649. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

Keine Kinderei: Die US-Waffenindustrie ist in Sorge, weil der einheimische Markt schon von Schusswaffen für Schützen im Schnulleralter bis hin zu Selbstschussanlagen für bewegungsunfähige Senioren gesättigt ist. Deshalb fordern die Waffenhersteller jetzt immer intensiver Präsident Obama auf, endlich mit Steuergeldern Waffen für die Rebellen in Syrien zu kaufen, egal, wes Geistes oder Ungeistes Kind die sind. Hauptsache: Business as usual. Aber Präsident Obama denkt an den krassen Fehler, den Tyrannen Saddam Hussein zu stürzen. In einer Epoche der religiösen Radikalisierung sind Gesichtspunkte wie Öl und Markt, Demokratie und strategische Einflusssphären zweitrangig.

Manches, das wir in der Zeitung geboten bekommen, mutet gespenstisch an. So die Tatsache, dass wir Deutschen zu wenig Müll produzieren. Da haben wir 71 Müllverbrennungsanlagen gebaut, in denen Strom und Wärme erzeugt werden soll. Doch muss für diese Öfen schon Müll aus Italien, Österreich und England rangekarrt werden. Und das nur, weil wir das Mülltrennen fürs Recycling, das man uns mühsam beigebracht hat, nicht lassen können.

Und wenn das der Erzengel Gabriel persönlich gewesen wäre, der da mit dem ganzen Übergewicht seiner Persönlichkeit für eine Tempobegrenzung auf allen deutschen Autobahnen eintrat. Wer das in Deutschland wagt, begeht damit politischen Selbstmord. Denn zu den Grundbedürfnissen gehört beim Deutschen das Rasen wie beim Amerikaner das Schießen und beim Russen das Wodkasaufen. Was man aber auch – statt so feinsinnig psychologisch – einfach wirtschaftlich erklären kann: Was die Schnapsindustrie in Russland ist, das ist die Waffenindustrie in den USA und die Autoindustrie bei uns: Daran kommt keiner vorbei, nicht einmal ein Erzengel.

Wir können alles außer Hochdeutsch, so lautet ein Werbespruch Baden-Württembergs. Die bayerische Landesregierung hat sich davon zu einer ähnlichen Image-Kampagne verleiten lassen. So sollen die Abgeordneten des Landtags sprechen: Wir können alles außer auf anständige Weise Steuergelder einsacken.

Die peinlich ungeschickte Gschaftlhuberei bei der Verteilung der Presseplätze im NSU-Prozess durch das Münchner Oberlandesgericht hat – für mich schon fast tröstlich – gezeigt, wie wolkenkratzerhoch über dem schnöden Alltagskram unsere Justiz steht.

Der eilige Wüstenkäfer in der Namib, immer sehe ich ihn vor mir, wie er läuft und läuft und läuft. Diese hochbeinige schwarze Halbkugel muss bei mehr als 50 Grad Celsius Tagestemperatur über den heißen Dünensand rennen, um nicht zu verglühen. Mit dem dauernden Dahinrasen erzeugt das Tier einen Wind um sich, der seine Körpertemperatur um zehn Grad Celsius reduziert. Nur so kann es überleben. Zur Ruhe kommt es erst als Lieblingsspeise des Chamäleons, wenn es von der vorschnellenden Zunge erwischt wurde und im Maul genießerisch zermampft wird. Was der Wüstenkäfer mit mir zu tun hat? – Viel zuviel.

Unter den von Facebook vorgeschlagenen Büchern, die ich mit „gefällt mir“ kennzeichnen soll, ist soviel an großer Literatur, dass mir dafür das Urteil „gefällt mir“ zu billig ist. Andererseits fehlt für den vorgeschlagenen Schrott die Kennzeichnung „gefällt mir nicht“. Dabei würde ich in die Ecke auch das Face-Book selbst schieben.

Es ist ein schreckliches Missverständnis und ein riesiger Kulturverlust, dass größte Werke der Weltliteratur, die voll grundsätzlicher Aussagen sind, von allzu cleveren Verlegern einige Jahrhunderte nach ihrer Erstveröffentlichung gekürzt als Kinderbücher auf den Markt geworfen werden. So Daniel Defoes „Robinson Crusoe“, Miguel de Cervantes’ „Don Quichotte“ oder Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“. Und Wilhelm Busch mit seinem schwarzen Menschenbild und bitterbösen Humor gehört auch schon in diese Reihe der Opfer.

Aus gutem Grund möchte ich auf ein Stichwort im „Läster-Lexikon“ des Netzine hinweisen, nämlich auf den Begriff „Aufklärung“. Mal reinschauen!

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