852. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die wachsende Kritik am Duden ist berechtigt, weil die Duden-Redakteure dem Ehrgeiz von Interessengruppen zum Opfer gefallen sind, deren Sprachwünsche sie neuerdings als Norm darstellen, statt nur zuverlässig abzubilden, was in unserer Sprache allgemein üblich ist. Aber zum Glück gibt es eine viel bessere Alternative: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache DWDS (www.dwds.de), herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Nur schade, dass dieses umfassende und kostenlos nutzbare Wörterbuch nicht so einen kurzen und prägnanten Namen hat wie der Duden. Vielleicht sollte es sich einfach „WORT“ nennen (www.wort.de).

 

Die Stadt Köln verlor im 5. Jahrhundert beim Einfall der Hunnen auf einen Schlag elftausend Jungfrauen, so berichtet die Legende, und so zeigt es heute noch, nur verkleinert, das Stadtwappen. Die Bundesrepublik Deutschland verlor vor fünfzig Jahren, nämlich am 16. Februar 1971, ebenfalls auf einen Schlag sogar einige Millionen Jungfrauen, weil per Gesetz die Anrede Fräulein abgeschafft wurde, die bis dahin üblich war, und das nicht nur für Lehrerinnen und Kellnerinnen. 

 

Weltpolitik, das ist traditionell das Fördern, Bedrohen und sonstige Beeinflussen von Staaten untereinander, nur unterschiedlich eingefärbt von Religionsgemeinschaften und sonstigen Ideologien. Aber jetzt sind mit den digitalen Großkonzernen neue Streiter auf dem Feld. Das zeigte der Versuch der Regierung von Australien, mit anderen Regierungen ein Bündnis gegen Facebook zu schmieden, weil der Computergigant es gewagt hatte, mit der Sperrung von Nachrichtenseiten direkt in die Regierungsarbeit Australiens einzugreifen. Mancher sagte: Damit sind wir schon in einem neuartigen Krieg. Dann kam die Meldung über eine Einigung. Trotzdem lässt diese Auseinandersetzung die übliche militärische Rüstung genau wie das litaneimäßige Beschwören des Prinzips Demokratie etwas antiquiert wirken.

 

Der Erlanger Germanistik-Professor Horst Haider Munske weist darauf hin, dass die Abkürzungsmode nicht nur störend ist. Was sich heute als KMK (Kultusministerkonferenz) und MPK (Ministerpräsidentenkonferenz) sowie IMK, GMK und WMK und so fort (für die diversen Ministerien) in der Presse an scheinbar wichtigen Konferenzen breitmacht, täuscht eine Legitimität vor, die diese Einrichtungen überhaupt nicht besitzen, weil sie im Grundgesetz nicht als Institutionen vorgesehen sind. Die von der KMK vor Jahren ohne die Beteiligung der Parlamentarier durchgedrückte sogenannte Rechtschreibreform mit all ihren Tollheiten hat gezeigt, wohin es führt, wenn man solche Clubs einfach gewähren lässt.

 

Hin und wieder dämmert es sogar den Denglisch-Deppen, dass Bezeichnungen auf Englisch eher hinderlich als förderlich sind. So haben sich jetzt die „Stadttipps Rosenheim“ von der blöden Bezeichnung „Cityguide Rosenheim“ verabschiedet. Gratulation!

 

Schnee ist die schönste Vergänglichkeit, noch schöner als behauptete Jungfräulichkeit und viel beeindruckender als Feuerwerk. Vielleicht auch nur so attraktiv, weil Schnee, da sei was will, alles weißwäscht. Damit wird der Schnee zum Panegyriker des Alltags, von dem wir uns gerne begeistern lassen.

 

Wenn der Mond leuchtet, das ist ganz was Anderes, als wenn die Sonne strahlt. Weil der Mond nur mit geliehenem Sonnenlicht daherkommt, der Angeber. Ich habe ihn durchschaut: Der Mond, der erglüht nicht für mich. Deshalb ist mir unverständlich, wieso die Dichter den Mond viel mehr besungen haben als die Sonne.

 

Unsere Erde muss immer mehr Menschen er-tragen. In der kurzen Zeitspanne vom Ende des 2. Weltkriegs bis heute hat sich die Weltbevölkerung mehr als verdreifacht. Und weiteres starkes Wachstum wird in Berechnungen der Vereinten Nationen vorhergesagt. Dabei nimmt nicht nur die Fruchtbarkeit des Mannes stetig ab, auch die Geburtenhäufigkeit der Frau geht zurück. Die Länder, in denen die Frauen heute die meisten Kinder gebären, sind erstaunlicherweise der Kongo, Nigeria und Afghanistan, gefolgt von Israel und Indien, Russland und den USA. Danach erst kommt China, irgendwann auch Deutschland. Deshalb ist zu erwarten, dass im Jahre 2100 das heute in der Einwohnerzahl an 2. Stelle stehende Indien an erster Stelle stehen wird. An zweiter Stelle wird Nigeria sein. Und das jetzt noch bevölkerungsreichste China ist dann auf den dritten Rang abgedrängt, vor den USA und dem darauf folgenden Pakistan. Bei dieser Prognose ist allerdings nicht berücksichtigt, dass die heute erst tröpfelnden Bewegungen von Afrikanern in Richtung Europa (sprich: Deutschland) zu einem gewaltigen Massen-Exodus werden könnten, der alle Berechnungen über den Haufen wirft. Aber vielleicht bringt China den Kontinent Afrika ja noch rechtzeitig zum Blühen!

 

Jetzt wird ein weiteres neues Reizwort modisch: Pushback. Es steht für das Zurückdrängen von illegalen Einwanderern durch die Grenzschützer des Ziellandes, wenn dabei Gewalt angewendet wird. Gestritten wird darüber, ob die europäische Grenzschutzbehörde Frontex dabei mitmachen darf oder nicht. So hinken die Politiker und die öffentliche Meinung hinter der Literatur her, denn das Pushback-Problem habe ich schon in meinem 2013 veröffentlichten Kultur-Thriller „Hypogäum“ dargestellt. Darin ist übrigens auch die weitgehend unbekannte Methode geschildert, die Schiffbrüchige vor dem Verdursten bewahrt. Man darf ja bei spannender Lektüre ruhig auch mal etwas klüger werden: www.netzine.de/library/.

 

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