963. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die Kirchen, denen die Gläubigen davonlaufen, wollen sich einen neuen Namen geben: Himmelsagenturen. Weil wir der Magie des Wortes Agentur verfallen sind. Die Überbewertung von Rating-Agenturen und Akkreditierungs-Agenturen, die modische Verwandlung der Bundesanstalt für Arbeit in die Bundesagentur für Arbeit, die Abschiebung der Lektoratsarbeit der Verlage auf die Schultern von Literaturagenturen, das alles nimmt der Bürger ohne Widerstand hin. Zeugnis eines geradezu kindlich naiven Glaubens an Agenten, weil diese Leute wenigstens handeln. Da ist einem egal, welche Interessen dahinter stehen.

Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern verschwinden die Bücher. Sendungen zur Literatur werden gekürzt oder ganz eingestellt. Eigentlich ein Glück, dass Funk und Fernsehen erst so spät entdecken, dass sie mit Buchtipps und Literaturdiskussionen ihre Konkurrenz unterstützt haben. Damit wird deutlich: Wir Bücherleser werden in der Zeit des allgemeinen Gequassels und der Bildchenguckerei sowie des rhythmischen Gewackels wieder zu dem besonders bewunderten Adel, von dem es vor 900 Jahren geheißen hatte: Ein ritter so geleret was daz er an den buochen las.

Dass unser Sprechen nicht immer der zwischenmenschlichen Kommunikation dient, ist bekannt, muss man sich aber hin und wieder klarmachen, um mehr Verständnis für seine Mitmenschen aufzubringen. Ein gutes Beispiel ist das laute Fluchen und Schimpfen. Das geht überhaupt nicht gegen Mitmenschen, wenn es sich auch so anhört, sondern ist so was wie eine Selbsttherapie. Wer wild losflucht und schimpft, aktiviert damit die Adrenalinausschüttung und das limbische System in seinem Körper. Was eine befreiende Wirkung hat und dazu führt, dass man in dem Moment mehr aushält. Was sich so schrecklich aggressiv anhört, ist also nur Überlebenstechnik.

Seit den 1980er Jahren lernen die Kinder in unseren Grundschulen wegen der umfassenden Präsenz der Druckschrift in ihrem Alltag in Bilderbüchern, auf Tastaturen, Bildschirmen oder Plakaten zuerst die Druckschrift mit den einzeln stehenden Buchstaben. Danach müssen sie aber auch noch die Schreibschrift mit den verbundenen Buchstaben lernen, weil sich daraus die persönliche Handschrift entwickeln soll. Ob diese Reihenfolge richtig ist, das ist genau so umstritten, wie das Ziel persönliche Handschrift. Doch sollen Studien bewiesen haben: Das Schreiben mit der Hand fördert die Gehirnleistung und schult das Gedächtnis. Brauchen wir ja dringend, um mit den Leistungen unserer Schulen im internationalen Wettbewerb wieder besser auszusehen.

Erschreckend, wenn ich beim Zeitungslesen mir klarmache, wie wir Menschen uns zu der hypertrophen Spezies von heute entwickelt haben. Vor sechs Millionen Jahren, als sich in der Gruppe der Primaten die Entwicklung von Mensch und Schimpanse trennte, galten für beide Arten noch die gleichen körperlichen Bedingungen. Sie hatten beide weniger als 500 Kubikzentimeter Hirnvolumen, und die Kiefer-Nase-Augen-Partie ihres Kopfes war fast doppelt so groß wie das Gehirn. Also: Erst kommt das Essen, dann die Kultur. Ein bisschen später, vor anderthalb Millionen Jahren, hatte der Homo erectus bereits annähernd 1.000 Kubikzentimeter Hirnvolumen, und die beiden Bereiche des Kopfes – Versorgung und Verstand – waren schon fast gleich groß. Dann aber kam vor rund 200.000 Jahren der Homo sapiens mit beinahe 1.500 Kubikzentimetern Hirnvolumen daher, was fast doppelt soviel ist wie die Kiefer-Nase-Augen-Partie. Damit hat er den Affen weit hinter sich gelassen, – zumindest was die Raumverteilung im Kopf betrifft. Jetzt scheint seine Lieblingsbeschäftigung zu sein, sich gegenseitig umzubringen.

Ich frage mich: Was sind das für Menschen, die sich einreden lassen, sie könnten mit dem Umstieg auf batteriebetriebene, also permanent Strom verschwendende e-Autos, e-Fahrräder, e-Zigaretten und so weiter, die Welt und ihre Gesundheit retten?                                    

Mein neuestes Buch, der historische Roman „Weinkumpane“ über das extrem ungleiche Paar Carl Philipp, Kurfürst bei Rhein, und seinen Intimus, Hofnarr Perkeo, ein Regionalkrimi, schildert das bis heute spürbare Drama in der Geschichte des Rhein-Neckar-Raums, nämlich die Flucht des Kurfürsten vor seinem eigenen Volk und die Verlegung seiner Residenz mit allem, was dazu gehörte, von Heidelberg nach Mannheim. Jetzt bei allen Buchhändlern und direkt beim Verlag. Siehe https://www.netzine.de/book/weinkumpane/?grid_referrer=4078     

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