809. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

In immer mehr Ländern entwickeln sich Massenproteste gegen die Staatsführung. Doch haben die Bürger meistens keine Chance, sich gegen die aus dem Steueraufkommen optimal ausgerüsteten Geheimdienste und Polizeikräfte durchzusetzen. Deshalb verlassen sie in Massen ihre Heimat. Das lässt das Weltflüchtlingsproblem ständig größer werden. Was an die zynische Lösung des Problems erinnert, die der Dichter Bertold Brecht angeboten hat: „Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ 

 

Wer immer noch glaubt, aus einer deutschen Behörde könne man ein sinnvoll arbeitendes Privatunternehmen machen, braucht sich nur anzuhören, womit die Deutsche Post die jetzt in Kraft getretene mehr als zehnprozentige Preiserhöhung für Briefe begründet: Weil die Briefmenge sinkt. Zum Glück kommen die Brauereien nicht auf die Idee, genauso auf den sinkenden Bierabsatz zu reagieren.

 

Bei uns hat die Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten im letzten Jahr zugenommen, lese ich. Einerseits können wir zahlenden Bürger zufrieden feststellen, dass es dabei nicht um eine Zunahme von reinen Versorgungsstellen geht, wie in manchen Nachbarländern üblich. Andererseits muss doch nachdenklich machen, welche beiden Berufsgruppen bei uns zugenommen haben: Kindergärtnerinnen und Polizisten. Das heißt, wir Deutschen brauchen dringend noch mehr Erzieher und noch mehr Beschützer.

 

Die SPD will es den Grünen nachmachen: Eine Doppelspitze (m/w) soll die weitere Erosion der Partei verhindern. Dabei hat man noch nicht bemerkt, dass man damit recht altbacken aussieht. Mein kostenloser Rat: Wer up to date sein will, muss es mit einer Dreifachspitze (m/w/d) versuchen, obwohl das die Personalsuche noch etwas schwieriger machen könnte.  

 

Jetzt hat Bundesinnenminister Seehofer den Verfassungsschutzbericht 2018 mit den neuesten Extremistenzahlen vorgestellt, die sich bei allen drei Gruppen leicht erhöht haben, nämlich auf 24.100 Rechtsextremisten, 26.560 Islamisten und 32.000 Linksextremisten. Insgesamt leben jetzt also schon 82.660 Extremisten unter uns. Das sind ziemlich exakt 0,1 % der Bevölkerung Deutschlands. Jetzt warte ich nur darauf, dass der Minister mit Hinweis darauf, dass die Gesamtzahl der Menschen in Deutschland trotz niedriger Geburtenrate deutlich wächst und schon die 83 Millionen überstiegen hat, den Trost verbreitet: Prozentual bleiben die Extremisten in einem marginalen Bereich.

 

Vorige Woche hatte ich meine Frau gefragt, welches Buch sie mitnimmt, wenn ich sie auf den Mond schieße. Und schon standen wir vor dem Problem, dass in Lyrik-Sammlungen der Mond zwar besungen wird, es aber keine Mond-Informationen oder Einstimmungen gibt. Und andere Literatur? Wir überlegen und überlegen immer noch, natürlich gemeinsam. Was aber den Abschuss verzögert. Und das ist auch gut so, finden wir jetzt. 

 

Die Firma Bose hat Sonnenbrillen auf den Markt gebracht, in deren nur leicht verdickte Bügel Lautsprecher unsichtbar eingebaut sind. Das soll ein für andere nicht mithörbares Musik- oder Telefonerlebnis steigern. Sind die Bose-Konstrukteure damit vielleicht schon auf dem Weg zu den immer noch fehlenden Hörgeräten, die unsichtbar in Brillenbügeln untergebracht werden? Der Markt dafür wäre vorhanden, und mit den starken Kernprodukten des Unternehmens, den Lautsprechern, sorgt man ja für den wachsenden Bedarf an solchen Hörgeräten.  

 

Faszinierend, wie sich mit den veränderten Lebensverhältnissen auch unsere Sprache ändert. Beispielsweise das Wort Eisblumen ist einfach weggeschmolzen, zum Ausgleich ist uns das Wort Windklau zugeflogen. Damit ist die Schmälerung der Energieausbeute einer Windenergieanlage gemeint, der man eine andere Windenenergieanlage in den Nacken gesetzt hat, ohne den nötigen Abstand zu wahren.  

 

Von 2002 bis 2014 gab es den „Autorenkreis Historischer Roman Quo Vadis“, einen lockeren Bund von über 100 professionellen Schreibern historischer Romane, in dem auch ich aktiv war. Er zerbrach an der Streitfrage, ob man E-Literatur mache oder U-Literatur. Nur weil man nicht wahrgenommen hatte, dass die überkommene Zweiteilung in Ernst-Literatur und Unterhaltungs-Literatur in der Literaturwissenschaft bereits überwunden war, da Unterhaltung ein ernstzunehmendes Bedürfnis des Menschen ist und durch besondere Inhalte und deren Gestaltung auch niveauvoll geboten werden kann. Seit dieser Anhebung des Begriffs Unterhaltung gilt in der Literaturwissenschaft die Dreiheit von Hochliteratur, Unterhaltungsliteratur und Trivialliteratur. In der ersten Kategorie wenden sich Verlage, die was für ihr Renommee tun wollen,  vor allem an die Berufsrezensenten, die über Zeitungen und Zeitschriften sowie Literaturpreise für den Verkauf sorgen. In der dritten Kategorie bedienen Verlage einfach nur die Bedürfnisse und vorgefassten Meinungen der breiten Masse, vor allem mit Krimis, und schaffen so Verkaufserfolge. In der zweiten Kategorie nehmen vor allem unabhängige, kleinere Verlage durch sprachliche Ambition, Information und Sinnvermittlung eine wichtige Mittelstellung ein, was zwar keine hohen Umsätze garantiert, doch den Lesern eindeutig am meisten bringt. Ein typisches Produkt dieser mittleren Kategorie ist mein im vorigen Jahr erschienener Roman „Die Sünderin. Wien 1683“.

 

 

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