833. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Nicht nur in den USA bewirken Gewaltausbrüche wütender Bürger, die sich an ignoranter Staatsgewalt entzündet haben, dass sich die Regierenden nur noch halten können, indem sie mit der Nationalgarde und anderem Militär gegen die eigene Bevölkerung vorgehen. Also Bürger gegen Bürger. Deshalb kann man allen autoritären Regierungen, falls sie einen Bürgerkrieg vermeiden wollen, nur empfehlen, sich rechtzeitig um den nächsten Schritt zur Sicherung ihrer Macht zu kümmern, nämlich um den Aufbau einer Söldnerarmee oder Fremdenlegion.

 

Das Laufenberg NETzine, das seit Jahrzehnten in Mannheim erscheint und sich immer besonders für die deutsche Sprache einsetzt, ist stolz darauf, dass die Stadt Mannheim, in der schon das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache und die Duden-Institute ihren Sitz haben, demnächst noch deutlicher zum Zentrum der deutschen Sprache ausgebaut wird: In Mannheim entsteht jetzt das Forum Deutsche Sprache, das Sprachentwicklung auch in Ausstellungen deutlich machen wird. 

 

Jetzt gab die Karriereplattform Xing bekannt, sie werde ihre Nutzer künftig nur noch mit Du ansprechen. Und prompt gab es starken Gegenwind. Sehr viele Nutzer verbaten sich das Du, so erfahre ich aus der Zeitung, leider aber nicht, warum. Deshalb muss ich selbst die Begründung für die Ablehnung der Duzerei nachliefern: Zum Duzen gehört der Vorname, wie der Familienname zum Siezen gehört. Da aber sehr viel weniger Menschen denselben Familiennamen tragen als denselben Vornamen, kann man als Einzelner sich besser mit dem Familiennamen hervortun als mit dem Vornamen. Und was sonst ist die Karriereplanung als ein Hervortun? Dass man den Top-Internet-Managern noch das Kleine Einmaleins beibringen muss, – erbärmlich.  

 

Venus und Wein, das zu haben sei das vollkommene Glück, sollte man meinen. Doch wie ich am Fenster sitze und verzückt den Nachthimmel betrachte, muss ich es hinnehmen, dass die Venus mir davonläuft und sich hinter der großen Kastanie versteckt. Da wird die Rotweinflasche viel zu schnell leer.

 

Von meinem Schreibtisch aus habe ich den rechtsrheinischen Uferweg bei Stromkilometer 423 im Blick, auf dem vor gut 200 Jahren der Freiherr von Drais mit seiner Laufmaschine hin und her gesaust ist. Er übte damit die Fortbewegung auf zwei Rädern, die in einer Linie hintereinander stehen, statt wie üblich nebeneinander. Eine Wahnsinnsidee. Heute sehe ich den Uferweg und die Straße davor voller Fahrräder und dazwischen Leute mit Inline Skates und Kleinkinder auf ihren Laufrädern. Und sie alle haben sowenig eine Vorstellung von dem eigensinnig eifrigen Begründer ihrer Bewegungslust, wie der von diesen Nachfolgermassen hatte.

 

Der Ausgang des Zweiten Weltkriegs hat der Welt ein neues Kolonialismus-Phänomen beschert. Denn seit diesem Zeitpunkt ist Deutschland eine Kolonie der angelsächsischen Staaten, und das vor allem in sprachlicher Hinsicht. Die Engländer und Amerikaner amüsieren sich beispielsweise darüber, dass wir von unseren Fernsehverantwortlichen nicht zum Abstandhalten aufgefordert werden, sondern zum social distancing, dass wir nichts von Einschränkungen hören, sondern vom shutdown, nichts von Lockerungen, sondern vom lockdown, und nur immer vom homeoffice statt vom Heimbüro. Die uns Deutschen anerzogene Untertänigkeit nennen die Angelsachsen German linguistic submissiveness – und sie wissen sie zu nutzen. Mit der Vorherrschaft ihrer Muttersprache in jeder Verhandlung und allen wissenschaftlichen Darstellungen machen sie Deutschland, eine der großen Kulturnationen, zum brauchbaren Kolonialvolk auf Eingeborenenniveau.

 

Auszubildende in Deutschland sind nur begrenzt in der Lage, sich schriftlich zusammenhängend, fehlerfrei und verständlich auszudrücken. So das Ergebnis einer kleinen Umfrage des Vereins Deutsche Sprache unter mittelständischen Unternehmern. Niederschmetternd, dabei gilt das nicht nur für die Auszubildenden, wie ein Blick auf das Geschreibsel aller Generationen in Facebook zeigt.

 

Ist uns das wirklich was Neues? Da hat das Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin 150 Meinungsumfragen aus den Jahren 2009 bis 2013 in ihrer Wirkung auf die Äußerungen der Bundesregierung untersucht und festgestellt: Die Kommunikation der Bundesregierung pflegt sich der öffentlichen Meinung anzupassen. Denn: Sobald das Bundespresseamt das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage an das Bundeskabinett und die Bundeskanzlerin weitergeleitet hatte, änderte sich die Rhetorik der Bundesregierung. Es änderten sich dabei allerdings nicht nur die Themen ihrer Reden, sondern auch die inhaltliche Position zu diesen Themen. Fazit: Unsere Regierenden halten in ihren Äußerungen das für richtig, was die Mehrheit der Leute meint. Demokratie ist halt die Herrschaft der Mehrheit, die ungebildet ist. Zum Glück gibt es aber auch noch ein Handeln der Regierenden, das nicht mit ihren Reden übereinstimmt.

 

Wenn es auch noch nicht wieder ans große Kofferpacken geht, kann man das Reisen doch schon bewusstseinsmäßig genießen. Mit den frappierend ehrlichen Erlebnisberichten eines Reiseleiters in: „Hohe Zeit“. Dieses von der ersten bis zur vorletzten Seite authentische Buch über den Aufbruch der Nachkriegsdeutschen in den modernen Massentourismus gehört bereits zu den Standardwerken der Touristikforschung. Unter www.netzine.de/library/ ausführlich dargestellt mit Presse- und Leser-Urteilen und zwei Probekapiteln. Zweifellos eins der drei stärksten Büchern, die ich geschrieben habe. Wer es nicht liest, hat schon vorher was gegen mich.

 

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