten wir uns. Ich mit wilder Rachgier und Mordlust im Blick, der Floh vermutlich mit einem bieder zufriedenen Flohgesicht, weil es ihm gelungen war, noch einmal davonzukommen.
„Aber jetzt nicht mehr“, zischte ich ihn an. Damit ließ ich meine rechte geballte Faust wie einen Dampfhammer auf den Floh niedersausen, so vehement, dass ich selbst aufschrie vor Schmerz: „Oh, verflucht!“ Aber dieses Opfer musste ich bringen. Das war mir die Befreiung von diesem Blutsauger wert. Triumphierend hob ich die Faust. Da sah ich, wie mein Feind sich schon wieder mit einem hohen Hopser davonmachte.
„Oho, kaum zu glauben. Aber so entkommst du mir nicht“, schimpfte ich los, „und wenn du sieben Leben hättest.“ Noch einmal fiel die Faust wie ein Dampfhammer auf den Floh nieder. Aber hoch nahm ich sie danach nicht. Ich hielt sie auf den Boden gepresst, als sollte sie dort anwachsen. Und damit nicht genug, rieb ich meine Faust hin und her auf dem Parkett, bis es zu sehr schmerzte – und der Floh zu Staub zermahlen war.
„Ein großer Sieg, ein toller Erfolg“, jubelte ich. Doch irritierte mich gleich darauf, dass ich so gewalttätig sein konnte. „Walter, das hätte ich nicht von dir gedacht“, seufzte ich. „Aber man sagt ja, dass man erst auf Reisen sein wahres Ich zeigt. Ist das nun wirklich mein wahres Gesicht?“
Da fiel mir auf, dass ich in ein Selbstgespräch verfallen war. Wie albern. Nur weil ich so gewalttätig war? Doch ich handelte in Notwehr, widersprach ich mir wortlos. Dafür musstest du den Floh nicht gleich töten, du konntest ihn ja aus dem Fenster werfen. Also war das ein Notwehrexzess, fiel mir mein juristisch geschulter Verstand in den Rücken. Unsinn, gab ich zurück, Tiere sind nach unserer Rechtsordnung Sachen, dagegen gibt es überhaupt keine Notwehr. Also Sachbeschädigung, vorsätzliche. Aber bei dieser herrenlosen Sache, verteidigte ich mich, da durfte ich so handeln. War der Floh denn wirklich herrenlos? Fakt ist, es war das mein Floh. Ach, lass es, Walter, sagte ich mir schließlich. Der Fall ist zu kompliziert – und zum Glück ja auch erledigt. Die Akte Floh kann geschlossen werden. Ohnehin wird man den Floh in ihr niemals finden.

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Rezensionen:Die Presse schreibt:

Die Zeitung “Die Rheinpfalz” am 8. 2. 2019 über meine Lesung am 5. 2. 2019 in Limburgerhof:

Am 22. März 2017 im Mannheimer Morgen:

Der Verlag schreibt:

Wie kommt der brave Student aus der Kleinstadt an der Wupper dazu, in die renommiertesten Touristenorte Europas zu reisen und dabei eine Frau nach der anderen zu erobern? Ganz einfach weil er sein Studium selbst finanzieren muss. Dafür wird er Reiseleiter – und damit zu einem modernen Casanova. Dabei hofft er die Frau zu finden, die mehr als bloß zwei der vier Bedingungen erfüllt, die für ihn zur idealen Partnerin gehören. Eine tolle Testserie. Wobei nur zu oft die Frage offen bleibt, ob er die Schöne aus seiner Reisegruppe erobert hat oder nicht eher sie ihn.

Als Deutschland im Aufwind war. Wirtschaftswunder, und der Lockruf der Ferne. Turbulente Reisen eines jungen Mannes, der als Reiseleiter in den Fünfziger, Sechziger und Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts Gruppen, die hauptsächlich aus jungen Frauen bestehen, in fast alle europäischen Länder führt. Dabei bieten sich ihm ständig neue erotische Abenteuer. Zwar ist er einer, der nichts anbrennen lässt, doch wehrt er sich dagegen, ein bloßer Abräumer zu werden.

Eine authentische Schilderung vom Beginn des modernen Massentourismus, als es noch den Alpen-See-Express gab, als man mit der DC 4 oder der Caravelle flog und die Reisebusse das Gepäck auf dem Dach trugen. Damals hatten die Koffer noch keine Rädchen und die Reisenden keine Handys. Damit wird dieser amüsante Abenteuerroman zum Zeitdokument.

Prof. Dr. Martin Laun, Ludwigsburg 29. Mai 2020 schreibt:

Dein Buch „Hohe Zeit“ habe ich im April mit großem Vergnügen gelesen und
dabei zusätzlich auch viel über Dich und Deine Denkweise erfahren.

Prof. Dr. Theodor Ebert, Berlin 19. 5. 2020 schreibt:

Descartes‘ Strenge (in „Der Diskurs über die Methode“) hat mir imponiert. Solche selbstkritische Aufmerksamkeit wünsche ich mir von Autoren. Solche Bücher gibt es. Darunter zähle ich “Die Leiden des jungen Werthers” von Goethe und “Wunschloses Unglück” von Peter Handke und auch “Hohe Zeit” von Walter Laufenberg. Diese Reihe ließe sich fortsetzen, aber nicht endlos, denn aufrichtige Bücher sind selten …

Karl Schmid, Eppelheim 1. 10. 2018 schreibt:

Dein Buch “Hohe Zeit” muss Dir besonders am Herzen liegen, denn es ist ein von Dir selbst erlebter Tatsachenroman. Etwas zu seinen schriftstellerischen Qualitäten zu sagen, hieße “Eulen nach Athen tragen”! Du nimmst den Leser mit auf Deine Reisen, die letzten Endes zu Wegweisern für Deine Zukunft werden: Der angehende Jurist entdeckt sein wahres Interesse, die Soziologie. Gibt es hierfür ein besseres Praktikum als in der Verantwortung eines Reiseleiters mit immer wieder neuen Überraschungen konfrontiert zu werden? Hohe Zeit, dieses Buch zu lesen!

Prof. Dr. Theodor Ebert, Berlin 31. Juli 2018 schreibt:

Ich muss Ihnen einen anerkennenden Brief zu dem so verblüffend authentischen und wirklich mutigen Roman eines Reiseleiters schreiben.

Erika Neumann, Dossenheim 25. 7. 2018 schreibt:

Das hat den Urlaub in der Provence doppelt schön gemacht. Die vielen Stunden am Pool, die wurden mir nicht lang, weil ich die spannenden und nicht immer lustigen Abenteuer des ehemaligen Reiseleiters Walter Laufenberg gelesen habe, in seinem Buch „Hohe Zeit“. Eine köstliche Lektüre, die mir so viel gegeben hat. Wenn ich mir vorstelle, was ich gemacht hätte, wenn ich ihm in die Hände gefallen wäre, ich weiß nicht …

Doris Gsell-Urbanek, Triesen/Liechtenstein 13. Februar 2018 schreibt:

Nachdem ich “Hohe Zeit” gelesen und beendet habe, muss ich erstmal tief durchatmen. Eine geballte Ladung Leben kam auf mich zu, die mich in ihren Bann zog. Ich kann ja nur für mich sprechen und weiss nicht, was alle anderen Leser empfinden, aber durch die faszinierende Sprache und Erzählkunst nimmt der Autor einen mit in seine Jugendzeit, in das Ringen um Freiheit, Erfolg und auch Misserfolg im Kampf ums Erleben und Überleben. Das Buch gewährt Einblicke in das Seelen- und Liebesleben eines Reiseleiters, der wie in einem Schaufenster ausgestellt funktionieren muss. Mit einigen bedeutsamen Ausnahmen, die seiner Lebensfreude Flügel verleihen. Hin und wieder offenbaren diese Einblicke eine Welt der Lust, die das Besondere ausmacht in diesem Buch und die den Verleger im angehängten Interview zu seiner ersten Frage veranlasst hat.

Dr. Günter Fuhrken, Heidelberg 8. 2. 2018 schreibt:

Jetzt habe ich den Reiseleiterroman “Hohe Zeit” gelesen. Toll. Hat mir sehr gut gefallen. Und was einem dabei alles so einfällt!

Manfred Gräf, Ludwigshafen 15. Januar 2018 schreibt:

Ich habe das Buch “Hohe Zeit” nach hundert Seiten zugeklappt und beiseite gelegt, weil ich merkte, dass ich schrecklich neidisch wurde.

Rüdiger Teßmer, Edingen 25. Oktober 2017 schreibt:

Meine Frau sagte zu mir, nachdem sie das Buch “Hohe Zeit” gelesen hatte: Bei aller Freundschaft zu dem Autor, ich glaube fast, wir müssen doch ein wenig auf Distanz zu ihm gehen. Ist ja ein ganz Schlimmer.

Helmut Laux, Bad Schönborn 28. Mai 2017 schreibt:

Gestern Abend habe ich die letzten Zeilen Deines ganz besonderen Romans
“Hohe Zeit“ gelesen. Es hat mir großen Spaß gemacht, an den Abenteuern eines Reiseleiters Anteil nehmen zu dürfen. Ich finde Dein Buch humorvoll und selbstironisch, was nur dem echten Könner gelingt. Auch die Pointe mit den vertauschten Briefen am Ende war überraschend und zum Schmunzeln. Das Interview mit dem Verleger rundet die Geschichte wunderbar ab, weil es alle Zweifel, die auch dem (unbedarften) Leser kommen könnten, anspricht und diese von Dir ausgeräumt werden ;-)

Elfi Weber, Heiligkreuzsteinach 16. 2. 2017 schreibt:

Die “Hohe Zeit” ist nicht meine Lektüre. Ich habe es bis zur Seite 191 gebracht, aber dann aufgegeben. Ich bin von Dir eine andere Lektüre gewöhnt !!! Ich werde das Buch verschenken an eine Bekannte, die es bestimmt mit Freuden lesen wird.

Dr. Horst Landau, Düsseldorf 15. Februar 2017 schreibt:

Zu Ihrem Buch „Hohe Zeit“ in der Tradition des “Entwicklungsromans”, an dem vor allem eines besticht: die äußerst mutige Ehrlichkeit! Da spricht also ein Jurastudent, der es gelernt hat, präzise zu formulieren. Dann ein Doktorand der Soziologie, der jede Chance nutzt, Menschen genau zu beobachten – und dies auch bezüglich des eigenen Ich und seiner Motive! Ich habe noch nie ein Buch gelesen, in dem sich jemand so selbstverständlich als “Egoist” darstellt – obwohl ja jeder eigentlich wissen sollte, dass Egoismus DIE Triebfeder aller menschlichen Aktivitäten ist. – Beim Schreiben dieses Buches war es offenbar sehr nützlich, dass der Autor – schon bevor er wissen konnte, dass er einmal ein solcher sein würde – bereits neben seinem sehr fordernden Studenten-Job als Reiseleiter ein detailliertes Tagebuch führte. Was man gelegentlich, nicht störend, bemerkt, wenn etwa eine lyrisch enthusiasmierte Landschaftsbeschreibung die Selbstvergewisserung aus dem Abstand etwa eines halben Jahrhunderts unterbricht. – Als Mann interessieren einen natürlich besonders die erotischen Abenteuer – mit ihren Erfolgen und Fehlschlägen, die letztlich ein Spektrum dessen bilden, was ein junger Mann “in der Schule des Lebens” zu lernen hat, bevor er fähig wird zu einer wirklich reifen Partnerschaft mit einer Frau. Dazu gehört auch die Gefährdung in diesem ‘Nicht-Beruf’ (Reiseleiter), zum Zyniker zu werden, derer sich der Autor bewusst ist (oder erst im Nachhinein bewusst wird?). –
Ich wäre neugierig zu erfahren, wie Frauen dieses Buch lesen: wahrscheinlich wären sie streckenweise empört – und würden sich so der Chance begeben, ein bisschen mehr über die Motive von Männern allgemein zu erfahren. – Aber vielleicht irre ich mich, und Frauen wissen derlei instinktiv? – Es kommen ja auch zwei oder drei Frauen vor, die sich anscheinend durchaus des Risikos bewusst sind, sich mit einem so umschwärmten Mann einzulassen – und es dann trotzdem tun – oder eben auch nicht…

Prof. Dr. Hasso Spode, Historisches Archiv zum Tourismus (HAT) der TU Berlin, 14. 2. 2017 schreibt:

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Buch “Hohe Zeit“. Wir haben ja bereits Ihren Bestseller von 1969 “Welt hinter dem Horizont” (Econ-Verlag, Düsseldorf) im HAT-Bestand.

Libelle am 5. Februar 2017 bei amazon.de schreibt:

Es handelt sich um einen ziemlich offenen autobiografischen Roman, in dem der Autor unter seinem richtigen Namen auftritt. Zunächst wird er als ein noch sehr junger und naiver Provinzler gezeigt, der sich sein Studium selbst verdienen muss und deshalb die Chance ergreift, als Reiseleiter für zwei renommierte Reiseunternehmen zu arbeiten. Seine Aufgabe ist es, Reisegruppen, die vorwiegend aus jüngeren Frauen bestehen (darunter viele Lehrerinnen), in den typischen Reisezielen der deutschen Wirtschaftswunderzeit (Italien, damaliges Jugoslawien, Südtirol usw.) zu betreuen. Dabei werden vor allem gemeinsame Gruppen-Ausflüge gemacht und die Abende in geselliger Runde verbracht. Natürlich fällt er immer der nächsten Frau in die Finger. Das lässt ihn eine Liste mit den vier Eigenschaften aufstellen, die für ihn zur idealen Frau gehören. Auf dieser Liste werden seine „Eroberungen“ abgehakt. Das Buch enthält beeindruckende Schilderungen vom Aufbruch der Westdeutschen in den 50er, 60er und 70er Jahren in den modernen Massentourismus, mit viel Komik und mit echten Gefahren und kühnen Entscheidungen. Und die zahlreichen erotischen Erlebnisse werden nie peinlich, sondern stilistisch gekonnt und aus typisch männlicher Sicht (wie auch anders?) geschildert. All diese Erlebnisse machen aus dem braven Jungen einen schlauen Mann, so schlitzohrig, dass ich ihm gegönnt habe, dass und wie er schließlich scheitert. Es handelt sich also um einen Reise- und Liebesroman, flott geschrieben und – wie ich finde – fesselnd bis zur letzten Seite.

Der Autor im Interview: schreibt:

Nach der ersten Durchsicht des von Walter Laufenberg eingereichten umfangreichen Berichts über sein Leben als Reiseleiter in den Jahren 1958-1974 hielt Franz Westner, der Inhaber des Salon Literatur Verlags, der die meisten Laufenberg-Bücher in seinem Programm hat, es für angebracht, dem Autor einige grundsätzliche Fragen zu stellen, bevor er sich zur Veröffentlichung dieses brisanten Buches entschloss. Hier das Interview mit Walter Laufenberg:

Westner: Fürchten Sie nicht, mit diesem schonungslosen Outing Ihr Renommee als seriöser Schriftsteller zu verspielen?

Laufenberg: Nein, davor fürchte ich mich nicht. Erklärt dieses Buch doch gerade, wie ich mich als ein unordentlicher Mensch mit sehr unordentlichem Lebenslauf zu einem ordentlichen Status durchgekämpft habe.

Westner: Was war denn unordentlich an Ihnen?

Laufenberg: Der Wirrwarr meiner vielen Interessen und Tätigkeiten. Weil so vieles konträr zueinander stand.

Westner: Könnten Sie das etwas konkreter schildern?

Laufenberg: Das fing schon in meiner Kindheit als dritter Sohn in einer Eisenbahnerfamilie an. Ich habe immer alles anders gemacht als meine beiden älteren Brüder. Hatte ich doch aus so manchem Märchen gelernt, dass immer erst das dritte Kind Erfolg hat, und das nur, weil es alles anders macht als die beiden älteren Geschwister. Das hatte mich überzeugt, brachte mich aber auch auf Irrwege, weil meine beiden älteren Brüder manches besser machten als ich.

Westner: Zum Beispiel?

Laufenberg: Meine beiden Brüder hielten sich mehr ans Praktische und verdienten auf diese Weise früher Geld als ich, der ich mich festgelesen hatte an dem knappen Dutzend Büchern, die es bei uns zuhause gab. Darunter war eine dreibändige Schiller-Ausgabe, die mein ältester Bruder einmal geschenkt bekommen und nie gelesen hatte. Ich war 11 oder 12, als ich die Schiller-Dramen eines nach dem anderen verschlungen habe, natürlich ohne was davon zu verstehen.

Westner: Verständlich. Aber vielleicht haben Sie durch Schiller doch eine Art Prägung zum Schriftsteller erfahren.

Laufenberg: Das so zu sehen, ist mir auch recht. Schiller kann sich davon ja nicht mehr beleidigt fühlen. Ich weiß heute aber nur noch: An diesen Dramen hat mich die Promptheit der Antworten verwundert. Schillers Helden sagten immer ohne lange nachzudenken so treffend, was ich so schnell nicht hätte vorbringen können.

Westner: Nun ja, im Alter von 11 oder 12.

Laufenberg: Jedenfalls brachte diese Verwunderung mich schon zur Empfindung des Unterschieds von Literatur und Leben. Aber geprägt hat mich das wohl nicht. Ich bin ein Mensch, der Prägung generell nicht zulässt beziehungsweise abschüttelt.

Westner: Wie das?

Laufenberg: Als Junge jahrelang in den Händen der Katholischen Jugendbewegung, kam ich natürlich zu dem Berufswunsch Priester. Nur dafür habe ich als erster der Familie und der ganzen Verwandtschaft das Abitur gemacht. Doch habe ich dann eine ausführliche Darstellung der großen Weltreligionen gelesen, die mir zeigte, wie zufällig ich zu einer dieser Religionen gehöre und wie unberechtigt der Anspruch meiner Kirche ist, die allein seligmachende Variante der Religiosität zu vertreten. Damit war ich die Prägung durch die Jugendbewegung los, und ich trat aus der Kirche aus.

Westner: Das ist ein schönes Beispiel für abgeschüttelte Prägung. Gibt es weitere?

Laufenberg: O ja, es gibt weitere. Aber zunächst kam mein Einstieg in die Reiseleiterei. Das war, muss ich zugeben, der Sprung eines noch recht naiven, gut erzogenen Jungen in die ihm völlig fremde Welt des Lebensgenusses. Von einem Land ins andere zu kommen, viele Menschen, vor allem junge Frauen, kennen zu lernen und dafür noch Geld zu bekommen, das war für mich die ideale Beschäftigung. Aber immer Hahn im Korb zu sein, lässt einen nicht unberührt, vor allem, wenn die ‚Hühner’ im Vierzehn-Tage-Rhythmus wechseln. Ich versuchte, mich mit dem Schreiben, vor allem mit dem Beschreiben zu retten. Daraus entstand mein Buch „Welt hinter dem Horizont – Reisen in vier Jahrtausenden“, daneben veröffentlichte ich zum Thema Reisen auch etliche Artikel in Zeitungen und Zeitschriften sowie Hörfunkfeatures.

Westner: So entstand der Schriftsteller Walter Laufenberg.

Laufenberg: Nein, zunächst nur der Schreiber. Weil man damals nichts von Debütanten hielt, ich also auf dem literarischen Pfad nicht sofort Erfolg hatte, geriet ich natürlich auf die lukrativen und deshalb so verführerischen Nebenwege Werbung und Public Relations. Das brachte gutes Geld, aber ich wollte nicht in der Funktion des Lohnschreibers stecken bleiben. So habe ich irgendwann auch den Werbetexter abgeschüttelt.

Westner: Aber das Schreiben war damit nicht erledigt, oder?

Laufenberg: Im Gegenteil, das Schreiben wurde neben der Reiseleiterei und neben dem Studieren mein Hauptlebensinhalt. Weil ich so viele sehr unterschiedliche Menschen kennen lernte, beschäftigte mich immer stärker die Frage nach unseren eigentlichen Ambitionen. Dabei entdeckte ich den Egoismus als den eigentlichen Antrieb. Ich wurde ein bekennender Egoist und veröffentlichte das Buch „Ratgeber für Egoisten“.

Westner: Das war mutig.

Laufenberg: Das war schon fast ein Kamikazeflug. Meine literarischen Interessen führten mich dann auch noch zu den bewusstseinserweiternden Drogen, weil ich gelesen hatte, dass Autoren wie Baudelaire und Hesse mit Rauschgiften experimentiert hatten, um Anregungen zu kriegen. Schiller mit seinen faulenden Äpfeln in der Tischschublade war da für mich schnell nicht mehr attraktiv genug. Ich suchte den Kontakt zur Drogenszene und bekam ihn mehr als erwünscht. Daraus entstand mein Sachbuch über die Drogen „Der stille Aufstand“. Es schlug sich dieser Kontakt außerdem in Artikeln, Vorträgen und Funkfeatures zu dieser Thematik nieder, blieb aber nicht auf die Theorie beschränkt. Deswegen interessierte sich auch die Staatsanwaltschaft für mich, konnte mir aber nichts nachweisen.

Westner: Und Sie sind nicht drogenabhängig geworden, nehme ich an.

Laufenberg: Auch diese Beinahe-Prägung habe ich abgeschüttelt. Ich hatte nicht einmal Angst davor, abhängig zu werden. Ich wusste, ich bin ein viel zu rationaler Mensch, um in eine Abhängigkeit zu geraten – außer der von meinem Verleger.

Westner: Was ja wohl nicht die schlechteste Abhängigkeit ist. Aber was kam dann?

Laufenberg: In Berlin habe ich den Rechtsbeistand gemacht und mit allen Tricks eines Winkeladvokaten meinen Klienten zum Erfolg verholfen. Das wurde mir gedankt und gut bezahlt, stieß mir selbst aber so übel auf, dass ich das schöne Messingschild schon bald von der Hauswand genommen und meine kleine Praxis stillgelegt habe.

Westner: Also Einsicht statt Prägung.

Laufenberg: Dann habe ich mir auch noch in der Politik die Finger schmutzig gemacht. Ich habe für einige Ministerpräsidenten ganze Wahlkämpfe gestaltet und durchgeführt. So lernt man Politiker und die Interna des politischen Geschäfts kennen. Bei mir hatte das den Effekt, dass ich die Einladung der führenden drei Parteien, bei ihnen Mitglied zu werden, abgelehnt habe.

Westner: Sie wurden also kein Parteimitglied.

Laufenberg: Nein. Das wäre eine Festlegung auf anderer Leute Meinungen und Interessen gewesen. Sowas ist für mich unmöglich. Genauso was die Staatssicherheit der DDR mir zumutete, als sie versuchte, mich als Agenten anzuwerben. Da bin ich nicht eingestiegen, obwohl das sicher eine sehr anregende Tätigkeit gewesen wäre.

Westner: Stattdessen wurden Sie einer vom Fernsehen.

Laufenberg: Ja, wenn man schreiben kann, kommen die Verführungen gleich packenweise. Nicht nur der Texter und Konzeptionist macht den schnellen Dollar, auch der Drehbuchschreiber ist eine Verlockung. Ich kam zunächst zum aktuellen Fernsehen des Westdeutschen Rundfunks, als Reporter und Chef vom Dienst. Danach war ich kurze Zeit Reporter des Zweiten Deutschen Fernsehens im Landesstudio Düsseldorf. Dann arbeitete ich als Drehbuchautor und Regisseur für Allianzfilm in Berlin. Danach gründete ich zusammen mit einem Kameramann eine eigene Filmfirma. Wir drehten Dokumentarfilme und kleine Spielhandlungen und, weil das große Geld nicht rein kam, schließlich auch nach von mir geschriebenem Storyboard Pornofilme. Eine interessante Erfahrung, aber auch das Pornomilieu habe ich abgeschüttelt wie den Glauben an Märchen, wie den Priesterberuf, den Werbetexter, den Rechtsbeistand, die Politik und die Drogen.

Westner: Jetzt verstehe ich, was Sie mit unordentlichem Lebenslauf meinten.

Laufenberg: Dazu kam, dass der anfangs nur staunend durch die europäischen Länder streunende Reiseleiter sich immer intensiver mit den Frauen einließ und damit die nächste Unordnung in sein Leben brachte. Aber ich wollte mich von diesem neuen Leben weder zum Gigolo machen lassen, noch zum kaltschnäuzigen Frauenverbraucher. Was nicht einfach war und mir nur mit einigen Blessuren gelang, wie ja in meinem Reiseleiterbericht dargestellt ist.

Westner: Ich habe das umfangreiche Manuskript in einem Zug durchgelesen. Wahrhaftig ein faszinierendes Geständnis. Aber es wird nicht jedem gefallen, fürchte ich. Sie werden den Vorwurf zu hören kriegen, das Buch sei nicht nur spannend, es sei neben seinem unbestreitbaren Wert als kulturhistorisches Dokument auch sexistisch.

Laufenberg: Das ist mir nicht neu. Das hat man schon öfter von meinen Büchern gesagt. Aber Sex gehört nun einmal zum Leben. Wäre ja schlimm, wenn es anders wäre. Worauf ich aber immer größten Wert lege, das ist die besondere Ausdrucksweise. Sie muss bei mir stets so fein sein, dass das schöne Tun auch im Nacherleben schön bleibt. Damit bleibe ich mit dem Reiseleiter-Bericht, diesem so persönlichen Geständnis, auf der Linie, die meine Romane im Salon Literatur Verlag vorgegeben haben.

Westner: Ja, das stimmt, und dieser sorgfältige Umgang mit der Sprache hat mir auch immer besonders gefallen. Herr Laufenberg, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.



Der Autor Walter Laufenberg neben seinem Verleger Franz Westner auf der Leipziger Buchmesse im März 2017

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