763. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Oho, jetzt gibt es eine weitere Variante bei den vielen sexuellen Orientierungen, zu denen man sich bekennen kann. Neben hetero- und homo-, bi- oder pansexuell steht neuerdings sapiosexuell. Der neue Begriff kommt vom lateinischen Wort sapientia = Klugheit oder Verstand. Dabei geht es also nicht mehr um Körperformen, Einzelteile und Idealmaße, sondern um die Bildung und Gescheitheit sowie die wesentlichen Einstellungen, die ein Mensch mitbringt. Zu komisch, ich bin seit vielen Jahrzehnten, was die Auswahl meiner Partnerinnen betrifft, sapiosexuell orientiert, doch es fehlte mir anscheinend an Verstand, das richtig zu benennen.

 

Ich lese in Werbeanzeigen, dass ich zu soundso vielen Destinationen fliegen könnte. Ich fliege aber nur zu Zielen, alles andere ist eine affige Großtuerei, die mich abschreckt.

 

Fünf Frauen aus der Zeitung herausgepickt, die unmittelbar nach der Bundestagswahl im Scheinwerferlicht stehen und die ich als Beispiele sehe für das, was man das stärkere Geschlecht nennt, weil sie besondere Belastungen in Studium und Familie mit der Politik zu vereinbaren wissen. Hier in alphabetischer Reihenfolge kurz vorgestellt: Katrin Göring-Eckardt, Theologiestudium abgebrochen, diverse Partei- und Kirchenämter, geschieden, zwei Kinder. Angela Merkel, promovierte Physikerin, geschieden. Andrea Nahles, mit dem M.A. abgeschlossenes Germanistikstudium und abgebrochene Arbeit an einer Dissertation wegen Parteikarriere, geschieden, ein Kind. Frauke Petry, promovierte Chemikerin und ehemalige Unternehmerin, geschieden, fünf Kinder. Alice Weidel, promovierte Betriebswirtschaftlerin und selbständige Unternehmensberaterin, in lesbischer Partnerschaft, zwei angenommene Kinder. Offensichtlich hat die viele hundert Jahre lange natürliche Zuchtwahl im Wochenbett bei uns dazu geführt, dass die Frauen leidensfähiger sind als die Männer. Was im Wettstreit der Parteien und im permanenten Hickhack der Parteifreunde untereinander ausschlaggebend sein dürfte.

 

Der Vorschlag einer Verlängerung der Legislaturperiode des Bundestags von vier auf fünf Jahre ist der neueste Hit. Solch eine Verlängerung gibt der Regierung mehr Freiraum zum Handeln und verringert die Mitwirkung des Volkes, das seltener sein Wahlrecht ausüben kann, ist also eine doppelte Einschränkung des demokratischen Prinzips. Diesen Verlust durch mehr direkte Demokratie auszugleichen, also durch mehr Volksentscheide, wie geraten wird, ist keine gute Idee. Denn das Volk bringt für die komplizierten Entscheidungen, um die es stets geht, noch weniger Vorkenntnisse mit als das Parlament, in dem immerhin Ausschüsse Spezialkenntnisse zusammentragen, wenn auch nur mit Hilfe von Tausenden Lobbyisten.

 

In den USA ist mal wieder ein Mann wegen Doppelmords hingerichtet worden, der bereits 25 Jahre lang in der Todeszelle gesessen hat. Als kultivierter Mitteleuropäer wundert man sich und fragt: Ist es wirklich berechtigt, bei zweifachem Mord eine zweifache Bestrafung vorzunehmen, nämlich erst eine Haft, die länger ist als in den meisten Kulturländern für Legenslängliche üblich, und danach noch die Hinrichtung?

 

Unsere Grundschulen bringen den Kindern kaum noch korrekte Ausdrucksweise und Rechtschreibung bei. Und die schriftlichen Äußerungen der Erwachsenen in den Internetforen strotzen von Fehlern. Dabei wird das Sprachliche immer wichtiger. Ist es heute doch schon hohe Politik. Soll, darf oder muss man zum Beispiel das Schicksal der Armenier in der Türkei Völkermord nennen? Kann man den Kopiloten, der bei seinem Selbstmord mehr als hundert Fluggäste mit in den Tod reißt, als Massenmörder bezeichnen und ihn so mit anerkannten Massenmördern wie Mao, Stalin und Hitler gleichsetzen? Und ist der Umgang der Regierung von Burma mit der Minderheit der muslimischen Rohingya ein Fall von ethnischer Säuberung? Lauter offene Fragen, die jeden von uns zu behutsamster Ausdrucksweise zwingen, weil nicht alles so klar geregelt ist wie die Ausschwitz-Leugnung, die eine Straftat ist.

 

Dass sich zweihundert Piloten der in Schwierigkeiten geratenen Fluggesellschaft Air Berlin gleichzeitig krank melden und ihren Betrieb damit praktisch lahmlegen, dagegen kann man nichts machen, heißt es in der Presse. Dass es sich dabei um eine klaffende Lücke in unserem Rechtssystem handelt, vor allem im Strafrecht und im Arbeitsrecht, ist seit vielen Jahren bekannt, bringt unsere Regierenden jedoch nicht dazu, für eine Verbesserung zu sorgen. Die Politiker wissen, dass es Krankheiten gibt, die ärztlich nicht als solche zu erkennen oder als Simulantentum zu entlarven sind. Und sie wissen, dass Krähen ein besonders intensiv solidarisches Verhalten pflegen. Aber wenn zweihundert Piloten gleichzeitig erkranken, muss man davon ausgehen, dass es sich um eine hochansteckende Krankheit handelt. Kaum auszudenken deshalb, was zu befürchten ist, wenn diese Krankheit auf wichtigere Bereiche unserer Wirtschaft übergreift, etwa auf die Buchhaltungen und Kassen, die den Piloten und den Politikern ihre Gehälter zahlen.

 

Der 9. September war der Tag der deutschen Sprache. Der ist jetzt also schon ein Stück Vergangenheit. Was bedeutet das für die deutschen Wörter, die auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Begriffe stehen? – Diese Begriffe haben es Woche für Woche immer nötiger, dass wir sie wieder benutzen. Will ich gerne versuchen: „Mir wird ganz blümerant, wenn ich sehe, wie meine Zeitgenossen mit hanebüchenen Anglizismen tändeln, und ich möchte sie für diese Büberei so piesacken, dass ich sie als Gabelfrühstück vertilgen kann.“ In dem Satz habe ich sechs von den sechshundert aussterbenden Begriffen benutzt, die der Verein Deutsche Sprache in seinem „Lexikon der bedrohten Wörter“ aufgeführt hat.

 

Ende August bis Anfang September habe ich eine kleine Rundreise diesseits und jenseits der deutsch-polnischen Grenze gemacht, die jetzt – mit einigen Fotos – als Reisebild hier im NETZINE steht, und zwar unter Vermischtes. Ein Blick über den Tellerrand.
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