721. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Ich sehe schwarz: Die Trachtenmodebranche hat eine Goldader entdeckt. Der neueste Hit heißt Burka oder Tschador mit Niqab, weil die deutschen Mädchen und Frauen herausgefunden haben, dass sie in Totalverhüllung am besten vor sexuellen Übergriffen muslimischer Immigranten geschützt sind.

 

In Australien stellen die Aborigines nur drei Prozent der Bevölkerung, belegen aber mit 27 % aller Häftlinge unverhältnismäßig viel Platz in den Gefängnissen des Landes. Das soll ihnen jetzt verboten werden.

 

Neu:  Die Tageszeitung als Digital-Angebot statt gedruckt, das heißt, dass du schon am Vorabend lesen kannst, was am nächsten Morgen ausgeliefert wird. Aber wieder bestätigt sich, dass einem im Leben nichts geschenkt wird. Denn für dieses Früher-Lesen-Können wirst du voll unter Kontrolle genommen. Alles wird festgehalten:  Liest du die Zeitung überhaupt? Welche Beiträge liest du? Zu welcher Tageszeit liest du welche Artikel und wie lange? Willkommen im Club der gläsernen Menschen.

 

Wenn ich in den sogenannten sozialen Medien die Kommentare zur aktuellen Politik lese, denke ich prompt an Auswanderung. Sowohl wegen der Politiker als auch wegen der Kommentatoren. Doch so eifrig ich den Globus hin und her drehe, nicht einfach, ein anderes Land zu finden, für das ich mich rundum begeistern könnte.

 

„Unsere Kultussmienister Haben sonnderschuhlreife gezeigt.“ Zwanzig Jahre nach der als Vereinfachung angepriesenen zwangsweisen Einführung einer neuen deutschen Rechtschreibung, die weit mehr Millionen Mark gekostet hat als sie den Wörterbuchverlagen als Gewinn einbrachte, liest man als Erfolgsmeldung: Die Fehlerquote bei schulischen Schreibaufgaben hat sich verdoppelt. Und ich kann ergänzen: Die Unsicherheit beim Schreiben hat inzwischen die gesamte Gesellschaft erfasst, wie der Schriftmüll zeigt, der sich täglich in den sogenannten sozialen Netzwerken ablagert.

 

In China wird einiges getan, um die Dominanz des Englischen im internationalen Kontakt zu unterlaufen. Verständlich. Dazu zählt Unterricht in der besonders leicht erlernbaren Welthilfssprache Esperanto. Im Moment gibt es in China aber erst einige wenige Schulen, in denen Esperanto als Pflichtsprache gelehrt wird. Noch ist die Chance, dass dir irgendwo ein chinesischer Esperantist begegnet, so hoch wie ein Sechser mit Zusatzzahl im Lotto. Trotzdem solltest du schon anfangen, Esperanto zu lernen, weil der Vermehrungsindex der Chinesen im Steigen ist.

 

Michelangelo hat vor gut fünfhundert Jahren die Figur geschaffen, die heute als das Sinnbild der Renaissance verehrt wird, den David. Finanziert wurde diese Arbeit von der Florentiner Zunft der Wollweber. Welches spezielle Interesse die Wollweber an dem Hirtenknaben hatten, der es mit dem großen Goliath aufnehmen konnte, ist mir nicht bekannt. Aber dass Michelangelo den Kleinen aus einem gut fünf Meter hohen Marmorblock als einen Riesen entstehen ließ, der keinen Wollfetzen am Leib hat, das könnte man hinterfotzisch nennen. Dann kann man Michelangelo als den Ahnherrn und das Vorbild für ganze Hundertschaften von Künstlern aller Art sehen, die im Auftrag oder als Ghostwriter arbeiten mussten, sich aber für diese Einschränkung ihrer künstlerischen Freiheit mit heimlich eingebautem Witz zu rächen wussten.

 

Immer wieder derselbe Ärger vor dem Fernseher: Bei Dokumentationen ist der Kommentar kaum zu verstehen, weil Nebengeräusche und unterlegte Musik viel zu laut sind. Den offenbar total desinteressierten und lärmvernarrten Technikern am Mischpult sollte man die kostenlose Umschulung zum Kesselflicker bieten.

 

Habe meine hübsche junge Nachbarin gefragt, von welchen Büchern sie sich besonders angesprochen fühlt. Facebook hat sie gesagt, und das Telefonbuch, aber manchmal auch das Tapetenbuch. Da frage ich mich: Was ist nur los mit den jungen Leuten? Spielt für sie das Malbuch überhaupt keine Rolle mehr?

 

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