715. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die US Soccer Federation hat jetzt endlich Regeln für den Schutz von Fußballkindern aufgestellt: Kopfball verboten. Zehntausende Gehirnerschütterungen pro Jahr, doppelt so viele bei Mädchen wie bei Jungen, waren nötig, um die Gehirne der schwachsinnigen Fußballfunktionäre ein wenig in Bewegung zu bringen.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat seinen Hauptsitz in Berlin und die meisten Mitarbeiter in Bonn. Ob diese ulkige Aufteilung hilft, Überschneidungen und Kontroversen bei der Arbeit auf den vier verschiedenen Aufgabengebieten zu vermeiden, sei dahingestellt. Zumal bei der willkürlichen Zusammenstellung vier andere Aufgabengebiete fehlen: Singles, Alleinerziehende, Kinder, Männer. Klar ist jedenfalls, dass sich dieses Patchwork-Ministerium um meine Nachbarin, die schon im jugendlichen Alter ein Kind bekommen und geheiratet hat, gleich dreifach kümmert, dagegen um mich nur einfach. Aber vielleicht sollte ich darüber froh sein.

Die neue SPD-Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen schrieb in einer Einladung an Ausschussmitglieder: „An die Mitglieder/-innen der Ausschüsse.“ Offenbar gibt es für sie kein Mitglied, sondern nur Mitklits. Also selbst Ausschuss.

Deutschsprecher in der EU. Ein britischer Wissenschaftler namens Jakub Marian hat sich im Jahre 2012 die Mühe gemacht, festzustellen, in welchen unserer europäischen Nachbarländer außer Österreich und der Schweiz wieviel Prozent der Einwohner fähig sind, ein Gespräch in Deutsch zu führen: Niederlande 71 %, Luxemburg 69 %, Dänemark 47 %, Slowenien 42 %, Schweden 26 %, Belgien und Ungarn je 22 %, Polen 22 % usw. Das Schlusslicht bildet Portugal 1% vor Spanien 2% und Italien, Rumänien und Griechenland mit jeweils 5 %. Dabei ist am blamabelsten, dass England, Irland und Frankreich mit nur jeweils 6 % dastehen.

Da kommen mir merkwürdige Umfrageergebnisse auf den Tisch: 55 % der US-Amerikaner kennen deutsche Wörter, die im Englischen regelmäßig benutzt werden. Die häufigsten sind Kindergarten, Gemütlichkeit und Poltergeist sowie die Vorsilbe Über, die vielfach zur Steigerung dient. Wenn ich als deutscher Autor den amerikanischen Buchmarkt erobern wollte, brauchte ich also nur ein Buch zu schreiben, das in einem Kindergarten voller Gemütlichkeit spielt, wo ein Poltergeist es mit dem Poltern übertreibt. – Dazu kann ich mich aber nicht überwinden.

Der Deutsche Kulturrat (www.kulturrat.de) fordert, Deutsch als gemeinsame Sprache der in Deutschland Lebenden im Grundgesetz zu verankern. Dass viele Unternehmen, Politiker, Journalisten und Werbefuzzis, die sich vorzugsweise in Denglish ausdrücken, dann zur Auswanderung aufgefordert werden, ist jedoch nicht vorgesehen.

Irritierend, dass wir die so ähnlich klingenden egriffe Traum und Trauma für absolute Gegensätze benutzen. Wenn auch das deutsche Wort Traum nicht verwandt ist mit dem griechischen Wort Trauma, das Wunde heißt, die beiden Begriffe haben doch etwas gemeinsam, weil alles, was wir im Traum erleben, wie eine offene Wunde des Bewusstseins ist, die wir mit uns herumschleppen.

Habe einen angebissenen Apfel zwischen den Gleisen liegen gesehen. Das war im Mannheimer Hauptbahnhof. Da frage ich mich: Was bedeutet der Deutschen Bahn der immer wieder beschworene Datenschutz im Falle Apple?

Intellektuelle können in heftigen Streit darüber geraten, dass der eine die Sache für Mist erklärt, also für etwas Tierisches, die für den anderen Scheiße ist, also etwas Menschliches. Nur ein überlegener Kopf wie Charles Darwin könnte diesen hochgeistigen Exkrementestreit aushebeln, und zwar mit der Einordnung des Menschen ins Tierreich. Aber ein Darwin würde sich nicht an solchem Output die Finger schmutzig machen.

Ein Kunststück wird heute generell so definiert: Etwas entstehen zu lassen, das dem Nutzer keinen Ärger bereitet und die Tester überzeugt, dem Hersteller dicken Gewinn bringt und seine Service-Werkstätten florieren lässt. Wenn dieses Etwas dann nicht so teuer wäre wie ein Porsche, würde ich mich glatt für solche Kunst begeistern.

Wenn Klinikärzte in ihren Befunden von der Weitergabe an den Hausarzt sprechen, bleiben sie hartnäckig bei der altertümlichen Bezeichnung niedergelassener Arzt. Als bereite es ihnen Schmerzen, wenn der Unterschied von angestellt und selbständig deutlich wird.

Das 2001 gegründete Beratungsportal https://washabich.de hat bereits 25 000 Arztbefunde aus dem Kauderwelsch der Mediziner in ein leicht verständliches Deutsch übersetzt. Das ist ein wichtiger zweiter Schritt in Richtung Ernstnehmen des Volkes nach der Ersetzung des Lateinischen in der Katholischen Kirche durch die Landessprache. Man kann also doch was lernen von den Kirchenleuten. Der Kirche hat das nichts genützt: Sie hat immer weniger Gottesdienstbesucher und immer mehr Kirchenaustritte zu verbuchen. Der Gesundheit aber scheint die Übersetzungsarbeit gutzutun: Wir leben immer länger.

Wenn man auf diese Weise geehrt wird, ist man hin- und hergerissen: Jetzt wurde in Leverkusen eine stadtgeschichtliche Ausstellung eröffnet, in der ich ausführlich in einer Doppelrolle dargestellt werde als Autor und als Chef des Argus-Verlags. Damit das kein Nachruf ist, haue ich nun umso eifriger in die Tastatur. Die Ausstellung ist bis 19. Juni 2016 zu sehen in der Villa Römer, 51379 Leverkusen-Opladen, Haus-Vorster Straße 6, geöffnet samstags 15-17 Uhr, sonn- und feiertags 11-13 Uhr.

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.