743. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Der neue Bürgermeister von Rio de Janeiro hat sich einen genialen Trick einfallen lassen, mit dem er den vielen Opfern von Überfällen, die dort alltäglich geschehen, eine Entschädigung zahlen kann: Er will eine Sondersteuer auf die Flugtickets aller Touristen erheben, die in Rio landen. Ein kluger Schachzug. Zwar wird er umso weniger an Ticketsteuern einnehmen, je mehr Touristen er mit der neuen städtischen Räuberei davon abhält, nach Rio zu fliegen, aber umso weniger potentielle Opfer finden die Räuber und Mörder Rios. Also braucht er demnächst auch nicht mehr so viel an Entschädigungen zu zahlen.

 

Junge Frauen umzingelt und dabei begrapscht und beraubt, Radlerin vergewaltigt und dann ertränkt, Frau mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet, Joggerin vergewaltigt und ermordet, Greisin auf Friedhof vergewaltigt, junge Frau U-Bahn-Treppe hinunter getreten, Frau am Auto angebunden und durch die Straßen geschleift. Es wird für mich als Zeitungsleser allmählich schwierig, die Fälle auseinander zu halten. Jedenfalls bin ich froh, in unserem neuen Deutschland keine Frau zu sein.

 

Staatsverbrechen sind risikolos zu begehen, wie das Dauer-Massaker an Zivilisten beweist, das die Regierenden von Syrien, Russland, Iran und Saudi-Arabien in Syrien vollführen. Dagegen ist Kleinkriminalität lebensgefährlich, wie sich auf den Philippinen zeigt, wo die Polizei Verdächtige einfach zu Tausenden abschießt wie Rebhühner. Also kann man jungen Menschen, die Karriere machen wollen, nur raten, sich sofern sie nur skrupellos genug sind, besser in der Politik zu betätigen als in Street gangs.

 

Jetzt hat die CDU beschlossen, dass ins Grundgesetz die Feststellung aufgenommen werden soll: „Die Sprache der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch.“ Da fällt mir ein, dass Historiker schon immer aus den Verboten und Geboten früherer Kulturen die Folgerung ziehen: Je kräftiger der Gesetzgeber in einer Sache seinen Willen kundtat, umso mehr darf man das Gewollte als schon nicht mehr vorhanden unterstellen.

 

Dein Wagen ist ein Automobil, das heißt: etwas Selbstbewegtes. Mit der totalen Digitalisierung, an der die Autohersteller so eifrig arbeiten, wird das Selbstbewegte demnächst zum Selbststeuernden, weil es dann selbständig die Bewegung und ihre Geschwindigkeit in jeder Richtung machen kann, alles dem von dir eingegebenen Wunschziel entsprechend. Aber erst wenn dein Wagen dir eines Tages auch noch die Zielvorgabe abnimmt und selbst bestimmt, wohin die Reise geht, ist dein Wagen wirklich ein Auto, das heißt ein Selbst – und du solltest dich besser nicht mehr reinsetzen.

 

Jahrhunderte lang hieß die Uhr schlicht Uhr. Erst als sie von der Digitaluhr aus der Alleinherrschaft gedrängt wurde, bekam sie den Namen Analoguhr, womit sie nur noch etwas Entsprechendes, etwas Ähnliches ist. Da frage ich mich, was wir Menschen sein werden, wenn wir so weitermachen mit der Digitalisierung unseres Lebens. Werden wir demnächst Analog-Menschen sein, also nur noch menschenähnlich?

 

Bei dem Gedanken an Menschen, die ich gekannt habe, die es aber nicht mehr gibt, beschleicht mich die erschreckende Vorstellung, die Welt könnte auch nach meinem Dahinscheiden einfach so weitermachen, als wäre nichts passiert. Das lässt mich in eine solche Verzweiflung geraten, dass ich – entschlossen weiterlebe.

 

Im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl in den USA wurden viele Nebenentscheidungen getroffen. So die Freigabe von Marihuana/Haschisch in einer Reihe von Bundesstaaten. Was ich schon vor 45 Jahren in meinem Sachbuch über die Drogen, „Rauschgift, der stille Aufstand“, geschrieben habe, nämlich, dass Haschisch/Marihuana nur versehentlich auf die Verbotsliste für Rauschgifte geraten ist, es wird allmählich verstanden. Ein schönes Beispiel dafür, wie lange Einsicht braucht.

 

Ich habe gelesen, zuletzt seien bei Google die drei am häufigsten gesuchten abstrakten Begriffe gewesen: Liebe, Anerkennung und Sinn. Die hätte man in meinem Läster-Lexikon (hier im NETZINE) aufrufen sollen, wenn man wirklich Aufklärung wünscht.

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