Schwarzes Schaf auf Thule (2007)

Schon der aus der Gegend von Marseille stammende griechische Händler Pytheas, soll um 320 v.u.Z. auf einer Nordlandreise die Insel Island entdeckt und Thule genannt haben. Grund genug für mich, ihm nach 2326 Jahren zu folgen.

Island

Beim Anflug auf den Flughafen Kevlavik der isländischen Hauptstadt sehe ich ein Verkehrsschild, das mir noch nie begegnet ist. Im perfekt gerundeten Kreis der Regenbogenfarben erkenne ich auf der weißen Wolke unter mir ein schwarzes Flugzeug, unseren Schatten. Und dieses Verkehrszeichen wandert eine Weile mit uns mit. Dann verschwindet es plötzlich. Egal. Ich wußte ohnehin seinen Sinn nicht zu deuten.

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Die europäische und die amerikanische Erdplatte, hier zeigen sie, daß sie sich nicht mögen. Jedes Jahr rücken sie zwei Zentimeter weiter voneinander ab. Verständlich. Doch ist kaum zu verstehen, mit welcher Gelassenheit die Menschen hier leben, auf dem sich ständig weiter öffnenden Erdspalt, der Dampf und sehr heißes Wasser ausstößt. Da Geysire, dort heiße Löcher. Riesige Aufbrüche mit Wasserfällen. Kalbende Gletscher und Eisschollen, die ins Meer hinaus treiben. Und alle paar Jahre auch kochende Lava. Als ob es den Isländern einen besonderen Lebenskick gäbe, auf dem Vulkan zu lieben und zu arbeiten und auch in jeder anderen Weise zu leiden. Auch wieder verständlich, wenn ich den Gedanken ein wenig weiter verfolge. Ist unser Leben – das heißt das Leben unseres Bewußtseins in diesem delikaten Körper, den wir unser nennen, dabei sind wir sein – ist dieses prekäre Leben doch nichts anderes als das ständige Warten auf eine Eruption. Mann und Frau als Eruptivwesen erkannt, er als der Spitzkegel, sie als die Erdspalte. Und das Losungswort ihres Daseins ist Orgasmus. So sind wir nichts anderes als Erdlinge, die sich in sich selbst zu versenken und aus sich heraus zu verschenken trachten.

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Kaum drei Tage auf dieser Insel, da wird mir schon die Überlegenheit der altnordischen Mythologie klar. Der Mensch als Produkt und Replik der Erde, ihr so gleich, daß Geburt und Tod ihm gleichgültig sein müssen. Ganz und gar nur Naturwesen, weit entfernt von dem mühsam nach morgenländischer Phantastik geformten Christenmenschen. Und schon verstehe ich den alten Mann, der hier bei jedem Wetter an der Straßenkreuzung steht, hier, das heißt in dem feinen Villenviertel von Reykjavik, in dem der berühmte Nationaldichter Gunnar Gunnarsson sich sein Haus für den Lebensabend gebaut hatte. Jetzt für vier Wochen meine Behausung. Der Mann steht da im Regen, mit dem Besenstiel in der Hand, an dem ein Pappschild seinen Protest zeigt: Eine Kirche, wie ich im Vorbeifahren erkennen konnte. Dazu der Aufruf: Brennt die Kirchen des Gekreuzigten nieder! Er demonstriert, so hörte ich, gegen die unverschämte Zumutung, daß jedes Kind nach christlichem Ritus getauft wird, ohne daß man es nach seinen Wünschen und wahren Bedürfnissen fragt. Und die eigentliche Unverschämtheit sieht der Alte darin, daß man zwar aus der Kirche austreten kann, daß man aber damit die christliche Taufe nicht rückgängig macht. Die Taufe ist tatsächlich schlimmer als jede Tätowierung. Sie ist nicht abzuwaschen, nicht durch Selbstbeschmutzung oder Teufelspakt zu tilgen. Ja, wir sind verformt und bleiben verformt. Und wir hoffen, daß unsere Mutter Erde es gleichmütig hinnimmt und uns nicht schon beim nächsten Wimpernschlag mit ihrer heißen Liebe überschüttet und wieder zu ihrem Material werden läßt.

Wo wir stehen und gehen, erkaltete Lava, runzelig erstarrt. Häßlich schwarzes Magmagestein rundum, das Erbrochene der Mutter Erde, das wir unseren Boden nennen, den Boden, auf dem wir mit beiden Beinen zu stehen behaupten, so kurios selbstsicher. Dieser Boden, da sprattelig spitzig und dort glattschalig geborsten. Und immer wieder schwarze Stelen in dieser sechseckigen Form, die uns als das natürliche Format vorgeführt wird. In unzähligen leichten Abwandlungen. Die Erde ist nicht so pingelig in der Produktion ihrer Sechsecke, wie die Biene. Die Hallgrimmskirche, das Wahrzeichen der Stadt Reykjavik, zeigt diese Form der sechseckigen Säulen der Erde als gigantische Schmuckidee. Recht so. Wenn ich mir hier ein Haus bauen würde, dann würde es wohl sechseckig werden, das erscheint mir als unvermeidlich.

Island

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Reykjaviks Altstadt in der Mitternachtssonne. All die putzigen Häuschen, rundherum und sogar auf dem Dach blechgeriefelt und in den schönsten Pastellfarben. Mit ihren viel zu großen, glänzenden Fensteraugen, dick weiß umrandet, starren sie in die Nacht, die keine Nacht sein will, wie Kinder, die nicht ins Bett gehen wollen.

In der kleinen Hauptstadt Reykjavik, in der die Hälfte der 300.000 Einwohner des Landes lebt, wird jetzt die erste isländische Moschee gebaut. Und auch die Russisch-Orthodoxe Kirche wird sich dort ein Gotteshaus bauen dürfen. In Religionsfragen haben die Isländer die richtige Einstellung: Nicht wichtig nehmen. Deshalb hat auch die Vereinigung Mittelalterlicher Nordischer Heiden, genannt Ásatrú, ihren Bauplatz bekommen. Immerhin darf diese mehr als nostalgische Gesellschaft schon seit den siebziger Jahren Eheschließungen vornehmen. Daß die Runen-Ehen besser hielten als die Stern-, Kreuz- oder Halbmond-Ehen, habe ich allerdings nicht gehört.

Island ist ein schnörkelloses Land, das mit seiner vielhundertjährigen Armut überzeugt. Häuser der reinen Notdurft, ohne jede Verspieltheit gebaut, weil vom Munde abgespart. Und das Feigenblatt ist zu klein: Erst seit wenigen Jahren werden Bäume und Sträucher angepflanzt, um die Notdurft wenigstens notdürftig zu tarnen.

Schon wie wir die Insel im Atlantik benennen, zeigt unser Unverständnis. Die englische Bezeichnung Iceland ist richtig. Wenn wir schon nicht Thule sagen, müßten wir doch korrekterweise mit Eisland übersetzen, was die Isländer so schreiben: Ísland.

Die Blaue Lagune ist ein Aushängeschild Reykjaviks. Also muß man hin. Abgesehen davon, daß es eine kleine Reise ist bis zu dieser Wasseroase im Lavageröll, es empfängt einen keine Lagune, schon gar keine blaue. Bloß inmitten der urweltlich menschenfeindlichen Lavalandschaft das Kühlwasser des benachbarten Kraftwerks. 15 Euro kostet das Vergnügen, in das auf 30 Grad Celsius erhitzte Wasser zu steigen und darin herumzuplantschen. Zum Schwimmen ist es zu warm und zu stark frequentiert. Da versteht man: Werbung ist alles. Die Ausflugsunternehmen karren busweise zahlende Gäste heran. Da stehst du im milchig weichen Kühlwasser und gehst immer mal wieder in die Hocke, damit der Sommerwind dir nicht mehr so kalt um den Hals pfeift, und hast Zeit, dir klarzumachen, daß du in einem hochtechnisierten, mordernen Land bist. Ja, hier erlebst du die Zukunft der Menschheit. Sind ernstzunehmende Wissenschaftler doch der Meinung, wir hätten in fünfzig Jahren Siedlungen auf dem Mond, also in einer Umgebung wie dieser, aber unter einer Hülle, die uns mit einem künstlichen Klima versorgt.

Hier im hohen Norden, wo die Sonne nur selten für uns Menschen verglüht, tut es unsere Mutter Erde um so eifriger und fürsorglicher. Sind wir ihr hier auf Island doch näher als irgendwo sonst. Und spüren ihre Zuneigung stärker als sonstwo. Weil sie sich uns so dünnhäutig zeigt. Wenn ich den Wasserhahn öffne, hüllt mich der Duft des Mutterschoßes ein. Dieser Urduft. Da plötzlich kommen mir die Sonnenanbeter der südlichen Länder wie Mutterlandsverräter vor, zu früh flügge, der Mutterbrust entwöhnt. Oder nur aus dem Nest gefallen?

Island reizt mit seiner reziproken Exotik.

Island reizt mit seiner reziproken Exotik.

Das heißt, alles, was die exotischen Länder uns Mitteleuropäern an Leben und Farbe und Duft und Vielfalt voraus haben, das hat Island noch weniger als wir. Und da wir nur Unterschiede empfinden können, läßt uns Island genauso staunend dastehen, wie jedes exotische Land.

Um mich herum all diese akkurat waagerecht gestuften Berge mit ihren schicken Schneefrisuren.

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Dazwischen die glatten Grasgrüntäler, in die es von allen Seiten hineinrinnt, das von täglich vierundzwanzig Sonnenstunden abgeleckte Schmelzwasser. Und zwischen den vereinzelten Pusteln von Bauernhäusern mal hier, mal dort ein Tier. Wenn nicht ein Schaf oder – seltener – eine Kuh, dann ein Pferd, das dasteht, heute wie gestern. Und du sagst dir, sagst es all deiner Naturbegeisterung trotzig ins Gesicht: Pferde sind langweilige Wesen. Solange man sie nicht bunt malt wie Franz Marc, sind sie nichts als unansehnlich, wie sie da auf Statue machen und die Köpfe hängen lassen.

Ich sitze bei meinen Freunden auf der Terrasse und genieße die milde nordische Sonne und lausche der 44-saitigen Äolsharfe, die hinter mir steht. Die Wäschespinne, offen und unbeflaggt, im Wind läßt sie eine Musik erschallen, die mir einzuflüstern versucht, ich säße in Schwetzingen im Konzertsaal des Schlosses und lauschte der Musik zeitgenössischer Komponisten. Diesem Tonspiel mit endloser Modulation statt einer eingängigen Melodie, nicht zerhackt von den dreisten Rhythmusinstrumenten, aber mit dem immer wiederholten Anschwellen und Verhauchen so um Aufmerksamkeit bettelnd, so drängelnd, daß ich unwillkürlich ein Stückchen weiter von der offenen Spinne abrücke, um ihren Tönen mehr Raum zu geben. Diesen Lauten, die in alle vier Windrichtungen entschweben.

Hinein in die Berge, die sich heute Wolken als wonneweiche Pelzkappen, beigefarben, aufgesetzt haben. Die nördlichsten Landspitzen dieser ausgefransten Insel einfach abschneiden, auf Schotterpiste dahinbollernd, so erschreckend laut und steinespritzend, daß die Lämmer schnellfuessig zu ihren wollknäueligen Müttern flüchten, die uns das Hinterteil zuwenden und damit ihr unmissverständliches Urteil über uns abgeben: Üble Wesen! Haltet euch fern von ihnen! – Dabei schmecken sie so gut.

Der Blick kann sich nicht losreissen von diesen Bergketten mit den sommerlichen Schneeflecken. Die Berge spielen Kuh, wie sie so massig und reglos daliegen, die braun-weiss Gescheckten. Und aus ihrem tiefsten Inneren glaube ich das Grummeln zu hoeren, das nicht von den Trollen und Wichten kommt, sondern von der eifrigen Arbeit ihrer vier Mägen: Lab-, Blätter- und Netzmagen sowie Pansen rund um mich herum. Und ich habe Hunger. Aber kein Restaurant in der Nähe.

Island, Insel aus Feuer und Eis, so heißt es etwas zu euphorisch. Was diese Insel ist, das hätte man auch viel schlichter und trotzdem genauso wahr sagen können. Denn sobald das Feuer erloschen ist, bleibt das erstarrte Lavagestein, und wenn das Eis geschmolzen ist, bleibt nur noch Wasser. Aber wer würde sich schon für eine Insel aus Lavagestein und Wasser begeistern? Dabei ist der Antipoden-Reiz derselbe. Wie das Feuer dem Eis zusetzt, so das Wasser dem Lavagestein.

Da lockt mich in der Ferne auf einem Hügel eine mächtige alte Burg. Der rundgemauerte Bergfried mit dem sehr flachen Kegelhut, daneben der weißgetünchte Palas mit neugierigen kleinen Fenster. Ja, ich werde durchs hastig aufgerissene Burgtor einreiten und den Damen zuwinken, die in der Kemenate hinter den brokatenen Vorhängen stehen und zu mir hinabäugen. Doch so zögerlich ich auch heranfahre, ich kann nicht vermeiden, daß aus dem stolzen Bergfried ein altes Futtersilo wird und aus dem prächtigen Palas ein ordinärer Kuhstall.

So in den Lavahängen verloren liegt unser Motel an der Nordküste da, daß nicht einmal eine Mücke sich die Mühe macht, an unser Fenster zu klopfen. Das Licht an und das Fenster offen, d. h. gekippt, und den Blick draußen durch den Allüberall-Pelzbesatz des Gesteins gleiten lassen. Der Nachthimmel ist so homogen hell-grau, wie die Hügel generell-grün sind. Als ob die Natur uns zum Stabreimen animieren wollte. Egal, egal, durch die waagerechte Schraffur der Jalousie wird ohnehin alles durchgestrichen, was ich ins Steinland hineindenke und hineinsehe.

Was ist nur mit mir los? Den kleinen Jungen in der Sommerfrische in Oberbayern hatten die Kühe begeistert. Sogar, wenn er sie nur von hinten sah, weil sie vor den Leiterwagen gespannt waren. Aufregend zu beobachten, wie ihre Euter zwischen den Hinterbeinen hin und her wogten. Kein Zweifel, daß auf diesen Leiterwagenfahrten meine Sensibilität für den wogenden Busen der Frauen geweckt wurde. Jeder Busen mutierte mir unwillkürlich zum Euter und damit manches Mal zur Enttäuschung, weil der Brunnen versiegelt blieb, so sehr ich mich auch bemühte, ihn zum Sprudeln zu bringen. Trotzdem: Eine Frau war für mich stets so schön, wie ihr Euter schwer war. Doch jetzt sehe ich hier in Island die Kühe auf dem Weg zum abendlichen Stallerlebnis, dem sanften Sog der Melkmaschine, sehe sie mit so überdimensioniert hochgezüchteten Eutern daherwatscheln, daß sie ihre Hinterbeine kaum noch bewegen können. Und erstmals bin ich nicht voller Begierde, sondern voller Mitleid mit diesen überladenen und rücksichtslos ausgebeuteten Milchmaschinen.

Island ist das ideale Gelände für die Suche nach dem Stein der Weisen. Genügend Steine rundum. Und wenn dann der Weisheit letzter Schluß sein sollte zu sagen: Alles fließt, dann muß man Island auch dafür dankbar sein.

Island

Island

Dieses erstaunliche Land: Ob der Isländer Erik der Rote Amerika entdeckt hat, ist umstritten. Und ob er überhaupt gelebt hat, ist fraglich, so erfuhr ich in seinem rekonstruierten Geburtshaus. Aber daß er der Erfinder der Public Relations war, das steht fest. Denn er hat dem Land, auf das er bei seiner Seefahrt nach Westen im Jahre 985 zufällig traf und in dem er sich niederließ – er soll seine Gründe dafür gehabt haben -, den schönen Namen Grünland gegeben, um andere Siedler anzulocken. Wer ist schon gern allein auf einer riesigen Insel, die fast ganz von Eis und Schnee bedeckt ist, von uns Heutigen Grönland genannt.

Island, die Insel aus Feuer und Eis, wird allmählich eine blaue Insel. Wenigstens für kurze Zeit im Sommer. Das übrige Jahr hindurch mausert sich die schwarz-weiße Insel zur grünen Insel. Die Lupinien wuchern durchs Land, daß es eine wahre Lust ist. Sie sind von Alaska eingeschleppt worden und vermehren sich rapide, so gut gefällt ihnen die neue Heimat. Sie sind gut für den Boden, verrät mir der ehemalige Bauernverbandsboß, weil sie Nitrate aufnehmen und umwandeln. Was zunächst eine Vergewaltigung des Grases ist, das kommt diesem nachher doch wieder zugute, weil es einen besseren Boden vorfindet. Dann wächst es wieder, allen Lupinien zum Trotz. Und zur Freude der Schafe. Die fressen auch gern Lupinien, müssen aber mit Zäunen daran gehindert werden, weil die Lupinien für sie ein leichtes Gift darstellen. Sie sind also auch nicht viel anders als wir, die Schafe.

Vor 30 Jahren noch war die Schafhaltung das große Geschäft. Farmen mit mehr als 1000 Tieren entstanden. Doch der Massenexport des Fleisches brachte nur kurze Zeit was ein. Dann wurde der Transport des Billigprodukts zu teuer. Und die Konkurrenz Neuseeland eroberte den Weltmarkt. Da schalteten die isländischen Schafhalter um. Die einen wechselten die Schafe gegen Touristen ein, indem sie die Ställe zu Hotelzimmern umbauten, die anderen machten ihre Wiesen zu Golfplätzen, einige stylten ihr Schaffleisch zu einer besonders teuren Marke hoch, was sogar funktionierte. Dennoch sind die Schafhalter insgesamt arme Schlucker, meint der Verbandsfunktionär.

Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch dort droben, so können wir daheim singen. Hier singt man besonders gern. Beispielsweise in einem Örtchen wie Dalvik mit seinen gerade zweitausend Einwohnern, gibt es gleich vier Gesangvereine. Aber sie können allenfalls singen: Wer hat dich, du schöner Berg, aufgebaut so hoch dort droben. Doch das käme ihnen nicht als Frage über die Lippen. Sie kennen die Entstehungsgeschichte ihrer Insel.

Auch Island soll in frühester Zeit üppig bewaldet gewesen sein. Kaum noch vorstellbar, wenn man heute über die Insel streunt. Die Wikinger hatten mit Hege und Pflege nichts im Sinn. Hausbau und Schiffbau und Öfen haben dem Wald keine Chance gelassen. Und die modernen Grünenthusiasten bringen mit ihren Birken-, Tannen-, Lärchen- und Kiefernsetzlingen nur mickrige Wäldchen zustande. Aber wozu auch Wald? Wenn hier die Sonne scheint, sucht man nicht den Schatten, sondern zieht sich aus.

Bergketten, Scheibchen für Scheibchen aufeinandergelegt, immer höher. Wobei jedes nächsthöhere Scheibchen ein wenig kleiner ausgefallen ist. So gigantisch akkurat. Als wollte man diese kleine menschliche Bemühtheit der Stufenpyramide von Gizeh zur Lächerlichkeit werden lassen.

An der Südküste auf einmal diese Felsformationen voller Höhlen. Daß man den eilig dahinrollenden Wagen anhalten möchte, um einmal bei ihnen anzuklopfen, bei den Trollen und Elfen, die dort ihre Traumwohnungen gefunden haben.

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Immer wieder anders geformte Bergmassive, wenn ich die nächste Kurve genommen habe. Dort hängt Regen vor den Hängen, der sie in weiße Milch taucht. Jetzt grinst mich ein Riesenunterkiefer an, mit etlichen ausgefallenen Zähnen und mit ein paar fauligen Zahnstummeln. Dann auf einmal hohe Feinschotterhänge, die wie die bodenlangen Kleider von Felsprinzessinnen neben der Straße stehen, in ihren vornehm gedeckten Farben Ehrfurcht heichend. Ja, alle Achtung. Nicht auszudenken, wenn dort droben ein Stein ins Rollen kommt und auf der mehrere hundert Meter langen Schräge in Rage gerät. Nur schnell weg! Und die alten Kuppelberge begrüßen, denen das Überallgras längst über den Kopf gewachsen ist.

Das schwarze Schaf, für uns immer nur in der Einzahl vorkommend, hier sehe ich es immer wieder. Und auffallend ist, daß die hellen Schafe nichts gegen schwarze Schafe in ihrer Gesellschaft haben. Sie sind eben helle Schafe. – Da haben wir es wieder: Reisen bildet.

Doch eine Islandreise ist ein sauteures Unternehmen. Und man fragt sich: Wieso eigentlich das eine und das andere? Und findet hierauf und darauf keine befriedigende Antwort. Bis man sich damit tröstet: Diese Reisen zu dem echten Mond, die ja auch schon angeboten werden, von den Amerikanern wie von den Russen, kosten noch viel mehr.

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