647. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

Oh verdammt, der schon seit Februar durchgehaltene Hungerstreik von einigen Dutzend Gefangenen in Guantánamo auf Kuba stört mich beim Frühstück. Dabei stört er nicht im Geringsten die weltweit vorgetragene Begeisterung der Amerikaner für die Menschenrechte, weil der Hungerstreik und jetzt auch die Zusammenstöße mit dem Wachpersonal außerhalb des Hoheitsgebietes der USA stattfinden. So rettet man die Menschenrechte mit einem geografischen Trick und kann gleichzeitig Hunderte Menschen viele Jahre lang ohne Anklage und ohne Prozess einkerkern. Die Amerikaner praktizieren dunkelstes Mittelalter, aber sie zeigen eine reine Weste – der dunkle Fleck ist ja auf Kuba.

Immer noch wenden 58 Länder die Todesstrafe an. Unangefochtener Spitzenreiter im Umbringen der Einwohner ist China. Es folgen Iran, Irak und Saudi-Arabien. Und die USA bemühen sich, Anschluss an die Spitzengruppe zu halten. Nachdem längst erwiesen ist, dass die Todesstrafe nicht abschreckender wirkt als ein Lebenslänglich, und nachdem in immer mehr Fällen nachgewiesen wird, dass irrtümlich Unschuldige hingerichtet wurden, fragte man sich: Wieso eigentlich immer noch Hinrichtungen? Dahinter steht heute nichts anderes mehr als die irrationale Vorstellung der Regierenden, die Bürger ihres Staates seien so was wie ihr Eigentum, mit dem sie tun und lassen können, was sie wollen. Dabei haben sie keinen einzigen von den Menschen ins Leben gebracht, die sie töten. Höchste Zeit also, den Begriff Eigentum neu zu definieren!

Das deutsche Hotel- und Gaststättengewerbe freut sich darüber, dass wir  jetzt mehr Urlaub im Inland machen, weil wir in bisher besonders beliebten Reiseländern wie Griechenland und Italien mit aggressivem Verhalten der Einheimischen rechnen müssen.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Erst nach langem Zögern hat die Europäische Zentralbank die Ergebnisse einer groß angelegten Befragung herausgerückt. Jetzt ist festgestellt, die Luxemburger, Zyprer und Malteser sind nach Haushaltsvermögen die reichsten Europäer, und wir Deutschen nehmen den letzten Rang ein. Das passt zu dem, was wir schon länger wussten, nämlich dass bei uns mehr als die Hälfte der Haushalte zur Miete wohnt statt in Eigentum, wie in den Nachbarländern üblich. Und das passt zu dem, was schon immer bekannt ist, nämlich dass der Deutsche die Zipfelmütze über die Ohren gezogen hat, weil er der dumme Michel ist. Was leider vor allem für die deutschen Politiker gilt. Wenn das nicht ein tolles Wir-Gefühl gibt!

Der in Zypern gestartete neue Volksbetrug namens Sparerenteignung bringt alternative Währungen zur Blüte. Vor allem die erst 2008 im Internet geborene Währung Bitcoin (BTC) ist gefragt. Anfang April dieses Jahres war ein Bitcoin bereits über 100 US-Dollar wert. Was man an Bitcoin besonders schätzt: Die streng begrenzte Geldmenge gilt als Sicherheit vor Inflation. Zudem gibt es keine Zentralbank, und weder Banker noch Politiker haben die Möglichkeit der Manipulation. Da es aber keine Scheine und Münzen gibt, weil die Gelder rein virtuell sind, ist die Gefahr von Hackerangriffen nicht zu unterschätzen. Trotzdem gibt es bereits Online-Börsen, in denen Bitcoin-Beträge in mehr als zwanzig der wichtigsten Währungen getauscht werden. Und große Online-Dienste sowie internationale Tourismusfirmen haben damit begonnen, Zahlungen in Bitcoin zu akzeptieren. Es wird deutlich: Wir emanzipieren uns von den traditionellen Institutionen. Was mit Wikipedia begann, wird jetzt mit der Bitcoin-Währung fortgeführt. Wer weiß, wie bald wir auch noch eine virtuelle Weltregierung schaffen – oder wenigstens eine virtuelle europäische, die den kostspieligen Wasserkopf Brüssel überflüssig macht.

Beruhigend. Die Politiker und Wirtschaftler, die vor Jahrzehnten das Geschäft mit der Atomenergie begonnen haben, ohne einen einzigen Gedanken daran, wo der beinahe unendlich weiter strahlende Atommüll bleiben soll, sind längst unter der Erde, wo sie in Frieden ruhen. Die heutigen Politiker und Wirtschaftler, die immer noch nicht wissen, wohin mit dem gefährlichen Müll, versuchen mit einem neuen Gesetz zum Start einer neuen Suche nach einem sicheren Endlager, die unvermeidliche Feststellung „Gibt’s-Nicht“ bis nach ihrem Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben.

Im Bahnhofskiosk zehn verschiedene Zeitschriften gesehen, die das Wort Land im Titel führen. Das heißt, das Landleben ist offenbar der neue Massentraum. Und das, obwohl die Landwirtschaft die Umwelt in großem Maßstab schädigt und unsere Nahrung vergiftet. Oder nicht obwohl, sondern weil?

Ein amerikanisches Unternehmen verkauft bereits ein Gerät, so lese ich, das bloß eine Art Kopfhörer mit Extrabügel vor der Stirn ist, aber fähig sein soll, Gedanken zu lesen. Damit sollen wir Videospiele steuern können. Das klingt ja noch verspielt, und man kann nur hoffen, dass es bei Videospielen bleibt. Denn eine Technik, die unser Denken offenbart, wäre das Schlimmste, das uns die Erfinder schenken könnten. Weil uns damit die allerletzte Freiheit geraubt würde.

Wir können auf Teufel komm raus Autos in alle Welt exportieren, aber unsere Sprache geben wir auf. Weil wir uns nicht klargemacht haben, dass die Muttersprache das Ergebnis der gesamten Geschichte und Kultur eines Volkes ist, noch wichtiger als ein Auto. Deshalb heißen unsere Kulturinstitute in aller Welt Goethe-Institute und nicht Benz-Institute. Doch unsere Kultur wird in den Sand gefahren. Nur ein paar Beispiele: „Der Deutsche Filmpreis“ geht in diesem Jahr an die US-Produktion „Django Unchained“ unter der Regie von Quentin Tarantino. Deshalb Deutscher Filmpreis! Rund 90 % aller seit dem Jahr 1956 mit unserer staatlichen Auszeichnung „Deutscher Jugendliteraturpreis“ geförderten Kinder- und Jugendbücher wurden von Ausländern geschrieben. Und in der übrigen Belletristik sieht es nicht besser aus. Denn beinahe schon jedes zweite bei uns veröffentlichte Buch ist eine Übersetzung aus einer anderen Sprache, also nur bedingt ernst zu nehmen als deutsches Kulturgut. Aber um sowas kümmern sich unsere Politiker nicht, aus Angst, als rechtslastig verschrien zu werden. Sie ziehen es vor, arschlastig zu erscheinen.

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