861. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

 

Wir werden von Rassisten zu Rassisten gemacht. Denn genau besehen macht sich gerade der Zeitgenosse, der verschämt vom „Z-Wort“ spricht, damit der Ausgrenzung dieser Bevölkerungsgruppe und ihrer Diffamierung schuldig. Tatsache ist: Zigeuner standen in Deutschland bisher für positive Begriffe, nämlich Zigeunermusik, Zigeunergeige, Zigeunerbaron und Zigeunersoße. Alexandras Song „Zigeunerjunge, Zigeunerjunge, wo bist du, wo sind deine Lieder?“ war ebenso nur positiv. Bloß die Nazis haben den Begriff Zigeuner abwertend benutzt. Warum sollen wir uns diesen Faschisten und Rassisten anschließen?

 

Erschreckend: Nicht einmal die Hälfte der Deutschen, nämlich nur noch 45 %, so hat das Demoskopie-Institut Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ermittelt, hat das Gefühl, man könne in Deutschland seine politische Meinung frei sagen. Das ist der niedrigste Wert, seit das Institut im Jahre 1953 das erste Mal danach gefragt hat. Als Themen, bei denen man besonders vorsichtig sein muss, wurden der Islam genannt sowie Patriotismus und Gleichberechtigung der Frau.

 

Bekanntlich fordern die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Gebührenerhöhung, damit sie ihren Auftrag zur Informationsgrundversorgung erfüllen können. Dazu folgende Meldung: Bei den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur 2021 wurden neben dem Ingeborg-Bachmann-Preis in Höhe von 25.000 Euro noch weitere vier Preise vergeben. Darunter der Deutschlandfunk-Preis in Höhe von 12.500 Euro. Viel bescheidener die 3 weiteren Preise: 3sat-Preis (von ZDF, ORF, SRG + ARD) 7.500 Euro; Kärntner-Elektrizitäts-AG 10.000 Euro; BKS-Bank 7.500 Euro. Dass der Deutschlandfunk als Podium für Autoren und Kritiker dient, entspricht durchaus seinem Auftrag zur Grundversorgung. Aber dass er selbst einen derart großzügigen Literaturpreis vergibt, bezahlt aus den Rundfunkgebühren, ist zumindest problematisch. Handelt es sich bei dem Preisgeld doch um unsere Zwangsabgabe, die der Sender zu seiner Prestigesteigerung nutzt. Wozu sonst werden Kulturpreise ausgeschrieben?

 

Wer sich in Deutschland als Wissenschaftler hervortun möchte, kettet möglichst viele englische Sprachbrocken aneinander. Kauderwelsch als Tarnung der geistigen Leere. Dabei ist unbestritten, dass die total abgeschliffene englische Sprache für eine wissenschaftlich genaue Ausdrucksweise völlig ungeeignet ist, vor allem wegen ihrer Armut an Deklinations- und Konjunktionsmöglichkeiten und wegen des beinahe totalen Fehlens von Artikeln bei einer geradezu inflationären Mehrdeutigkeit der Wörter. Und unbestritten ist auch, dass die bedeutendsten Denkleistungen der Menschheit in klassischem Griechisch und Arabisch und später in Französisch und Deutsch vollbracht und niedergeschrieben wurden. Deshalb die Frage an unsere Professoren und Doktoren: Was soll das scheinakademische Gequatsche in Denglisch?

 

Durch die Blume gesagt: Es gibt mir zu denken, wie unterschiedlich attraktiv das Blühen in der Pflanzenwelt sich zeigt. Manche Blüte ist nur für eine bestimmte Art von Bestäuber geeignet, andere Blüten sind da freigebiger. Klar, dass Mutter Natur uns damit einen Hinweis geben will: Ein Spezialistentum ist total abhängig vom Vorhandensein der entsprechenden Spezialaufgabe und umgekehrt, Generalisten dagegen haben stets bessere Chancen, im Geben wie im Nehmen.

 

Die modernen Gesellschaften sind in zwei Teile zerfallen. Die Leute, die schreiben und lesen können, und das wenigstens halbwegs sicher, kommunizieren per E-Mail. Der illiterate Großteil der Bevölkerung dagegen sowie die Kinder und die zu bequemen Alten behelfen sich mit dem Telefon. Das kann sehr lästig werden. Aber richtig schlimm wird es demnächst, wenn der Computer die individuelle Spracherkennung so gut schafft, dass jeder sein Mikrofongeplapper als schön gedrucktes Geschreibsel auf seine Mitmenschen loslassen kann. Erst dann werden wir wissen, was das Wort Umweltverschmutzung wirklich meint.

 

Der versonnene Blick auf den Rhein kann die Menschenkenntnis fördern. Weil die Frachtkähne, die volle Ladung tragen, so unauffällig dahingleiten, kaum aus dem Wasser guckend. Dagegen die leeren, die kommen so imponierend groß daher und sind so schnell, weil ihnen das Wasser weniger Widerstand bietet.

 

Zuviel Theater ums Theater. Die Alten Griechen ließen ihre Dramen von Akteuren aufführen, die Masken vor den Gesichtern trugen, um ihre Rollen glaubhaft werden zu lassen, weil sie dahinter nicht als die Darsteller erkennbar waren. Wir Heutigen glauben, wenn wir unsere Schauspieler agieren sehen, sie seien die, deren Rollen sie übernommen haben, ihre Worte und Gesten seien ihre eigenen. So blöd war kein Zuschauer im antiken Griechenland.

 

Wer heute trotz aller Probleme was vom Leben haben will, mehr als Krimi- Nervenkitzel, Fußball und Musikberieselung, der liest Bücher. Meine Bücher existieren jenseits des Gemauschels im Literaturmarkt. Sie werden immer mehr gekauft und von immer mehr Menschen  gelesen – und sie begeistern, wie mir von allen Seiten mitgeteilt wird. So erst vorletzte Woche im Mannheimer Morgen zu meinem letzten Buch: „Der Dritte“ ist ein ungewöhnlicher Familienroman, augenzwinkernd, ironisch und heiter, dennoch anspruchsvoll, weit mehr als pure Vergangenheitsbewältigung (www.netzine.de/library).        

 

 

 

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.