607. Ausgabe


Zu befürchten ist: Sollten wir Deutschen, die Angehörigen des Volks in der Mitte Europas, das zumindest zahlenmäßig das größte ist und am meisten in die gemeinsame Kasse zahlt, es uns eines Tages klarmachen, dass man nicht nur unsere Sprache verachtet und in Brüssel gern einfach vom Tisch wischt, sondern es sich auch da und dort in den Nachbarländern auf unsere Kosten gut gehen lässt, weil wir Deutschen ja doch nur arbeiten und Steuern zahlen können, zum Leben aber zu dumm sind, dann geht dem Freiballon Europa die Luft aus.

In Baden-Württemberg ist das Experiment, bereits in den Grundschulklassen eins und zwei Englischunterricht zu geben, gescheitert. Es soll aufgegeben werden, sagt die SPD-Kulturministerin. Es hat sich gezeigt, dass es doch richtig ist, den Kindern zunächst einmal ihre Muttersprache Deutsch beizubringen. Unsere Kinder einfach generell als Kids zu bezeichnen, wie in Presse und Werbung inzwischen üblich, macht sie noch nicht automatisch zu Engländern oder gar Amerikanern.

Gleichzeitig gibt die Kultusministerkonferenz bekannt, dass sich die Anzahl der Schulen, an denen auch Chinesisch gelehrt wird, im Vergleich zu einer vier Jahre zurückliegenden Erhebung um 45 Prozent erhöht hat. Heute lernten in Deutschland 10.000 -15.000 Schüler in den verschiedenen Schularten Chinesisch. Um welche von den vielen heute gängigen chinesischen Sprachen es geht, meldet die Kultusministerkonferenz leider nicht. Aber wer hätte auch anderes erwartet von diesem Club, der für unser Rechtschreibdesaster verantwortlich ist?

Eine Untersuchung der jährlichen Geschäftsberichte der DAX-Konzerne, also der größten deutschen Unternehmen, hat ergeben, dass viele gegen die strenge Vorschrift des Handelsgesetzbuchs HGB verstoßen, wonach der Jahresabschluss in deutscher Sprache und in der Landeswährung aufzustellen ist. Ist unser Handelsgesetzbuch jetzt das nächste Kulturgut, das wir abschaffen müssen?

Wenn rund hundert unserer gewählten Bundestagsabgeordneten es ablehnten, Benedikt XVI. im Bundestag zuzuhören, aber nichts gegen die Bundestagsreden von Besuchern wie Wladimir Putin und George W. Bush einzuwenden hatten, muss man sich fragen, ob es nicht richtiger wäre, Menschen nach ihrer persönlichen Integrität zu beurteilen, statt nach der Politik ihrer Institution. Dabei käme der alte Professor vermutlich besser weg als der Geheimdienstmann und der Ölfunktionär.

Burn-Out-Syndrom rundum. Und deutsche Ärzte finden es verwunderlich, dass immer mehr Patienten nur noch Krankheiten akzeptieren, die einen schönen englischen Namen haben. Lesen unsere Ärzte denn nicht die Gazetten, die sie im Wartezimmer ausliegen haben?

Aufregungen können wir nie genug kriegen. Inzwischen ist in Deutschland schon mehr als jede fünfte Sendeminute im Fernsehen Krimi. Das hat die Zeitschrift TV Spielfilm errechnet, die in ihrem aktuellen Zwei-Wochen-Programm von acht Sendern auf eine Krimi-Quote von 21,8 Prozent gekommen ist. Es sieht so aus, als passte wirklich sonst nichts mehr in unsere Köpfe als Fußball und Krimi.

Während Realisten immer stärker dahin tendieren, den Menschen bloß als ein Tier mit hypertroph entwickeltem Gehirn und daher stammendem Ichbewusstsein zu sehen, empfiehlt der Deutsche Ethikrat jetzt eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier. Sie soll der Vermeidung von Chimären dienen. Die sind in der Mythologie schon immer lebendig, jetzt aber sind sie auch technisch machbar, als Mischwesen, die Gene oder Gewebe von Mensch und Tier nebeneinander in sich tragen. Das soll verhindert werden. Was für mich die Frage aufwirft: Ist das nun ein Zeichen menschlicher Überlegenheit oder ist das eher der Lärm eines Rückzugsgefechts?

Ne bis in idem, dieser alte römische Rechtsgrundsatz, der eine Doppelbestrafung verbietet, hat in den USA keine Geltung. Denn die Römer sind leider nicht bis Amerika vorgedrungen. Dort ist deshalb die zweifache Bestrafung üblich. Gerade erst ist ein Mann trotz weltweiter Proteste nach etwas über 20 Jahren Haft nicht etwa entlassen, sondern per Giftspritze hingerichtet worden. Und eine Woche später traf uns die nächste Nachricht aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten: In Florida ist ein Mann nach mehr als 30 Jahren Haft hingerichtet worden. In Kulturstaaten gibt es längst keine Todesstrafe mehr für schwerste Verbrechen, sondern nur langjährige Haftstrafen. Aber beides hintereinander ist nur als Barbarei zu bezeichnen.

Und das Allerletzte: Mein erstes eBook ist erschienen. Sein Titel: Muttermilchräuber. Und das fast geschenkt. Für 1,14 Euro runterzuladen bei amazon.de, nur dort bei Bücher meinen Namen eingeben. Kann auf jedem PC (auch Mac) gelesen werden.

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