674. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die Gesamtzahl der Ärzte in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 2,5 % gestiegen, wie die Bundesärztekammer meldet. Und die wollen alle leben. Das heißt, wir müssen entschieden mehr krank sein! Verstanden? – Verstanden.

Der Triumph des Lobbyismus: Wer vernünftigerweise einmal im Jahr zum Arzt geht, um sein Blutbild machen zu lassen, betrachtet hinterher auf dem ihm ausgehändigten Blatt besonders kritisch die gemessenen Laborwerte. Wobei ihm auffällt, dass im Laufe der Jahre und Jahrzehnte die Grenzwerte für dies und das immer niedriger angesetzt werden. Da kann man also noch so gesund leben, man kommt doch an immer mehr Krankheiten. Und der Arzt zückt den Kugelschreiber und verschreibt einem dagegen dies und das. Damit die Pharmaindustrie gesund bleibt.

Ausgerechnet das erzkonservative und im Spinnennetz zahlloser religiöser Vorstellungen verhedderte Indien hat sich zum Vorreiter in der Geschlechterfrage gemacht. Ein indisches Gericht hat jetzt neben männlich und weiblich als drittes Geschlecht transsexuell anerkannt. Fehlt nur noch, dass in Indien eines Tages auch Frauen und Mädchen als vollwertige Menschen anerkannt werden.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat Japan Ende März verboten, weiterhin im Antarktischen Ozean Wale zu jagen, weil das Argument, es handle sich um Tötungen für die Forschung, zu durchsichtig ist. Tatsächlich gelangt das Walfleisch sofort in die Küchen von Edelrestaurants. Doch wer da glaubte, jetzt könnten die Wale aufatmen, hat sich geirrt. Die Japaner setzen die Waljagd fort, jetzt im nordwestlichen Pazifik und in den japanischen Küstengewässern. Ihr neues Argument: Das Verbotsurteil betrifft nur die Jagd im Antarktischen Ozean. War ja klar, dass die Japaner einen Trick zur Umgehung des Verbots finden würden. War dieses Verbot doch entschieden zu weltfremd. Solange nicht klargestellt ist, was mit der großen Flotte von Spezialschiffen, die viele Millionen Yen gekostet haben, geschehen soll, werden die Investoren sich durchsetzen. Das Gericht hätte eine neue Verwendung für die Flotte vorschlagen sollen, vielleicht als Touristenschiffe fürs whale watching – oder die Fangschiffe einfach beschlagnahmen müssen.

Immer noch wird es als verwunderlich bezeichnet, dass mehr und mehr Leute sich einen Geländewagen kaufen. Eigentlich unsinnig, weil sie damit so gut wie nie ins Gelände fahren, so meinte jetzt das Mercedes-Maskottchen Dieter Zetsche in einem Interview. Und der Manager vermutete, es liege an der höheren Sitzposition, die einen besseren Überblick im Verkehr bietet. Zu komisch, dass die Autobauer noch nie gesehen haben, wie mühsam die Fahrer, die immer größer und massiger werden, sich aus den immer flacher gewordenen Limousinen schälen. Und das Einsteigen mit tiefer Verbeugung vor dem heiligen Blechtier, das gefällt ihnen offenbar.

Die DHS, die im Vergleich zur werbenden Wirtschaft mit einem verschwindend kleinen Warnungs-Werbe-Etat aus Steuermitteln für ihr Aufklärungsarbeit ausgestattete Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, sie hieß früher: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren. Sie hat also eine vielsagende Wendung zum Positiven gemacht, die sich allerdings nicht in ihrem neuesten Jahresbericht über die Verhältnisse 2013 zeigt. Danach ging ihr der Alkoholkonsum gegenüber 2012 nicht stark genug zurück. Und obwohl die Raucher-Zahlen seit Jahren sinken, sieht sie keinen Grund zur Entwarnung, weil jährlich immer noch 100.000 bis 120.000 Menschen an den Folgen des Zigarettenkonsums sterben. Doch enthält der Bericht über die Lage an der deutschen Drogenfront kein Wort des Mitleids mit dem Bundesfinanzminister, der mit einem empfindlichen Rückgang der Einnahmen aus den Alkoholsteuern und der Tabaksteuer zurechtkommen muss. Offenbar ist der Warnungs-Werbe-Etat der DHS immer noch nicht klein genug. Das Feigenblatt muss zum String werden.

Unsere Krimisucht wird allmählich Besorgnis erregend. Denn wie für jede Sucht typisch, zwingt auch sie zur ständigen Dosiserhöhung. Also mindestens zwei Krimis pro Abend genießen, wenn nicht sogar drei. Daneben zwingt die Sucht aber auch zum Griff nach immer stärkerem Stoff – ein einzelner verrückter Mörder reicht schon nicht mehr, es müssen inzwischen gleich zwei verrückte Mörder in einem Krimi aufgeboten werden.

So viele und gute Dokumentationen im Fernsehen zu sehen sind, ich warte immer noch auf die erste Dokumentation, die nicht mit Musik unterlegt ist. Damit ich nicht pausenlos mit der Fernbedienung beschäftigt bin: den Lärm leiser, dann den Kommentar wieder lauter und das neue Aufbrausen der Musik wieder leiser machen. Und wo der Kommentar mit Musik bepackt ist, hilft nur noch der Seufzer: Die Musik-Lobby ist leider stärker als der Verstand der Fernsehgewaltigen.

Jetzt sind sie mit großem Aufwand im Gange, die Jubelfeiern zum 600-Jährigen des Konstanzer Konzils. Aber das Hus-Haus in Konstanz, das an den trotz kaiserlicher Zusicherung freien Geleits während des Konzils auf dem Scheiterhaufen verbrannten tschechischen Reformator Jan Hus erinnert, ist wegen Renovierung geschlossen. Umso wichtiger ist mein gerade erschienenes Buch „Der Papst im Kerker“ (Salon Literatur Verlag, München), das die diversen bei dem Konzil begangenen und historisch belegten Schurkereien aufdeckt, die von der Kirche unter den Teppich gekehrt wurden.

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