762. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Der gute Herr von Drais wird gleichzeitig gefeiert und ad acta gelegt. Was er vor 200 Jahren erfunden hat und was dann von vielen klugen Leuten weiterentwickelt wurde, das Fahrrad, war nicht nur ein billiges und sauberes Fortbewegungsmittel, es war vor allem ein Segen für die Volksgesundheit. Doch im Jubiläumsjahr machen Industrie und Handel den Leuten mit großem Werbeaufwand klar, dass sie eigentlich ein Fahrrad mit Elektromotor brauchen und sich auch leisten können. Also Schluss mit dem Volkssport Strampelei, weil an einem E-Bike viel mehr zu verdienen ist als an einem Fahrrad.

 

 

Der Nagelkünstler Günther Uecker hat jetzt mit seinem Bild „Friedensgebote 9“ den Nagel auf den Kopf getroffen. Fünf Krakelzeilen untereinander, die Schrift andeuten, aber jeweils von drei fetten gekreuzten Balken durchgestrichen sind, sollen die Gemeinsamkeit der Friedensgebote der fünf großen Weltreligionen zeigen. Fünf Zeilen, die sich frappierend ähnlich sind in der Art, wie sie jeweils total anders nichts sagen.

 

 

Der Verein Deutsche Sprache diskutiert in seinem Rundbrief den Ausdruck „erneuerbare Energie“ und bringt die Richtigstellung: Energie kann gar nicht erneuert werden. Sie schwindet nicht, sondern wandelt sich nur. Wenn man Öl verheizt, wandelt es sich in Wärme. Das Öl ist zwar weg, aber die Wärme ist da. Anders bei Energiequellen, die niemals versiegen wie Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme. Die Energie, die wir dort mit teurem Geld zapfen, ist tatsächlich weg, wenn wir mit ihr geheizt haben. Erneuerbar ist sie nicht, es kommt nur immer weitere Energie nach. Also ist der Begriff erneuerbare Energie falsch. Aber unsere Politiker reden uns ungerührt dummes Zeug ein, und bringen es sogar in Gesetze. Auch in diesem Jahr haben sie das schon im Jahre 2000 zusammengeschusterte EEG, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, dummdreist einfach weiterentwickelt. Da ist ein Hinweis auf Karl Kraus angebracht, der schon wusste, dass eine falsche Ausdrucksweise das falsche Denken entlarvt.

 

 

In einer Weimarer Buchhandlung stand ein Kasten mit einzeln in Packpapier eingehüllten dicken Büchern. Das sollte ein Blind Date mit dem Medium Buch sein. Doch handschriftliche Bemerkungen einer Buchhändlerin auf dem Packpapier verrieten mir schon: Rache und Gewalt, ferne Welten, mächtige Feinde, starke Charaktere, einzigartige Gabe, Tyrannei. Wozu dann noch das Buch kaufen und lesen, fragte ich mich als blinder Seher.

 

 

Die genderberauschte Verkomplizierung unserer Sprache wird allmählich unerträglich. Überall diese Umstände mit Bürgerinnen und Bürger oder die totale Verballhornung mit den Begriffen Mitgliederinnen und Mitglieder, wenn nicht sogar: Liebes Mitglied, liebes Mitklit. Jede Ansprache, jeder Brief, jedes Gesetz wird unnötig gelängt. Nur zu verständlich daher, dass schon die ersten Vereinfachungen durch radikales Abschleifen auftauchen: Liebe Bürgen! Liebe Studen! Liebe Wählen! Liebe Reisen! Liebe Bewohnen! – Ach, ich bitte um Pardon, liebe Lesen!

 

 

Eine erfreuliche Häufung von Veranstaltungen rund um die deutsche Sprache im September: Weltalphabetisierungstag, Europäischer Tag der Sprachen, Festspiel der deutschen Sprache in Bad Lauchstädt, Luther und die deutsche Sprache in Halle, Schöne deutsche Sprache in Köthen und natürlich der Tag der deutschen Sprache. Dazu jeden Tag gepflegte deutsche Sprache im NETZINE und in meinen Büchern.

 

 

Das ist der Tag des Herrn. Heut seh’ ich sie ruhig dastehen, die Diesel MA-TT und MA-U, macht das Firmament doch endlich blau, ich seh’ den Boxer mit dem Alten am Hals, Skatevater, Skatemutter mit Kinderwagen, kein Radler und Jogger weiß was zu sagen, Eile, Eile, im Biergarten aber Hopfen und Malz, Gott erhalt’s!

 

 

Jetzt fiel mir ein Brief in die Hände, den meine Mutter vor vierzig Jahren geschrieben hat. In deutscher Schrift, so gleichmäßig schön, dass das von der Siebzigjährigen beschriebene Blatt auf mich wie ein kalligraphisches Kunstwerk wirkte. Zumal ich den Brief immer noch nur mit Mühe lesen konnte. Ich habe ja die deutsche Schrift nicht gelernt, kann nur lateinisch schreiben. Für einen deutschen Schriftsteller eigentlich blamabel. Aber wir sind halt alle Opfer des staatlichen Schulunterrichts mit seinen wechselnden Direktiven von der Politik. Die sogenannte deutsche Schrift wurde von den Nazis 1941 zugunsten der aus dem Phönizischen entwickelten lateinischen Schrift, der Antiqua, verboten. Man wollte damit erreichen, dass auch überall im Ausland gelesen werden konnte, was man in Deutschland druckte.

 

 

Es ist da, mein neues Buch „Tödliches Einmaleins“. Hier eine ausdrückliche  Scan0062Kaufempfehlung: Kauft, Freunde und Freundinnen, kauft! Keine Angst, es tötet nicht, es macht nur Spaß. Mein neuer historischer Regionalkrimi spielt in Heidelberg im Jahre 1718. Der Zwerg Perkeo, Hofnarr und zweitwichtigster Mann auf dem Heidelberger Schloss, muss als Ermittler wider Willen aktiv werden. Ein frech-witziges Buch, das mehr erfrischt und in eine buntere Welt entführt als der Abendtrunk, den man sich stattdessen für den läppischen Preis von 12,95 Euro leisten könnte. Der neue Krimi ist jetzt in jeder Buchhandlung und bei jedem Buchversandhändler zu kriegen.

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