613. Ausgabe

Was der Welt fehlt, das ist ein Asyl für gescheiterte Diktatoren. Damit könnte den Völkern, die von ihnen befreit werden, viel Leid und Zerstörung erspart bleiben. Ein Adolf Hitler, Saddam Hussein, Ghadafi und Assad und und und brauchte nicht seinen verzweifelten Endkampf zu führen, wenn die UN ihm per Geheimdiplomatie eine neue Identität mit Gesichtsoperation und geheimem Wohnsitz irgendwo im Abseits auf einem anderen Erdteil bieten würde, wo er seine geraubten Millionen verfressen und versaufen und verhuren könnte, soweit dazu noch fähig. Das wäre immer noch billiger als sein Kampf bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone.

Unser Bundespräsident agiert leider heute noch genauso erschreckend dumm wie zu seiner Zeit als Ministerpräsident. Bloß scheibchenweise und gezwungenermaßen mit der Wahrheit herauszurücken und über seine Anwälte mit seinem Volk kommunizieren zu wollen, so was disqualifiziert. Da braucht man gar nicht mehr zu warten, bis endlich bekannt wird, dass der Steuerzahler auch noch seine Anwälte bezahlt. Aber das ist natürlich noch lange kein Grund zum Rücktritt, denn auch Dumme und Lügner gehören zu Deutschland.

Die modernen Demokratien leben mehr von Bildern als von Texten. Daher wird das Aussehen der Politfiguren immer wichtiger und leider oft sogar ausschlaggebend. Ich habe zwar nichts gegen Schönheit, damit würde ich mir ja ins eigene Fleisch schneiden. ;-) Doch so können Leute in Spitzenpositionen kommen, die außer dem geleckten Aussehen nichts mitbringen – so Guttenwulfftypen.

Im Jahr 2010 sind mehr Menschen nach Deutschland eingewandert als ausgewandert, berichtet die Presse. Man spricht von einem Wanderungsgewinn von 128 000 Menschen. Ob das Wort Gewinn vielleicht eine etwas leichtfertige Wertung ist, wird nicht gefragt. Man erfährt lediglich, dass mehr als die Hälfte der Einwanderer aus EU-Ländern kamen und dass die Deutschen in erster Linie in die Schweiz ausgewandert sind – in ein Nicht-EU-Land. Sind EU-Länder, von allen anderen gar nicht zu sprechen, also nicht immer das Gelbe vom Ei?

Am 14. Dezember las ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Überschrift: Deutsch wird stärker. Am Tag darauf hieß ein Titel in derselben Zeitung: Deutsche Sprache immer unbeliebter. Der dialektisch geschulte Leser wartet jetzt auf die Synthesis, die heißen könnte: Die nonverbale Körpersprache triumphiert.

Erste deutsche Verlage bieten jetzt schon beim Kauf eines gebundenen Buches das e-Book kostenlos dazu. Das kostet sie ja so gut wie nichts, weil der Autor ihnen das Buch auf Diskette geliefert hat. Wie das mit der Buchpreisbindung zu vereinbaren ist und auch mit dem Zugabeverbot des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, ist aber eine so offene Frage wie die nach der Honorierung der Autoren bei e-Books.

Die Vier kommt mir gespenstisch vor. Erst erfahre ich aus der Zeitung, dass in Deutschland bereits jeder vierte Schüler der Grundschule die Hilfe eines Logopäden braucht, dann lese ich, dass jeder vierte Haushalt noch ohne Internet ist. So unausweichlich die weitere Internetisierung unserer Gesellschaft ist, die Eltern also noch weniger Zeit haben werden, mit ihren Kindern zu sprechen, die Berufsaussichten für angehende Logopäden sind daher als sehr gut bis glänzend zu bezeichnen. Think positiv!

Zu Weihnachten und Neujahr sind wir immer besonders verschwenderisch im Glückwünschen, der einfachsten Art, sich Pluspunkte zu holen. In meinem 1987 im Verlag Rasch und Röhring erschienenen „Ratgeber für Egoisten“ hatte ich geschrieben: „Wünschen Sie nur immer eifrig drauflos: Gute Reise und alles Gute und gute Besserung und viel Glück und gute Nacht … Aber zweifeln Sie nie selbst die Wirksamkeit Ihres Wünschens an. Stellen Sie sich lieber an, als ob Sie an eine Art magischer Lenkung durch Ihren Wunsch glaubten, an eine übersinnliche Kraft des Daumendrückens, dann stehen Sie immer als der freundlichste aller freundlichen Mitmenschen da – und kassieren Dankeschöns und Ansehen für nichts. Für absolut nichts. Mehr kann man sich doch überhaupt nicht wünschen.“

Übrigens: Am 3. Januar 2012 wird das „Netzine“ 16 Jahre! Für eine literarische Zeitschrift schon ein Heestersches Alter. Gratulationen werden gerne entgegengenommen. Die kosten Sie ja nichts.

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