830. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Der italienische Kulturminister hat es ausgesprochen: Auch Bücher sind Lebensmittel. Deshalb wurden in Italien schon vor einer Woche die Buchhandlungen wieder geöffnet. Bei uns in Deutschland hat man etwas später, aber noch gerade rechtzeitig vor dem 23. April, der als Welttag des Buches gilt, verstanden: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.

 

Leute gibt es, die sind sich sicher, dass die grünen Marsmännchen jetzt von ihrer Einsatzzentrale den Befehl erhalten haben: Momentan alle Erdkontakte vermeiden oder mindestens zwei Meter Abstand halten!

 

Bei uns sind die Zeitungen voll von dem neuen Lieblingswort „Homeoffice“. Dabei meinen wir überhaupt nicht das, was die Engländer „Home Office“ nennen, nämlich das Innenministerium. Wir meinen doch nur das heimische Arbeiten, das man in England und Amerika mit „from home“ umschreibt oder mit „remote working“. Aber dämliche Anglizismen-Süchtige haben uns die nächste Blamage eingebracht, nachdem sie schon die Dummheiten Handy, Oldtimer, Talkmaster, Beamer und Public Viewing kreiert haben. 

 

Die Zeitungsschlagzeile, auf die nicht nur alle Hobbyköche sehnsüchtig warten: Das Koch-Institut von Robert in Berlin gibt Entwarnung: Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

 

Der Spielfilm hatte sich schon früh auf eine Normallänge von rund 90 Minuten eingespielt. Das nannte man abendfüllendes Programm, in Hollywood: full-length. Tatsächlich ging man dereinst nach dem Kinobesuch zufrieden nachhause, hatte man doch noch tagelang über das Leinwandgeschehen nachzudenken. Heute bringen die Fernsehanstalten gern gleich zwei Folgen von je 90 Minuten Länge hintereinander, und für den nächsten Tag wird schon in Schnellschnitt-Vorschau der Viereinhalb-Stunden-Genuss von drei Kriminalfilmen nacheinander empfohlen. Dabei ist es mit dem Spielfilm genauso wie mit den so genannten geistigen Getränken: Die haben ebenfalls nichts mehr mit geistig zu tun, wenn man davon zu viel hintereinander schluckt.

 

Im Wirtschaftsteil der Zeitung steht, dass immer weniger Betriebe bereit seien, selbst Lehrlinge auszubilden. Ich vermute, das hängt mit einer anderen Meldung zusammen: Deutsche Unternehmer weisen immer mal wieder  ̶  und immer vergebens  ̶  auf die von Jahr zu Jahr wachsenden Mängel bei den Sprachfähigkeiten der Auszubildenden hin. Gerade noch ein Drittel der jungen Menschen, die neu in die Unternehmen kommen, verfügt über eine ausreichende Rechtschreibung, so dass in den Betrieben das in der Grundschule versäumte Lernen nachgeholt werden muss, wozu eigentlich im Arbeitsalltag keine Zeit ist. Die Unternehmer fordern deshalb eine stärkere Berücksichtigung von Rechtschreibung und Grammatik im Deutschunterricht der Schulen und eine stärkere Gewichtung der schriftlichen Leistungen der Schüler in der Notengebung. Die massiven Unterrichtsausfälle der Corona-Zeit werden da sicher für Änderungen sorgen.

 

Das Landgericht Essen hat jetzt in einem Urteil festgestellt, dass der Verkäufer eines Produkts rechtswidrig handelt, wenn er bei einem Produkt nicht eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache mitliefert. Das lässt hoffen. Wenn man auch weiß, dass Japaner oder Amerikaner es schon fertiggebracht haben, Gebrauchsanweisungen zu schreiben, die zwar aus lauter deutschen Wörtern bestanden, die jedoch so verquer miteinander in Bezug gebracht waren, dass sie keinerlei Sinn ergaben.

 

Warum gibt es Ihre Bücher, die in einer so fein ziselierten Sprache daherkommen, und in denen in seltener Perfektion jedes Wort nach seinen Nebengeräuschen und Nebendüften ausgewählt wurde, warum gibt es gerade diese Bücher nicht in Übersetzungen“, fragte mich ein Reporter. „Eben deshalb nicht“, musste ich da in aller Bescheidenheit zugeben.

 

Nicht erschrecken, wenn jetzt „Social Distancing“ propagiert wird. Das ist wieder bloß ein Missverständnis. Gemeint ist „Physical Distancing“, also räumlichen Abstand halten, um Ansteckung zu vermeiden. Doch diese Körper-Distanz führt dazu, dass wir umso mehr „Social Nearness“ brauchen. Deshalb habe ich jetzt mein Sachbuch über das Ich aktualisiert und ergänzt als e-Book erscheinen lassen: „Ich ist top“. Denn erst wer sich auf sein Ich konzentriert, und das konsequent, wird wirklich zum Sozialwesen. Dazu ist allerdings ein aufmerksames Lesen und auch Mitdenken notwendig. Aber das lohnt sich: www.netzine.de/library/walter-laufenberg/ich-ist-top/  

 

 

 

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