793. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die weitgehende Lahmlegung des Verkehrs in Frankreich am Samstag, dem 17. November 2018, durch die Gelbwesten (gilets jaunes, wegen der Uniformierung mit den gelben Sicherheitswesten der Autofahrer) wird in die politologische Fachliteratur eingehen. Weil erstmals gezeigt wurde, dass die traditionellen Vertreter von Volkswünschen, die Parteien und Gewerkschaften, denen es immer in erster Linie um ihre Ideologie und ihre Machterhaltung geht, überflüssig sind. Zur Teilnahme an den Aktionen, die sich auch an bekannten Tipps des Widerstands ohne Waffen orientierten, war ausschließlich in den sozialen Medien aufgerufen worden. Egal, was diese kleine Machtergreifung der kleinen Leute ihnen einbringt, jedenfalls hat sie die Herrschaftsform Demokratie nachhaltig verändert. Denn diese Form der politischen Mitbestimmung wird Nachahmer finden.  

 

Die große Feierei – Friede, Freude, Eierkuchen – zum Hundertjährigen der Beendigung des 1. Weltkriegs, mit dem Treffen der Staatschefs von 70 an diesem Krieg beteiligten Ländern in Paris, sie trug ihre Halbwahrheit schon in der Bezeichnung. Denn wenn etwas 1. Weltkrieg genannt wird, ist das schon ein Hinweis auf einen folgenden 2. Weltkrieg. Und so war es auch im tatsächlichen Geschehen. Die Beendigung des 1. Weltkriegs setzte so unvernünftig harte Bedingungen für Deutschland, dass es einem Demagogen leicht gemacht wurde, den 2. Weltkrieg zu beginnen.

 

Je mehr unsere Medien mich mit dem Konkurrenzgetue der amerikanischen Parteien Demokraten und Republikaner belästigen, umso mehr wird mir die Blödsinnigkeit der Namen dieser Parteien klar. Sind doch die Mitglieder beider Parteien zweifellos Demokraten, denn sie alle wollen am Prinzip Demokratie festhalten. Und sämtliche Mitglieder beider Parteien sind auch Republikaner, denn das ist die Staatsform, zu der sie alle stehen. Die Parteinamen zeigen also keine Gegensätze. Die beiden Parteien sollten sich Gaspedal und Bremse nennen. Das ist wenigstens ein Gegensatzpaar. Und es entspricht der Wirklichkeit, in der stets die eine Partei als Bremse wirkt, wenn die andere Partei Gas gibt. Nur welche gerade dies tut und welche das, wechselt hin und wieder.

 

Jetzt gibt es bei uns Milliarden zur Förderung der Künstlichen Intelligenz. Deren Kern ist die selbstlernende Software. Das ist das automatische Sich-Belehren und Lernen von Maschinen, das sich, einmal angestoßen, unaufhaltsam fortsetzt und immer höher aufschwingt. Damit werden diese Maschinen sehr bald der menschlichen Intelligenz so weit voraus sein, dass sie uns beherrschen. Die Förderung der K.I. bestätigt also nicht nur die Beschränktheit menschlicher Intelligenz, sie ist auch schon der Anfang unserer Selbstentsorgung.

 

Immer wieder in den Zeitungen: Jugendliche, die wegen eines angesagten Kleidungsstücks, das sie unbedingt haben mussten, kriminell wurden. Im Mittelalter gab es in vielen Ländern Europas eine Fülle von strengen Kleidervorschriften, die verhindern sollten, dass jemand mehr scheint als er ist oder sich mit übertriebenem Aufwand ruiniert. Nicht nur zur Unterscheidung von unverheirateten und verheirateten Frauen musste die Mode dienen, daneben waren bestimmte Materialien und Farben sowie die Machart der Kleidung und mancher Zierrat bestimmten Berufen oder den höheren und obersten Ständen vorbehalten. Karl der Große setzte sogar den Stoffverbrauch für Rock und Hose des Bauern fest. Zugegeben, das alles war im Alltag beinahe so praktisch wie eine Uniformierung. Und wenn man bedenkt, dass heute das Auto so was wie unser Überzieher ist, müssen wir feststellen: Wir leben tatsächlich in einer klassenlosen Gesellschaft. Kann doch jeder so großartig vorfahren, wie er will. Das Auto gehört ja meistens nicht dem, der es fährt, sondern einem Kreditinstitut. 

 

Wir Wähler haben wieder Wahlkämpfe erlebt und erlitten, haben brav unser Kreuzchen gemacht und das Gerangel der Politiker um die besten Pöstchen bestaunt. Jetzt wird uns die Rechnung präsentiert: Die in den letzten Jahren unmäßig gewachsenen Steuereinnahmen werden nicht dazu genutzt, die uns drückende Steuerlast ein wenig zu beschneiden. Nein, das zuviel eingenommene Geld braucht man für die Ausstattung und Bezahlung von noch mehr Abgeordneten in den längst viel zu groß gewordenen Parlamenten und für die Besetzung einiger tausend neuer, meist hochrangiger Posten in den Ministerien. – Es ist ein Kreuz mit dem Kreuzchenmachen.

 

Wenn der Pass nicht mehr passt. Der Holländer Emile Ratelband hat bei einem Gericht in Arnheim Klage auf Änderung seines Geburtsdatums erhoben. Er hält den Alterswechsel für einen berechtigten Anspruch, weil man inzwischen nicht nur den Namen, die Haar- und Augenfarbe, sondern sogar sein Geschlecht wechseln kann. Recht hat er, wechselt doch heutzutage per Gebietsaufteilung auch mancher Geburtsort. Das Gericht soll feststellen, dass er nicht 69 Jahre alt ist, sondern erst 49, weil er sich entsprechend fühlt und weil sein biologisches Alter von Ärzten auf 45 Jahre geschätzt wurde. Was nicht so absurd ist, wie es klingt. Passt doch das biologische Alter, das mit Hilfe bestimmter Tests ziemlich exakt ermittelt werden kann, bei vielen weit besser als das Alter, das aus dem Pass hervorgeht.

 

Was definiert den Einzelnen überhaupt noch? Streng genommen hat in einer Gesellschaft, in der alle Menschen gleiche Rechte haben, die Angabe des Geschlechts genauso nichts zu suchen wie die Angabe der Staatsangehörigkeit, des Wohnorts, der Ethnie, der Muttersprache, der Religion und des Alters. Alles genauso zufällig wie die Hautfarbe sowie die Haar- und Augenfarbe. Als wesentliche Unterscheidungsmerkmale bleiben uns neben der Iris, die noch in der Experimentierphase steckt, gerade noch der Fingerabdruck und der Name, wobei entgegen der heute aus Dummheit propagierten Mode des Duzens mit Vornamen der Familienname ausschlaggebend ist.

 

Was ganz Anderes: Wer sich immer noch nicht das Glücks- oder Schock-Erlebnis gegönnt hat, meinen Reiseleiterroman „Hohe Zeit“ zu lesen, der sollte sich einmal ansehen, was darüber hier im Netzine unter www.netzine.de/library/ steht, ehe er sich das Buch zu Weihnachten wünscht.

 

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.