Günstling einer Königin

(The Private Lives of Elizabeth and Essex, USA 1939, 100 Minuten, Regie: Michael Curtiz, Drehbuch: Norman Reilly Raine und Aeneas MacKenzie nach einem Theaterstück von Maxwell Anderson, Musik: Erich Wolfgang Korngold)

London im Jahre 1596. Graf Essex kehrt als strahlender Sieger von einem Feldzug gegen die Spanier heim, doch statt eines triumphalen Empfangs am britischen Hof und vieler Dankesworte gibt es für ihn von seiner Auftraggeberin, Königin Elisabeth I., herbe Tadelsworte wegen Eigenmächtigkeiten und vor dem versammelten Hof eine Ohrfeige. Deutlich zu sehen, daß die Königin dabei noch mehr leidet als der Graf, weil sie ihn liebt und sich nur zu gern von ihm lieben läßt, ihre Gefühle als Frau jedoch hinter die Forderungen der Staatsräson zurückdrängen muß. Und damit ist auch schon das Thema des Films angesprochen, die tragische Verwicklung in Gang gesetzt.

Der Gedemütigte zieht sich grollend auf seine Güter zurück. Es triumphieren die Neider des Grafen, darunter Sir Walter Raleigh. Eine der Hofdamen schöpft neue Hoffnung, daß ihre heftige Zuneigung zu dem Liebhaber der Königin, Graf Essex, doch noch Zukunft haben könnte. Die Königin bereut ihre Härte und wartet vergeblich darauf, daß ihr Günstling den ersten Schritt tut und wieder an den Hof zurückkommt.

Erst als ein Aufstand in Irland das Land in Bedrängnis bringt, ist Graf Essex wieder kooperationswillig. Aber er will nicht am Hof als einer unter vielen um die Gunst der Königin buhlen, er will als Feldherr die irischen Unruhen ein für alle Male beenden. So hat Elisabeth ihn zurückgewonnen und doch gleichzeitig wieder verloren.

Die Niederschlagung des Aufstands in Irland mißlingt, weil es keinerlei Nachschub an Waffen und Munition gibt, nicht einmal einen aufmunternden Brief der Königin. Diese hat ihrem fernen Feldherrn keinerlei Unterstützung gewährt, weil sie nicht einen einzigen Brief von ihm bekommen hat. Als geschlagener Held kehrt Graf Essex heim, aber mit seiner ganzen Armee und als dreister Besetzer des Palastes der Königin.

In einer dramatischen Szene wird der Knoten aufgelöst: Der Graf bezeichnet die Königin als seine Gefangene. Gleichzeitig kommt heraus, daß ihre und seine sämtlichen Briefe unterschlagen wurden, und zwar von seinen Neidern, mit Hilfe der ihn liebenden Hofdame. Doch statt eines Happy-Ends gibt es ein Kopf-Ab für den Grafen Essex, weil der jugendlich strahlende Kriegsherr zu ehrgeizig ist und sich selbst auf dem Thron sehen möchte und weil die alternde Königin – ein Sonderpunkt für den Maskenbildner – ihrem Liebreiz nicht zutraut, den Grafen auf Dauer an sich binden zu können. Dabei suchen Königin und Günstling sich an Liebeserklärungen wechselseitig zu übertreffen. Der Film verharrt entnervend lang beim Kammerton A: Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich.

Damit wird, was als Historienschinken gedacht war, zu einer generellen Entlarvung von Liebeserklärungen. Endlich versteht auch der stupideste Zuschauer: Das Wort Liebe wird irrtümlich für Triebe benutzt, und das Ich-liebe-dich-Gestammel beruht auf einem Sprachfehler, weil es eigentlich meint: Ich liebe mich.

(Walter Laufenberg in: www.netzine.de)

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