850. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Die Unwörter des Jahres 2020 sind, so lese ich, Rückführungspatenschaften und Corona-Diktatur. Das eine Wort gilt als unangemessen, weil es zynisch die Abschiebung beschönige, das andere, weil es die Opfer der tatsächlich bestehenden Diktaturen verhöhne. Für mich gibt es ein anderes Unwort des Jahres, und das ist der Begriff Unwort selbst. Ich meine, es ist höchste Zeit, dass wir zu dem Durchblick kommen, den die Leute haben, die das früher geläufige Wort Unkraut einfach gelöscht haben, weil es nur Kraut gibt.

 

Jetzt sorgt sich der Verein Deutsche Sprache (VDS e.V.) auch um die intime Sprache, die im heißen Bettkampf geflüstert wird. Irgendwer soll festgestellt haben, dass wir Deutschen in dem Moment, wo es zur Sache geht, gern auf englische Ausdrücke ausweichen. Angeblich ist es uns peinlich, Ordinäres und Ungewöhnliches auf Deutsch zu äußern, weil Deutsch nicht sexy klingt. Da frage ich mich: Was ist denn so sexy beispielsweise an dem Vokalwechsel von i zu u, gesprochen wie a?

 

Der SPD-Politiker Norbert Walter-Borjans soll auf Twitter die neue Chefin der Jugendorganisation so vorgestellt haben: „Die Jusos haben eine neue Köpfin.“
Leider wurde nicht mitgeteilt, wer von seinen Anhängern daraufhin vor Schreck auf die Ärschin gefallen ist.

 

Die Zeitschrift „Die Deutsche Wirtschaft“ hat dazu aufgerufen, das Wirtschaftswort des Jahres 2021 zu küren. Damit soll der Einfluss der deutschen Sprache auf dem Feld der Wirtschaft ins Bewusstsein gerückt werden. Was mir sonderbar vorkommt, weil ich den Einfluss genau andersherum sehe. Aber egal, ich schlage als Wort der Wirtschaft vor: Thekengesprächentzugssymptome.

 

Mit dreiwöchiger Verspätung weiße Weihnacht erlebt. Als ich meinen üblichen Gang um die Blöcke machte, zum Luftschnappen, sah ich sie da und dort und immer wieder: Die dicken weißen Tatzen der Tannen und Fichten. Weiß auf Grün, wie schön, auch zwischen abgestellten Fahrrädern und Mülltonnen. Überall vor den Hauswänden die Feierfarben der Natur, die mich tief aufatmen ließen, immer wieder. Im schneearmen Mannheim hat der Abend des 16. Januar mit einem kräftigen Schneefall es mir erlaubt, durch einen weihnachtlich verschneiten Winterwald zu spazieren. Wenn sie auch alle lagen, die auf die Abholung wartenden Weihnachtsbäume, – was steht schon ewig.

 

Der Duden macht in seiner neuesten Ausgabe mit unsinniger Genderisierung deutlich, wohin mit ihm die Fahrt geht, nämlich zur Abschaffung der deutschen Sprache. Anlass genug, darauf hinzuweisen, dass der Duden nicht verbindlich ist, sondern nur abbildet, was angeblich üblich ist. Zum Glück ist man nicht auf den Duden angewiesen. Es gibt eine wissenschaftliche Alternative, bei der man – nach einmaliger Registrierung – jederzeit und kostenlos alles nachschlagen kann, nämlich www.dwds.de/.

 

Dieses Gezeter und Gezerre um die Impfung gegen Corona hätte sich durch eine geschicktere Öffentlichkeitsarbeit vermeiden lassen. Ich habe mich schon am zweiten Weihnachtstag per Computer zur Impfung angemeldet und war am 5. Januar einer der ersten, die in Mannheim geimpft wurden. Bis heute ohne Nebenwirkungen. Am 27. Januar Zweitimpfung. Weil große Werbekampagnen fehlen, die Ängste und Widerstände abbauen, hatte ich mich sofort gegenüber der regionalen Tageszeitung zu einem Gespräch über meine Impferfahrung bereit erklärt. Wozu es dann aber nicht kam, weil in Mannheim alles glatt lief.

 

Jahr für Jahr bekomme ich von der Verwertungsgesellschaft Wort in München (die GEMA für Schreiber), bei der ich Mitglied bin, die Meldung, sie habe Texte von mir im Internet gefunden, für die ich wegen der vielen Zugriffe einen Honoraranspruch habe. Diesen Anspruch auf die von der VG Wort bei den Verlagen eingesammelten Gelder für Autoren solle ich nach einem vorgegebenen, äußerst komplizierten System geltend machen. Mit einem 32stelligen öffentlichen und einem ebenso langen privaten Identifikationscode. Zusätzlich verlangt sie die Einreichung der Texte, die sie für honorarwürdig hält, sagt mir aber nicht, welche von den über tausend kostenlosen Texten, die ich pro Jahr im Internet veröffentliche, sie damit meint. So hat dieses fein ausgeklügelte System den Effekt, dass ich noch keinen einzigen Euro Honorar für mein seit 25 Jahren regelmäßig veröffentlichtes Netzine bekommen habe. Immerhin tröstlich, wie „mein Verein“ eisern das Geld zusammenhält. So kann ich mir einbilden, wenigstens indirekt immer reicher zu werden.   

 

Im letzten Jahr hatte mich der deutsch-französische Fernsehsender arte zu einem Interview auf das Heidelberger Schloss gebeten. Die Sendung war dann am 11. Dezember 2020. Wer sie nicht gesehen hat, kann sie jetzt in der Mediathek aufrufen, wo sie bis Ende nächsten Jahres präsent bleibt:
www.arte.tv/de/videos/101124-004-A/der-trinkfeste-hofnarr-von-heidelberg/
Es ging bei dem trinkfesten Hofnarren übrigens nicht um mich, sondern um den Zwerg Perkeo, über den ich bekanntlich zwei lustige und deshalb recht erfolgreiche Bücher veröffentlicht habe, nämlich die Romanbiografie „Perkeo – Der Zwerg von Heidelberg“ und den Perkeo-Regionalkrimi „Tödliches Einmaleins“. Und der nächste Krimi mit dem Hofnarren Perkeo als Ermittler wider Willen ist fast fertig.

 

 

 

 

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