642. Ausgabe

Immer wieder alarmierende Meldungen vom Bienensterben. Da fällt mir Albert Einstein ein, der gesagt hat, die Menschheit habe, wenn es keine Bienen mehr gebe, gerade noch vier Jahre zum Überleben. Bei aller Hochachtung für den Geistesheros, wir sollten uns nicht bange machen lassen. Können wir doch einfach die Produktion von Drohnen, die jetzt gerade forciert wird, auf die Produktion von Arbeitsbienen umstellen.

Der amerikanische Präsident Obama versucht zwar, die Vernarrtheit der Amerikaner in Schusswaffen und damit die Unzahl der Tötungsdelikte einzudämmen, hat jedoch keine Chance. Nach dem besonders erschreckenden Amoklauf von Newtown in Connecticut am 14. Dezember letzten Jahres, der 28 Menschenleben kostete, führte das allgemeine Entsetzen im Land der unbeschränkten Möglichkeiten zu einem deutlichen Anstieg der Waffenkäufe, der sogar das übliche Plus durch den Kauf von Schusswaffen als Weihnachtsgeschenke weit übertraf.

Portugal, das ärmste Land Westeuropas, ist in einer Zwickmühle: Es kann die immer noch geltende 35-Stunden-Woche nicht verlängern, weil damit die viel zu vielen Arbeitslosen noch weniger Chancen hätten, einen Job zu finden. Und es kann wegen seiner Arbeitslosenquote von 16 % auch nicht von dem Luxus loskommen, dass bei einer Bevölkerung von nur zehn Millionen eine satte Dreiviertel-Million sich im öffentlichen Dienst wohlfühlt. Da hilft den so freundlichen Portugiesen kein noch so schöner Fado-Gesang, da kann nur mehr Tourismus helfen. Also nichts wie hin!

Nationalismus in den europäischen Sportarenen, Europaablehnung in Umfragen, und die Politiker wissen nicht, was los ist. Weil sie sich nicht eingestehen möchten, was eine alte Erkenntnis der Sozialwissenschaften ist: Wo immer eine Gruppe von Verschiedenartigen sich zu einer engeren Gemeinschaft zusammenschließt, müssen die einzelnen Gruppenmitglieder ihr Besonderssein überbetonen, um nicht in der Masse der Andersartigen jegliche Bedeutung zu verlieren. Das heißt, die irritierenden Phänomene Nationalismus und Europaablehnung sind im Kern naheliegende Äußerungen von Existenzangst der einzelnen Gruppenmitglieder. Wenn man trotzdem enger zusammenrücken will, hilft es nicht, die um ihre Existenz Bangenden zu bekämpfen. Man müsste sie in ihrer Bedeutung bestätigen, um ihnen die Angst vorm Verlorengehen zu nehmen. Aber welcher Politiker wagt das?

Der Ball ist rund, ja, immer noch. Aber viel zu oft rollt er seit Jahren so, wie internationale Verbrecherorganisationen das wollen. Zugegeben, mich stört das nicht, ist für mich doch selbstverständlich, dass überall, wo es um unsinnig hohe Geldbeträge geht, also im Drogen-, Mädchen- und Waffenhandel wie im Fußball, nur Gangstermethoden zum Erfolg führen. Dagegen könnte vielleicht helfen, ein paar Gänge herunterzuschalten, bei den Herren Millionären wie bei den Vereinsgeschäften und den Fernsehrechten. Dann könnte das Spielen mit dem runden Ball wieder zum Sport werden.

Früher konnte man in einem Café einfach einen Kaffee bestellen, heute wird man gefragt, ob diese oder jene Variante. Und wenn man dann modern wirken möchte und sagt, man wolle einen Latte Macchiato (auf Deutsch: Befleckte Milch), also das Modegetränk der Yuppies, dann hat man bestellt, was in Italien als Kinderkaffee erfunden wurde. Damit auch die lieben Kleinen einmal Kaffee trinken können: Eine große Portion Milch mit ein wenig Espresso.

Gérard Depardieu, der französische Schauspieler, der es durch intensives Nasenbohren, schön gleichmäßig rechts wie links, geschafft hat, sein Gesicht zu einem unverwechselbaren Markenzeichen zu machen, will ein richtiger Russe werden. Das soll andere französische Schauspieler, so hört man, schon dazu veranlassen, verstärkt zu bohren, um die für Frankreich entstehende Lücke zu füllen.

Wie war das mit dem Auge der einen Krähe und der anderen Krähe? – Die Versicherungskonzerne haben die Zahlen über alle Verkehrsunfälle, die in unserem Land in den vergangenen Jahren passiert sind. Was für uns Normalverbraucher besonders interessant wäre, nämlich in welchem Autotyp die meisten Menschen zu Tode gekommen sind, geben die Versicherer aber aus Angst vor den Autoherstellern nicht bekannt.

Die weltweite Computerisierung führt zu einem nivellierenden Abschleifen des weltweit versandten Geschreibsels. Nicht nur, dass die meisten Kommas unterschlagen werden, viele Wörter werden weitergereicht, auch wenn die traditionellen Symbole über und unter den Buchstaben fehlen. Kein Trema mehr, kein Akzent, keine Cedille. Das sind Vereinfachungen, die nicht der Verständigung dienen, sondern sie erschweren. In früheren Jahrhunderten gab es den gegensätzlichen Trend: Nicht Faulheit sondern Verständlichkeit! Beispielsweise erfand ein Brite das seitenverkehrte Fragezeichen, um damit eine bloß rhetorisch gemeinte Frage zu kennzeichnen. Ein anderer Brite machte das Ausrufungszeichen zum Ironiezeichen, indem er es auf den Kopf stellte. Ein Franzose verwendete zu demselben Zweck ein umgekehrtes Fragezeichen. Alles längst wieder verschwunden. Nur das umgekehrte Fragezeichen vor dem Satz, das die Spanier verwenden, erinnert uns daran, dass mit Satzzeichen viel mehr möglich ist als das bloße Weglassen.

Schon vor vielen Jahren war ich in der deutschen Ruhmeshalle, der Walhalla bei Regensburg, diesem Prachtbau hoch über der Donau, von dem bayerischen König Ludwig I. vor 170 Jahren errichtet. Aber nicht als Büste war ich dort, sondern als Tourist, dem man ein Warnschild in den Weg gestellt hatte mit der Aufschrift: Auf dem Teppich bleiben! Das hat mich nicht davon abgehalten, mich immer intensiver um die Literatur zu bemühen, um irgendwann einmal den Erwartungen zu entsprechen, die Ludwig I. an die zu Ehrenden gestellt hat, nämlich dass sie der germanisch-deutschen Sprachfamilie angehören und Herausragendes geleistet haben. Zur Hälfte erfülle ich diese Voraussetzungen schon, um die andere Hälfte kümmere ich mich tagtäglich. Doch jetzt dieser Schock: Die Ruhmeshalle ist voll, lese ich in der Zeitung, und an einen Erweiterungsbau ist nicht zu denken. Selbst bei noch engerem Zusammenrücken der 195 vorhandenen Büsten und Ehrentafeln sind nicht einmal all die unterzubringen, die schon auf der Warteliste stehen. Also habe ich überhaupt keine Chance auf einen Platz in der deutschen Ruhmeshalle. Jetzt erst verstehe ich die Aufforderung richtig: Auf dem Teppich bleiben! Heißt das vielleicht, ich sollte nicht weiter schreiben?

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