Vor allem politische und religiöse Gruppierungen, aber auch Behörden sowie Unternehmen haben es längst heraus, wie man die W. ergreift. Sie nehmen Begriffe aus dem Allgemeingebrauch, geben ihnen einen ihrer Absicht dienenden neuen Sinn und propagieren sie als ihre Wörter, die von dem Moment an für jeden Gegner als “besetzt” gelten. Diese Methode der Meinungsmache ist sogar dann effektiv, wenn es das, was der Begriff sagt, gar nicht gibt (z. B. Kulturhauptstadt, Volksgefängnis, Arbeiterparadies, Erlösung, Sicherheit). Wir haben uns daran gewöhnt, mit einem Wust solcher Scheinbegriffe zu leben. Das hat uns der Sieg des sogenannten Nominalismus im mittelalterlichen Universalienstreit eingebrockt, bei dem die orthodoxe Lehre jedem Begriff eine feststehende Wesentlichkeit zuordnete, die nominalistische Lehre die Begriffe aber als bloße Zeichen sah, deren Bedeutung von der Meinung der Leute abhänge. Klammheimlich setzen die heutigen nominalistischen Strategen der W. darauf, dass in der Bevölkerung immer noch der (orthodoxe) Glaube herrscht, der untergeschobene Sinn sei der dem Wort seit jeher eigene Sinn (vgl. Launisch, Mehrheit, Mittelalter, Populist, Postfaktisch, Sommerbaustelle, Sprache, Werbung, Wesentlich).
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