896. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Jetzt bietet sich den Krimiautoren ein neues Themenfeld an: Forscher haben festgestellt, Babyschreie verraten, aus welchem Sprachraum die Mutter kommt. Schon länger bekannt ist: Deutsche Babys schreien „Mama“, wobei die Betonung auf der im Deutschen üblichen ersten Silbe liegt. Französische Babys dagegen schreien „maman“, mit der im Französischen üblichen Betonung des Wortendes. Jetzt weiß man, dass sogar schon die vorsprachlichen Lautäußerungen von Kleinstkindern in Frequenz, Melodie und Tonhöhe der Sprache der Mutter entsprechen. Die Muttersprache hinterlässt also schon früheste Spuren.

 

Avers und Revers: Rishi Sunak ist der erste Inder, der Britannien regiert. Das passt mir; denn damit gehört er auf die Vorderseite der Medaille, deren Rückseite Warren Hastings zeigen könnte, den wichtigsten Briten, der weite Teile Indiens regiert hat, und zwar vor 240 Jahren. Dieser Warren Hastings ist übrigens eine der zentralen Figuren des Romans, an dem ich seit anderthalb Jahren schreibe, schreibe, schreibe – mehr wird aber noch nicht verraten.

 

Unsere Energiepolitik ist so widersprüchlich, wie die Parteiprogramme einander widersprechen. Also kein Wunder, sondern ein unvermeidliches Übel der Demokratie. Dadurch kommt es zu gewaltigen Fehlinvestitionen, beispielsweise bei den Gasverbindungen mit Russland, und zu peinlichen Verspätungen, so bei den Stromtrassen in den Süden, den LNG-Anlegern und den Stromzapfsäulen sowie zu überteuerten Energieeinkäufen. Wofür es immer Erklärungen gibt und Alternativlösungen gesucht und gefunden werden. Nicht so bei dem forcierten massenhaften Umstieg der Radfahrer auf E-Bikes. Dieser „Fortschritt“ ist Stromvergeudung, Verkehrsgefährdung und Wegfall von Körperertüchtigung ohne jeden Vorteil als Ausgleich, außer in der Kasse der Fahrradhersteller und -händler.

 

Toll: „Smash“ wurde als das Jugendwort des Jahres 2022 entdeckt. Begründung: Weil es von Jugendlichen besonders häufig verwendet wird, und zwar für „mit jemand etwas anfangen“ und „jemand abschleppen“ und auch „mit jemand Sex haben“, daneben aber auch für „eine begehrte Person“ sowie für „ein romantisches Stelldichein“. Wenn man sich klar macht, dass das englische Wort „smash“  zudem soviel heißt wie „zerstören“ oder „Schlag“ und „Krach“ sowie „Unfall“, kriegt das Wort eine ganz neue Qualität. Es wird durch die Vielfalt der Bedeutungen zum Ausdruck von Sprachlosigkeit. Weil dieser ä-betonte Luftstoß beliebig verwendbar wird. Genau so gut könnte man einfach „mäh“ sagen für alles, was einem gefällt und missfällt.

 

Jetzt haben wir erstmals eine Zeitumstellung erlebt, die fast ganz ohne Proteste in der Öffentlichkeit ablief, schon fast gewohnheitsmäßig. Das  liegt daran, dass man sich international ziemlich einig ist in der Einstellung: Diese Zeitumstellungen bringen kaum Energieeinsparungen, also weg damit! Doch hat sich daraus das neue Problem ergeben, dass dann manche Länder die Sommerzeit ganzjährig einführen wollen, andere die Winterzeit. Und keiner von den führenden Politikern entschließt sich dazu, die Lösung dieses Problems zu seinem Thema zu machen, weil dahinter keine direkt betroffene Bevölkerungsgruppe steht, damit also keine Unterstützung für ihn bei der nächsten Wahl zu erwarten ist. 

 

In diesem Frühjahr hat uns das Deutsche Institut für Normung (DIN) ein neues Buchstabieralphabet serviert. Mit Städtenamen statt der bisher üblichen Vornamen, also Aachen statt Anton. Man hatte erkannt, dass Vornamen anders als Städtenamen dem wechselnden Zeitgeist unterworfen sind, auch politisch, was in der Nazi-Zeit zur Verbannung aller jüdischen Vornamen von der Liste geführt hatte. Die Deutsche Bahn hat genau den umgekehrten Weg beschritten, als sie die an ihren silbrig blinkenden Fernzügen prangenden Namen von Berühmtheiten der deutschen Kultur durch Namen von berühmten deutschen Städten ersetzte. Ein Schildbürgerstreich, der weniger routinierte Reisende, vor allem auch ausländische, dazu verführt, in den falschen Zug zu steigen.  

 

Die älteste Buchhandlung Berlins, die Nicolaische, hatte mich eingeladen, mein neues Buch „Goethe und Tschechow – Kühler Kopf und warmes Herz“ (https://www.netzine.de/library/) in ihren Räumen öffentlich vorzustellen. Offenbar passte der Inhaberin meine kritisch-sachliche Einstellung zu dem Großdichter Goethe. Hatte doch schon Friedrich Nicolai, der Sohn des Gründers der Buchhandlung, eine Parodie auf Goethes Bestseller „Die Leiden des jungen Werthers“ veröffentlicht, über die sich Goethe maßlos geärgert hat. Hier die von der Buchhandlung gemachte Aufzeichnung meines Auftritts: https://www.youtube.com/watch?v=pVrtHte4Rt4

 

 

 

 

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