841. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Der Unfug mit den Gendersternchen erzeugt immer neue Probleme: Die Katholische Studierende Jugend schreibt neuerdings Gott*, womit sie Gott aus der geschlechtlichen Ebene herausheben will, weil Gott keinem Geschlecht angehört. Genau andersherum war das Gendersternchen für die Autoren der Wahlunterlagen zur Kommunalwahl vom 13. September 2020 in NRW das Mittel, geschlechtliche Vielfalt zu betonen. Das hat jetzt einen Dortmunder veranlasst, Beschwerde bei der Stadt und dem Innenministerium einzulegen, weil die Wahlunterlagen nach gesetzlicher Vorschrift auf Deutsch verfasst sein müssen, Gendersternchen aber nicht den amtlichen Regeln der deutschen Sprache entsprechen, womit klar ist, dass die Kommunalwahl nicht rechtmäßig durchgeführt wurde.  

 

Eine Wunschreise ausfallen lassen? Halb so schlimm. Ohnehin ist ein Urlaub im Hotel inzwischen belanglos, weil in jedem Zimmer ein Fernseher steht, zu dem sich die Gäste gleich nach dem Abendessen zurückziehen. Also nichts mehr mit interessanten Gesprächen oder Geselligkeit in der Hotelbar oder der Kneipe nebenan. Etwas besser noch auf den Kreuzfahrtschiffen, die kein volles Fernsehprogramm boten. Da waren die Bars gut besucht, und da sprach man noch miteinander. Aber jetzt liegen die Schiffe ja fast alle auf Wartestation. 

 

Inzwischen sind wir darüber aufgeklärt, dass wir beim Sprechen und erst recht beim Singen oder Niesen und Husten eine dicke Wolke von feinsten Tröpfchen Speichel mit Viren und Bazillen aller Art auswerfen, dem Gegenüber ins Gesicht und auf alle Gegenstände in unseren Händen oder auf dem Tisch. Deshalb das Masken- und Abstandsgebot. Wissenschaftler haben das unvermeidliche Streuphänomen genauer untersucht und jetzt festgestellt, dass eine Sprache mit vielen Konsonanten viel gefährlicher ist als eine mit weniger von diesen rausgehauchten oder auch explosiv gesprochenen Lauten. Ihre Folgerung aus dieser Erkenntnis: Nur ja kein Englisch sprechen! Lieber auf Japanisch ausweichen!

 

Das deutsche Wort Kindergarten ist ein extrem erfolgreiches Wort. Es hat sich als Fremdwort ins Englische, Französische, Spanische und Japanische eingenistet. Dabei ändert sich das, was es bezeichnet, in erschreckendem Tempo. Inzwischen spricht schon jedes fünfte Kind in den deutschen Kindergärten kein Deutsch, und auch bei ihm zuhause wird kein Deutsch gesprochen.

 

Seit eh und je stöhnen die Menschen über die ihnen abgepressten Steuern. Jetzt bedrängen Politiker und Journalisten uns, doch gefälligst darüber zu stöhnen, dass der Staat weniger Steuern einnimmt. Da ist es Zeit für den Aufruf: Stöhnverweigerer aller Bundesländer, vereinigt euch!

 

Man verbitte sich jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten. So energisch abweisend reagieren Staatsführer in Ost und West, Nord und Süd auf Kritik, die sie von Außenstehenden zu hören kriegen. Dabei gibt es keine inneren Angelegenheiten von Staaten mehr, seitdem alles, was in einem Staat passiert, durch die weltweite Verflechtung von Wirtschaft, Kultur und Klima unvermeidlich auch viele andere Staaten betrifft. Durch die totale Interdependenz haben auch die Maßnahmen, die früher innere Angelegenheit eines Staates waren, längst den Charakter von Weltpolitik angenommen, die deshalb entsprechende Reaktionen von Außenstehenden verlangen.

 

Berlin ist immer einen Seufzer wert. Möchte man sagen, wenn man erfährt, dass in den Berliner Schulen schon den Jüngsten eine Geschlechtsumwandlung schmackhaft gemacht wird oder dass Radwege auf ihre mehrfache Breite gebracht werden und dann sofort die Luft verlieren, wie alte Fahrradschläuche. Offenbar ist zeitlos gültig, was der österreichische Operettenkomponist Franz von Suppè zur Berlin-Hymne gemacht hat: „Du bist verrückt, mein Kind, du musst nach Berlin. Wo die Verrückten sind, da jehörste hin.“

 

Arthur Schopenhauer schrieb: „Glauben und Wissen verhalten sich wie die zwei Schalen einer Waage – in dem Maße, wie die eine steigt, sinkt die andere.“ Bei aller Verehrung, lieber Arthur, aber das Bild ist nicht gut gewählt. Du willst sagen, dass die Schale, die mit mehr Wissen beladen wird, die Schale des Glaubens leichter werden und dadurch steigen lässt. Schön wär’s, doch wissen wir inzwischen, dass alles Wissen nur Geglaubtes ist, weil es bloß solange als Wissen gilt, wie es noch nicht durch neue Erkenntnisse widerlegt ist. Ich glaube, wir müssen uns allmählich von dem allzu bequemen Alternativdenken verabschieden. Nur weiß ich nicht, was dann kommen sollte. Vielleicht die Fuzzi-Logik? Dazu mehr im LLL unter www.netzine.de/fuzzilogik/.

 

Als Autor von historischen Romanen wird man mit mehr als bloß der alltäglichen Wirklichkeit konfrontiert. Das verändert die Sehweise. Deshalb hat mich die Corona-Pandemie kaum überrascht. Denn für das Buch „Die Sünderin. Wien 1683“ über die Belagerung von Wien durch die Türken hatte ich mich intensiv mit der Pest beschäftigen müssen. Die hatte kurz vorher – 1679/80 – Wien heimgesucht und etwa ein Fünftel der Bevölkerung dahingerafft. Und in dem Buch „Die Berechnung des Glücks“ musste ich die Cholera-Epidemie schildern, die meine Hauptperson Hermann Heinrich Gossen im Jahre 1831 als Student in Berlin erlebt und glücklich überlebt hatte, obwohl sie in Preußen noch gut vierzig Jahre wütete. Doch in diesen beiden Büchern, in dem Wiener Barock-Roman wie in dem Berliner Biedermeier-Roman, sind die verheerenden Seuchen nur schreckliche Episoden geblieben, von den spannenden historischen Ereignissen, die geschildert werden, in den Hintergrund verdrängt. Wenn das für uns heute nicht tröstlich ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

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