Passiertes! – Passierte es?
Als in Deutschland noch lebenserfahrene Persönlichkeiten von Format die Politik machten, Leute wie Adenauer, Erhard, Brandt, Schmidt, Dahrendorf und Scheel, ging es aufwärts mit uns. Jetzt werden unsere Spitzenpolitiker für viel Steuergeld und mit viel Zeitaufwand von Spitzenfriseuren, Spitzenvisagisten, Spitzenmodeberatern, Spitzencoachs und Spitzenfotografen gemacht, ̶ ihre Politik ist danach.
Unsere Sprache Deutsch ist für Ausländer besonders knifflig, weil die Artikel so unsinnig verteilt sind. So kommen Sprüche zustande wie: DIE MACHT DER GEWOHNHEIT und DAS MACHT DIE GEWOHNHEIT. Beides richtig. Wirklich verwirrend. Da ist man überrascht, wenn es einmal anders zu sein scheint, so wenn man liest: Die Treue und der Seitensprung. Dann heißt es vorschnell: Ja, die Artikel passen.
Economy total. Die Bundesregierung meldet einige Erfolge mit Sammelabschiebungen per Flug in den Irak. So bezeichnet sie die zwangsweisen Transporte von jeweils fünf bis zehn unberechtigt eingereisten Personen mit einem dafür gecharterten Flugzeug. Das basiert auf dem Völkerrecht, wonach jeder Staat verpflichtet ist, seine eigenen Staatsbürger zurückzunehmen, wenn diese woanders über kein Aufenthaltsrecht verfügen. Das gilt auch, wenn es kein spezielles Migrations- oder Rückübernahmeabkommen gibt. Bei diesen Sonderflügen ist jedoch die Wahl zwischen economy oder business class aufgehoben.
Eine deutsche parlamentarische Staatssekretärin für Wirtschaft und Klimaschutz machte vorletzte Woche diese Aussage: „Selbst wenn eine deutsche Staatsbürgerin oder Staatsbürger des Lesens nicht mächtig sein sollte, hat er alle Möglichkeiten, auch in diesem Deutschen Bundestag zu sein, weil wir hier eben nicht darauf setzen, dass jemand irgendeine Art von Bildungsabschluss haben muss.“ Ja, wer so unfähig ist, einen grammatikalisch richtigen Satz zu bilden, ist absolut überzeugend.
In Berlin wird inzwischen in mehr als einem Drittel aller Familien nie oder nur selten Deutsch gesprochen. Das versuchen immer mehr Berliner, die sich für was Besseres halten, damit auszugleichen, dass sie fast nur noch Englisch sprechen. Ich habe zur Vorsicht einmal bei Wikipedia nachgeschlagen, in der deutschen Version, und dort erfahren: Berlin ist immer noch die Hauptstadt Deutschlands.
Nicht gleichzusetzen, aber doch als Ein-Mann-Zeitschrift ähnlich: Die Nr. 922, die diese Ausgabe des NETZINE trägt, erinnert mich an den verehrten Wiener Literaten und Sprachverteidiger Karl Kraus (1874-1936). Mit seiner literarischen Zeitschrift „Die Fackel“ hat er 922 Ausgaben lang gegen Sprachverfall und Schludrigkeit, Falschheit und Borniertheit angekämpft, bis er in der Dunkelheit durch einen Radfahrer zu Boden geworfen wurde, woran er einige Monate später starb. Deshalb heute mein Aufruf: Mehr Licht!
Als armer Zeitungs-, Internet- und Fernsehschlucker folge ich manchmal dem dringenden Bedürfnis, mal etwas tiefer einzusteigen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Dann lese ich am liebsten wieder in meinen letzten beiden Büchern: https://www.netzine.de/meine-buecher/ Wahre Leseerlebnisse. Und das werden nicht die letzten bleiben. Denn der Verleger hat mein nächstes Buch gerade in Druck gegeben, und wie immer sind die übernächsten schon in Arbeit.