777. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Nach dem Attentat in Münster wieder in der gesamten Journaille die Frage nach dem Motiv des Attentäters und das Rätseln, ob es sich um einen erweiterten Selbstmord handelt oder um eine Amokfahrt. Und das übliche Ausweichen auf die Feststellung psychischer Probleme. Welcher Selbstmörder hat die nicht? Aber ich frage mich: Hat denn noch niemand von Herostratos gehört? Von diesem jungen Griechen, der im Jahre 356 v.u.Z. den Tempel der Artemis in Ephesos in Brand gesteckt hat, um berühmt zu werden. Wir brauchten bloß ein generelles gesetzliches Verbot, Bild und Name von Verbrechern zu veröffentlichen, und schon würden uns zumindest alle herostratischen Großtaten erspart bleiben, weil dann der Anreiz dazu fehlt.

 

Deutschland ein Leseland? Dass seit Jahren immer weniger Bücher gekauft und gelesen werden, beklagen die Bücherverleger. Dass es Jahr für Jahr immer mehr Zeitschriften auf dem deutschen Markt gibt, bejubeln die Zeitschriftenverleger. Und aufgeschlossene Zeitgenossen zucken die Schulter: Der Tag hat ja nur 24 Stunden.

 

Ferienarbeit für Lehrer. Bis zu den Sommerferien soll ein Rechtschreib-Leitfaden des baden-württembergischen Kultusministeriums vorliegen, mit dem die Lehrer des Landes Nachhilfestunden in Rechtschreibung bekommen. Weil man bemerkt hat, dass die haarsträubend miserable Rechtschreibkompetenz der Schüler und der Erwachsenen, die sich in E-Mails und den sozialen Medien zeigt, von der Rechtschreibunsicherheit der Lehrer herrührt. Dabei kann sich doch jeder die kostenlosen Bemerkungen über unsere alltäglichen Schreibfehler ausdrucken und an die Wand pinnen, die seit Jahren im Netzine geboten werden: In der Rubrik Vermischtes unter „Extra-Service für Schreiber“.

 

Im Deutschen Bundestag ist der Antrag der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Fraktionen mit höhnischen Kommentaren abgeschmettert worden, ins Grundgesetz die Feststellung aufzunehmen: Die Landessprache ist Deutsch. Dabei hatte der Antragsteller mit dem Hinweis auf CDU- und SPD-Prominenz argumentiert, die sich bereits sehr deutlich dafür ausgesprochen hat. Das heißt, unser Parlament hat dieselbe feinfühlige Hinterhältigkeit, wie ein altes Ehepaar, bei dem beide Partner wissen, wie sie dem anderen am wirksamsten Schmerz zufügen können.

 

Politiker haben uns vorgemacht, wie man mit Plagiaten in der Doktorarbeit sich dreist und unrechtmäßig ein höheres Ansehen verschafft. Inzwischen machen Krethi und Plethi es ihnen in den sozialen Medien eifrig nach, wo sie genauso dreist und unrechtmäßig mit fremden Texten, Bildern und Musiken großtun, ohne den Urheber und die Quelle zu nennen.

 

Dem Handwerk fehlt der Nachwuchs, lese ich in der Zeitung. Nicht zuletzt, weil 25,8 % der Lehrlinge im Jahre 2016 ihre Ausbildung vorzeitig abgebrochen haben. Schlecht, aber immer noch weniger schlimm als die 29 % der Studenten, die ihr Studium an den deutschen Hochschulen abbrechen. Das zeigt, die jahrelange einseitige Propagierung des Studiums hat zu einem doppelten Desaster geführt. Unglaublich. Haben wir doch in dem Musterbildungsland Deutschland sowohl ein von den Unternehmern wie auch ein von den Gewerkschaften und ein vom Bundesarbeitsministerium unterhaltenes Forschungsinstitut, die sich alle drei mit den Entwicklungen und Erfordernissen des Arbeitsmarkts beschäftigen sollen.

 

Vor fünfzig Jahren feierte man den triumphalen Erfolg mit der Concorde, dem ersten überschallschnellen Verkehrsflugzeug. Schon bald darauf sah man in diesem Flieger eine Sackgassenentwicklung, vergleichbar dem Mammut in der Natur. Doch jetzt baut man in den USA im Auftrag der NASA einen Nachfolger. Als ob es für die Technik keine Sackgassen gäbe.

 

Sprachvergewaltigung. Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeitern nicht ohne weiteres Englisch als neue Betriebssprache vorschreiben. Zwar hat die Geschäftsführung generell das Direktionsrecht über die Sprache im Unternehmen, ein plötzlicher Wechsel in eine andere Sprache ist aber nur zulässig, wenn dies schon im Arbeitsvertrag steht. Falls der Arbeitsvertrag nichts dergleichen hergibt, kann der Arbeitgeber dennoch den Sprachwechsel vorschreiben, muss dann aber entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen.

 

Mein neuestes Buch ist jetzt auf dem Markt: „Die Sünderin. Wien 1683“. Dazu schreibt der Verlag: „Wie bei dem Autor Walter Laufenberg üblich, dient die Historie zur Spiegelung der aktuellen Verhältnisse: Der Zusammenprall von muslimischer und christlicher Welt, damals wie heute nicht bloß ein ‚Clash of Civilizations’, sondern die Zerreißprobe für zwei absolut gegensätzliche und in der Praxis schon stark abgenutzte Moralsysteme.“

 

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