826. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

 

Die gefährlichen Zehn. In der Zeitung eine Tabelle der nach Umsatz größten Waffenhersteller der Welt. Auf den Plätzen 1 bis 5 US-Firmen, dann kommt ein britisches Unternehmen. Deutschland kommt mit der deutsch-französischen Airbus-Gruppe auf Platz 7, vor jeweils einem Unternehmen aus Italien, Russland und Frankreich auf den Plätzen 8, 9 und 10. Dass die Amerikaner an der Spitze sind, wundert mich nicht, aber dass Russland auf Platz 9 ist und China in der Spitzengruppe überhaupt nicht vorkommt, kann ich nicht glauben. Ganz abgesehen davon, dass der Umsatz bei Waffengeschäften das unwichtigste Kriterium ist, weil es vor allem um neuartige und überlegene Waffentechnik geht. 

 

Dichter und Bauer, das sagt sich so leicht. Ist ja das Gespann, das sein Volk ernährt, geistig und körperlich. Obwohl die beiden darüber hinaus gemeinsam haben, dass sie auch Mist produzieren, sind wir in Deutschland so dreist, einen deutlichen Unterschied zu machen: Der Bauer erhält 46 % seines Einkommens durch Direktzahlungen und Zuschüsse aller Art, der Dichter 0 %. Da ist es kein Wunder, dass wir kulturell verarmen, aber das wird ja durch Importe amerikanischer Machwerke ausgeglichen.

 

Was die Kollegen von der Presse alles über die Heuschreckenplage in Ostafrika und die dort wegen der vernichteten Ernte drohende Hungerkatastrophe zu schreiben und zu sagen wussten, war einfach toll. Aber ich fand keinen Hinweis darauf, dass die gefräßigen Tiere selbst eine wertvolle Nahrung darstellen, weil sie bekanntlich besonders eiweißreich sind und schon lange als Delikatessen auf den Speisekarten feiner Restaurants stehen. Niemand zieht den Vergleich mit unseren Haustieren, die uns als Vorverarbeiter von Pflanzen, die für uns wenig Nährwert haben, Nahrhaftes in konzentrierter Form bieten. Aber wo die Chemiekonzerne Chancen für den lukrativen Massenabsatz von Gift wittern, ist natürlich kein Gedanke an organisiertes Einsammeln, Verarbeiten und Verzehren von nahrhaften Kleintieren angebracht.

 

Das Wohnhaus des früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Rhöndorf am Rhein hält als Museum die Erinnerung an den Mann aufrecht, der das Nachkriegsdeutschland wieder zu Geltung und Wohlstand gebracht hat. Ein Bücherstapel wartet auf Käufer, die 40 Euro für das Zweihundert-Seiten-Buch „Die Orden und Ehrenzeichen Konrad Adenauers“ ausgeben. Mehr als fünfzig farbige Abbildungen und ausführliche Erläuterungen zu den Ehrungen wie zu den Ehrenden aus vielen Ländern auf Deutsch und Englisch, alles auf schwerem Kunstdruckpapier. Ein Freund von mir hat das prächtige Buch zum Ramschpreis von 5 % kaufen können. Sic transit gloria mundi. Also: Wer sich für derartige Kulturdenkmäler erwärmt, nichts wie hin!

 

Ich erfahre, dass im Jahr 1920 noch 45 von 100 international relevanten naturwissenschaftlichen Publikationen auf Deutsch geschrieben waren, während es 2005 nur 2 von 100 waren. Ursächlich für diesen Abstieg soll die Einstellung von Hochschulleitungen sein, die zwar für Mehrsprachigkeit und Internationalisierung sind, darunter aber schlicht mehr Englisch verstehen. Dabei ist die formenreiche deutsche Sprache für korrekte wissenschaftliche Darstellungen unbestritten weit besser geeignet als das abgeschliffene Englisch. Und es gibt sogar einen Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache e.V., aber was kann so ein Verein ausrichten, wenn unsere Politiker über dem permanenten Pöstchenschacher für Ernsthaftes keinen Kopf haben.   

 

Der Verein Deutsche Sprache schafft es mühelos, in ein und demselben Informations-Rundschreiben aufzuklären über „Weniger Gehalt für Dialekt-Sprecher“ und „Sachsen fördert sorbische Sprache“.

 

Leben wir wirklich im Zeitalter der Kommunikation? Was für Sensationen waren Radio und Telefon für unsere Ahnen. Nun ja, da stehen wir drüber. Heute bekommen wir alle Augenblicke neue und immer mehr Kommunikationsmittel geboten, nach denen wir begeistert schnappen. Und wir geben uns so kommunikativ wie noch nie. Dabei bemerken wir nicht, dass unser Leben immer kontaktärmer wird. Durch das modisch gewordene Du wissen wir neue Bekannte nicht mehr wiederzufinden, weil wir ihren Nachnamen nicht kennen. Die e-Mail-Adressen stehen in keinem Telefonbuch, die Handy-Nummern auch nicht. Die Medien werden je mehr, desto fragwürdiger in ihrem angeblichen Informationsauftrag. Und was unsere Mitmenschen an Texten und Bildern über uns ausschütten, das ist ein Wust aus schlecht ausgedrückten Meinungen und raffinierten Täuschungen, der uns zum Abschalten zwingt.

 

In eigener Sache: Ich werde am Samstag, dem 7. März, in Berlin aus meinem Buch „Karibik ohne Kannibalen“ lesen. Eine öffentliche Veranstaltung, Eintritt frei. Ort: Berlin-Rudow, TUI-ReiseCenter, Alt-Rudow 25. Zeit: pünktlich 15 Uhr. Sehen wir uns?
Eilmeldung: Die Lesung ist abgesagt wegen Corona-Virus-Gefahr.

 

Hier das Wort zum Aschermittwoch: An diesem Tag sollen wir ja daran denken, dass wir nur Staub sind und wieder zum Staub zurückkehren werden. Das ist exakt das Gegenteil von dem, was uns tagtäglich bewegt: Ich bin der Wichtigste. Was für jeden von uns gilt, gilt auch für Massenmörder, die uns mit scheinbar unsinnigen Taten schockieren. Je eindrucksvoller das Entsetzen der Offiziellen, je ausführlicher die Berichterstattung und je herzergreifender alle Reaktionen, umso größer der Triumph des Verbrechers. Das weiß der nächste Nachahmer, und das stärkt ihn in dem Entschluss, sich ebenfalls zu einer Berühmtheit zu machen. Herostratos zeugt immer wieder neue Kinder, wenn wir unsere Einstellung zum Ich nicht ändern. Für die Deutung der aktuellen Verbrechen aus Ruhmsucht kam mein Buch „Ich ist top“ ein paar Tage zu spät auf den Markt. Aber jetzt ist es da, supergünstig als Kindle-eBook für nur 9,99 €. Alle Infos unter https://www.netzine.de/library/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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