640. Ausgabe

Berlins Regierender Bürgermeister, der partyfrohe Wowereit, trägt beim Bau des neuen Großflughafens als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft die Verantwortung für das Dauerdebakel. Und wie trägt er die Verantwortung? Er tritt einfach als Aufsichtsratschef  – aber nur als dieser – zurück und ist damit eine lästige Sorge los. So ist das mit der Verantwortung der Politiker. Mehr dazu beim Stichwort Verantwortung in „Laufenbergs Läster-Lexikon“.

Ich lese, dass die Franzosen jetzt die Regie in den Flughäfen Portugals übernommen haben, und erinnere mich mit Grausen an die verstopften und überschwemmten Toiletten im Transferbereich des Pariser Hauptstadt-Flughafens Charles de Gaulle, in dem ich am 3. Dezember 2012 einer der Schlange stehenden und mangels Ansprechpartner nur leise vor sich hin fluchenden Messieurs war.

Das neue Jahr 2013 bringt ein bisher in der Presse nicht erwähntes Silber-Jubiläum: Vor 25 Jahren, im Jahre 1988, haben wir die letzte Rate unserer Kriegsschulden aus dem Zweiten Weltkrieg getilgt. Unberührt von der im In- und Ausland geführten wissenschaftlichen Diskussion über die Frage nach Schuld und Verantwortung und Veranlassung, nach Vorbereitung und Interesse dieses und jenes Landes sowie dieser und jener Regierung an diesem verheerenden Krieg. Dass wir die letzte Rate der uns im Versailler Vertrag zugesprochenen Kriegschuld am Ersten Weltkrieg erst nach 92 Jahren, nämlich im Jahre 2010, getilgt haben, lag ebenfalls nicht an der widersprüchlichen Schuldbestimmung der Historiker, sondern an der Unterbrechung der Zahlungen durch das Hitler-Regime und die anschließende Teilung Deutschlands. Jedenfalls sind wir jetzt frei von allen Kriegsschulden. Aber frei von der Gefahr, noch einmal militärisch gegeneinander vorzugehen, sind wir nicht durch die finanzielle Abgeltung, sondern durch die starke Verquickung der europäischen Volkswirtschaften. Woraus wir den Lehrsatz ableiten können: Totale wirtschaftliche Verflechtung verhindert den totalen Krieg.

Die Zahl der Internetsüchtigen nimmt zu, heißt es in einer Zeitungsmeldung. Ein Satz, so allgemein und deshalb nichtssagend, wie die Meldung wäre: Die Zahl der Bibliothekssüchtigen nimmt zu. Entscheidend sind die Inhalte, die im Internet oder in der Bibliothek wahrgenommen werden. In diesem Sinne kann das Netzine die sogenannte Internetsucht nur unterstützen.

Laut Bertelsmann-Stiftung sind erst 23 % der Deutschen schon einmal wegen des Arbeitsplatzes umgezogen. Bei Abiturienten und Akademikern ist die Mobilität viel höher: 40 %. Das bestätigt den altbekannten Satz: Wir lernen nicht für die Schule sondern – für die Mobilität.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat ihre Leser gefragt, welche Wörter sie als Unwörter aus dem allgemeinen Wortschatz verbannt sehen möchten. Die meisten Nennungen betrafen das Wort Migrationshintergrund. Mit großem Abstand folgten dann Work-Life-Balance und Burnout sowie Powerfrau. Gut, wenn die Presseleute, die uns die dümmsten Begriffe ins Gehirn hämmern, allmählich selbstkritisch werden.

Im Zeppelinmuseum von Friedrichshafen am Bodensee erwähnte der Museumsführer, die Zeppelinhülle habe aus achtzigtausend Rinderblinddärmen bestanden. Oder sollte ich das falsch verstanden haben? Oder war das gar nicht der Führer, sondern ein Besucher aus Argentinien, der diese aufschlussreiche Information zum Besten gegeben hat?

Nebenan im Dornier-Museum sah ich einen von Dornier entwickelten Super-Webstuhl, auf dem man sowohl Seide als auch Sackleinen herstellen konnte. Der Geniestreich war leider ein Flop. Man fand keinen Unternehmer, der das teure Superding kaufen wollte, weil er an dem einen Tag Seide herstellen wollte und an dem nächsten Tag Sackleinen. So unflexibel, wie die Leute manchmal sind.

Und in eigener Sache: Ich war fast den gesamten Dezember unterwegs, und zwar zunächst mit dem Bus in Thailand, dann auf einem Kreuzfahrtschiff im Südchinesischen Meer, wobei ich auf Landausflügen den Boden von vier weiteren Staaten betreten habe: Malaysia, Singapur, Brunei und Vietnam. Meine Eindrücke von Thailand stehen schon – mit einigen Fotos – im Netzine, nämlich unter Vermischtes/Reisebilder. Mit der Schifffahrt dagegen bin ich noch nicht fertig. Nur soviel habe ich mir schon klargemacht: Das Kreuzfahrtgeschäft boomt. Immer neue Luxusschiffe werden gebaut für immer mehr Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die sich darin einig sind: Seefahrt tut gut. Dabei sind die bei Landausflügen besuchten Städte und Sehenswürdigkeiten nur Vorwand, weil sie mit drei Wimpernschlägen abgetan werden und nichts hergeben als Fotoballast. Man macht Reisen ohne Zweck und Ziel, nur um nachher sagen zu können: Da war ich auch schon. Beim Fressen und Saufen und Sonnenbaden bestätigt man auf neue Weise die philosophische Erkenntnis: Der Weg ist das Ziel. Aber – um es positiv zu sehen: Das Schiff als vollklimatisiertes schwimmendes Hotel mit allen Alltagsangeboten an Bord dient auch der Vorbereitung auf unser zukünftiges Leben in einer Weltraumstation.

Durch die Herumreiserei war keine Zeit für den Versand von Festtags- und Neujahrswünschen. Für die sehr, sehr vielen bei mir angekommenen Glückwünsche kann ich deshalb jetzt nur pauschal sagen: Danke, gleichfalls! Dabei sei auf das Stichwort Glückwunsch in „Laufenbergs Läster-Lexikon“ verwiesen.

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