776. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Nach jahrelangem Rückgang der Zahl der Hungernden auf der Welt ist für das Jahr 2017 erstmals wieder ein Anstieg um elf Millionen festgestellt worden. In 51 Ländern hungern 124 Millionen Menschen, vor allem wegen Krieg, Klimawandel, ungebremstem Bevölkerungswachstum, Handelsbarrieren und korrupten Politikern.

In meiner Tageszeitung erschien die Ankündigung der Katastrophe von morgen nur als eine kleine Randnotiz: Nach Ermittlungen einer amerikanischen Denkfabrik in den sechs Hauptherkunftsländern afrikanischer Flüchtlinge südlich der Sahara würde rund die Hälfte der Bevölkerung die Heimat verlassen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte. In Ghana und Tansania sogar rund drei Viertel. Die würden vor allem nach Europa kommen, doch die europäischen Politiker mit ihrem kurzsichtigen Vierjahresrhythmus wurschteln an Sekundärproblemen vor sich hin.

Amerika hat uns zu dem männlichen und weiblichen Geschlecht ein Dutzend weitere Geschlechter geschenkt. Jetzt kommt es konsequenterweise mit einer neuen Mode: Amerikanische Eltern geben ihren Kindern immer häufiger geschlechtsneutrale Namen. Zu den beliebtesten Unisex-Namen für Jungen und Mädchen zählen Charlie, Finley, Skyler, Justice, Royal, Lennon, Armani, Azariah, Oakley und Riley. Hunde- und Katzenhalter sollen mit ihren Protesten gegen den Namensraub chancenlos geblieben sein.

In der alten Streitfrage, wer die besseren Ergebnisse fürs Land bringt, der Staat oder die freie Wirtschaft, erleben wir jetzt mit der nach schwerer Geburt geschaffenen Großen Koalition prompt eine erste Entscheidung zugunsten Staat. Die Deutsche Bahn soll nicht mehr so deutlich als Wirtschaftsbetrieb geführt werden, sondern als Ruhekissen für verdiente Parteifunktionäre. Deshalb werden jetzt Abgeordnete und Beamte die Spitzenpositionen im Aufsichtsrat besetzen. Schon hat man vergessen, dass der gesamte Ostblock am behördenmäßigen Wirtschaften gescheitert ist. Dementia generalis.

Der Urvogel Archaeopteryx, ein elstergroßes beflügeltes Wesen, soll ein nicht flugfähiger Vogel gewesen sein, haben wir gelernt. Eine europäische Forschergruppe in Grenoble meint jetzt beweisen zu können, dass der Urvogel doch fliegen konnte. Warum ist das so wichtig? Ich meine, weil die flugunfähigen Vögel Parabeln auf uns Menschen darstellen. Der griechische Dichter Aristophanes (um 445-385 v.u.Z.) hat in seiner berühmten Komödie „Ornithes“ („Die Vögel“) Menschen gezeigt, die aus Überdruss auf Weltflucht waren und ein ideales Zwischenreich zwischen unserer Erde und dem Götterhimmel gründeten. Das Reich der Vögel. Weil die Vögel sowohl den Menschen als auch den Göttern überlegen sind. Die Weltflüchtlinge sollten sogar führend sein in diesem Vogelreich. Wobei nur noch der Umstand lästig war, dass ihnen zunächst Flügel anmontiert werden mussten. Wie weit wir Menschen mit solchen Flügeln kommen, sowohl der Archaeopteryx als auch Aristhophanes – die beiden kannten sich nicht – machen es uns peinlich deutlich.

Jede Schneeflocke sei ein wenig anders als alle anderen Schneeflocken, wird behauptet. Das ist also wie bei uns Menschen. Sowas muss man einfach glauben, so lange niemand den Gegenbeweis geliefert hat. Was bei den Schneeflocken aber noch viel schwieriger sein dürfte als bei uns Menschen, weil sie noch kurzlebiger sind als wir. Als ob diese Schwierigkeit genügen würde als Ausrede dafür, dass man einfach nicht nach der möglichen Ausnahme von dem Prinzip der Verschiedenheit sucht. Und als ob es ein vollkommener Ersatz für die unterlassene Suche wäre, wenn man sich gleich auf die Feststellung der Gemeinsamkeiten stürzt. Es gibt offenbar Phänomene, die man nur durch immer neues Betonen lebendig halten kann.

Ein großer deutscher Autoproduzent hat es vor wenigen Jahren fertiggebracht, den Erfinder des Automobils, Carl Benz, aus seinem Namen zu tilgen. Jetzt kommt die Firma uns mit Werbeanzeigen in einer Fremdsprache. So wird einem ein Traditionsunternehmen immer fremder. Aber zum Glück ist man ja nicht auf dessen Produkte angewiesen.

Kein Taschenbuch, keine Zeitung, kein Radio, nein, heute haben die Kinder und Jugendlichen nur noch ihre Handys in der Hand und glauben, damit etwas Wertvolles zu besitzen. Dabei ist klar, dass ihre Kinder über sie lachen werden, weil die Handy-Fummelei demnächst so schauerlich altmodisch aussieht. Deshalb sei einmal daran erinnert: Das Medium mit der längsten Haltbarkeit ist und bleibt das Buch. Alle anderen Medien sind schon nach wenigen Jahren oder Jahrzehnten so überholt, dass es keine Geräte mehr gibt, die sie zum Erlebnis werden lassen. Dagegen sind die Bücher, die vor 500 Jahren gedruckt wurden, heute noch lesbar. Deshalb gibt der Besitz von gedruckten Büchern mehr Renommee als der Besitz von Bändern, Platten, Scheiben, Kassetten und wie all das Zeugs sonst noch genannt wird, was demnächst nur noch Sondermüll ist.

In die Karwoche passend: Mein 2011 erschienener Island-Roman „Der gemalte Tod“ ist, was erst wenige entdeckt haben, viel mehr als nur ein historischer Krimi. Denn in Akureyri im hohen Norden Islands habe ich den Beleg dafür entdeckt, dass es Bestrebungen gegeben hat, eine weitere christliche Religion zu gründen, die Judas-Iskariot-Kirche. Weil für eine geheime Gesellschaft von überzeugten Christen der als Verräter beschimpfte Judas der wahre Heilsbringer war. Das Werkzeug Gottes, ohne das Jesus nicht der Erlöser geworden wäre. Ein Thema, das von den etablierten Religionsgemeinschaften totgeschwiegen wird. Mein halbdokumentarischer Island-Roman ist eine der ganz wenigen Enthüllungen dieses Geheimnisses.

Titelbild Der gemalte Tod

 

 

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