601. Ausgabe


Wenn Staaten und Städte sich auf Teufel komm raus verschulden, was elegant umschrieben wird als deficit spending, dann sehen die Regierungen ihr Heil in einer Inflation: Denn nur in der Inflation ist der Schuldner der Gewinner. Je höher die Geldentwertung, umso leichter die Rückzahlung der Kredite. Kein Wunder deshalb, dass die Europäische Zentralbank EZB eine Teuerung von fast zwei Prozent noch als Preisstabilität definiert. Der Dumme ist bei diesem allgemeinen Gangstertum der Politiker und der Banker der solide wirtschaftende Bürger, der nur das Geld ausgibt, das er hat.

Die Europäische Union hat mehr als 500 Millionen Einwohner. Griechenland mit seinen ca. 11 Millionen Einwohnern ist darin ein verschwindend kleiner Teil, um den jetzt aber soviel Aufhebens gemacht wird, damit wir es leichter hinnehmen, für den Lebensstandard der Griechen zu arbeiten. Denn dass wir die vielen Milliarden Euro der Rettungspakete nie zurückbekommen, ist gewiss. Wird doch bei aller gehorsamen Gesetzemacherei der griechischen Regierung übersehen, dass es keine wirksame Kontrolle der Durchführung der Spargesetze gibt. So können die toten Seelen noch lange ihre Pensionen beziehen wie die Busfahrer ihre Prämien für ausnahmsweise pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz, und die Superreichen können weiterhin ohne Eile ihr Geld ins Ausland schaffen, weil es mit der Reichensteuer ohne eine wirksame Finanzverwaltung noch lange nichts wird, und so weiter. Wie die griechische Regierung es versteht, trotzdem wirtschaftliche Ergebnisse auf dem Papier herbeizuzaubern, das ist ja seit dem betrügerischen Beitritt dieses Landes zur EU bekannt.

Ich finde trotzdem, wir müssten mehr Verständnis für die Griechen haben. Noblesse oblige. Denn was bei aller Griechenland-Retterei niemals gesagt wird: Griechenland hat eine große Tradition als Sklavenhalterstaat. Arbeiten war für Griechen verpönt. Dafür hatte man die Sklaven. Diese Lebenshaltung hat überlebt. Heute lassen die Griechen die übrigen Europäer für sich arbeiten.

Was für unsere Vorfahren die drei Nornen waren, die über unser aller Schicksal bestimmten, indem sie mit unseren Lebensfäden hantierten, das sind heute die drei großen Ratingagenturen Moody’s, Standard & Poor’s sowie Fitch. Alle drei sind nicht ganz zufällig US-Unternehmen. Zumindest die ersten beiden haben sich bei der jüngsten Finanzkatastrophe mitschuldig gemacht, als sie hochriskanten Anlagen beste Noten gaben, und sie haben sich sogar im eigenen Land bei der Immobilienbewertung grob verschätzt. Dennoch richtet sich alle Welt nach ihren Beurteilungen, wenn es um Kauf und Beleihung und Sicherung von Devisen oder Wertpapieren, von Immobilien, Firmen oder Staaten geht. Viele Politiker und Banker möchten von diesen unseligen Nornen loskommen, nur weiß niemand, wie das anstellen, solange es nicht gelingt, eine anerkannte und von Regierungen unabhängige europäische Ratingagentur aufzubauen. Jedenfalls ist die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA, die jetzt ihre Arbeit aufgenommen hat, nicht für diese Aufgabe geschaffen. Sie will nur den vorhandenen Ratingagenturen kritisch auf die Finger schauen, was immer das heißen mag.

Unsere Spitzenpolitiker haben im Ausland mit ihren peinlich untertänigen Reden und Gästebucheintragungen in Englisch das Ansehen Deutschlands nachhaltig herabgesetzt. Das kriegen wir jetzt immer wieder bei Personalentscheidungen zu spüren, und das nicht nur in Brüssel. Mal ist ein amerikanischer Botschafter, der nicht einmal Deutsch spricht, gut genug für uns, mal ein Chef der Deutschen Bank, der ebenfalls kein Deutsch spricht.

Die USA sind eine Nation der Gewalt, wie jetzt wieder bestätigt wurde. Das höchste Gericht der USA hat den Verkauf Gewalt verherrlichender Videospiele auch an Minderjährige für rechtens erklärt. Mit der Begründung, es sei nicht Tradition in den USA, speziell den Zugang von Kindern zu Gewaltdarstellungen zu begrenzen. Dabei wurde auch auf die Märchen verwiesen, in denen es nicht an Gewalt und Blut mangele. Beispielsweise hätten Hänsel und Gretel die Hexe getötet, indem sie sie in den Backofen geschoben haben. Offensichtlich überfordert es das amerikanische Verständnis, wie im Märchen das Gute über das Böse triumphiert. Solange die US-Richter nicht von Kindern und Jugendlichen grundlos überfallen werden, die mit Messern und Schusswaffen bestens umzugehen wissen und die raffiniertesten und garantiert tödlichen Schläge und Tritte anzuwenden pflegen, sollen sie ruhig bei Grimms Märchen bleiben.

Der eine sagt, der deutscheste aller deutschen Bäume sei die Eiche und verweist auf Eichenlaub als besonderes Ehrenzeichen und heraldisches Symbol, der andere hält die Linde für typischer, weil sie viel mehr besungen und umtanzt wurde und auch als Gerichtslinde diente. Jetzt aber sind fünf deutsche Buchenwälder von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt worden. Und der Bücherfreund freut sich, weil er auf den Zusammenhang von Buche und Buch sieht und sich sagen kann: Noch ist Deutschland nicht verloren.

Als ob Spanien nicht schon genug Probleme hätte mit seinen zur Selbständigkeit drängenden Regionen, die auch ihre eigenen Sprachen kultivieren: Spanisch I, II und III. Jetzt konkurrieren England und Deutschland auf dem Markt des Rentnerexports nach Spanien. Im Moment steht England mit 94 000 in Spanien gemeldeten Rentnern noch auf dem ersten Platz, doch Deutschland belegt mit 53 000 in Spanien ansässigen Rentnern schon Platz zwei. Und Jahr für Jahr werden es mehr. So kommen die Landessprachen IV und V ins Land.

Der Rummel, sprich: die Öffentlichkeitsarbeit für den Frauenfußball war so total und erfolgreich, dass die Presseleute prompt ein neues Problem hatten. Um nicht immer betonen zu müssen, dass es sich um Frauenschaften statt Mannschaften handelt, erproben sie jetzt eine neue Verständigungshilfe, indem sie mitteilen: Deutschlandin gegen Nigerianin 1: 0 und Englandin gegen Frankreichin 1: 0. Und jeder ist im Bilde, jede auch.

Nachdem ich in Spanien eine unblutige Corrida mit Kampfkühen gesehen habe, verstehe ich die 1970 erfolgte Aufhebung des Verbots von Frauenfußball durch den Deutschen Fußball-Bund. Bei den Kuhkämpfen geht es darum herauszufinden, welche Kühe besonders aggressiv gegen den Torero vorgehen. So findet man die richtig wilden Muttertiere für die Züchtung der besten Kampfstiere. Die jetzt heranwachsende Generation von Fußballheroen wird also nicht mehr die Freiheit haben, sich nach Belieben blonde Schönheiten als Luxusweibchen zuzulegen, sondern Mann für Mann in Zusammenarbeit von Bundestrainer und Bundestrainerin mit den besten Fußballerinnen verkuppelt werden. Zur Produktion von Fußballgenies noch nie da gewesenen Formats – im Interesse des Sports und der nationalen Ehre.

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